Rempler oder sexuelle Belästigung?
Eine Frau spürt in einer Disco eine Hand an ihrer Brust
Dillingen Die Umstände in einer Diskothek sind prädestiniert dafür, Konflikte hervorzurufen. Es ist eng, laut und meistens Alkohol im Spiel. Kommen dann noch Grapschereien dazu, ist die gefährliche Mischung perfekt. So wie im März dieses Jahres in einem Nachtklub in Bissingen. Eine Partynacht von damals beschäftigte jetzt das Dillinger Amtsgericht. Der Vorwurf einer 24-Jährigen aus dem Zusamtal: Ein Mann habe ihr mit Absicht an die Brust gefasst und sie damit sexuell belästigt.
Der Vorfall in jener Nacht hat sich um 3 Uhr morgens zugetragen. „Ich stand an der Bar und habe auf meinen Mann gewartet“, sagt die Frau vor Gericht. Plötzlich habe sie an ihrer rechten Brust eine Hand gespürt, die „richtig zugegriffen“hat. Zunächst dachte sie an einen guten Kumpel, „dann wäre das ja auch in Ordnung gewesen“. Aber eben nicht bei einem wildfremden Mann. Sie drehte sich um und sah einen damals 20-Jährigen aus Höchstädt, beide waren sich zuvor laut eigener Aussage noch nicht begegnet. Der Gesichtsausdruck des Mannes nach der Berührung habe die Geschädigte zusätzlich wütend gemacht. „Er hat mir frech ins Gesicht gegrinst.“
Richterin Gabriele Held stellt klar: „Grinsen darf jeder.“Entscheidend ist nur der Griff an die Brust. Und der sei ohne Absicht passiert, beteuert der Angeklagte. „Es kann sein, dass ich im Vorbeigehen hängengeblieben bin“, sagt der junge Mann. Als der Ehepartner der Frau ihm plötzlich Schläge androhte und Türsteher ihn nach draußen brachten, habe er „gar nicht gewusst, um was es geht“. Der Alkohol habe bei ihm keine große Rolle gespielt. Er sei nur „leicht betrunken“gewesen – heißt: ein, zwei Bier und ein paar Schnäpse. Aussage gegen Aussage also. Zeugen gibt es keine, beide Cliquen der Beteiligten waren zum Tatzeitpunkt woanders. Richterin Held bittet die 24-Jährige um weitere Details. Die rechte Hand des Mannes habe ihre rechte Brust berührt, sagt sie. Zur Demonstration fasst sie sich selbst an die Seite, jedoch nur geringfügig an die Brust. Von der Richterin darauf angesprochen, präzisiert sie: Nur der Zeigefinger habe tatsächlich ihren Busen erwischt.
„Diese Berührung wird gar nicht zur Abrede gestellt“, sagt Verteidiger Florian Engert. „Aber wir kennen doch alle die Situation, wenn man aus einer Disco rausgeht.“Der Kontakt sei deshalb eher Fahrlässigkeit gewesen, erläutert der Rechtsanwalt.
Die Richterin stimmt zu, dass es in der Enge eines Nachtclubs immer passieren kann, dass man einen anderen Gast unabsichtlich berührt. Doch sie ist sich mit Blick auf den Angeklagten sicher: „Sie haben hingegriffen.“Die Tatsache, dass die 24-Jährige ihren Vorwurf auch dann noch aufrechterhielt, als es nur noch um einen Finger ging, sei glaubwürdig.
Für eine Strafe reicht das jedoch nicht aus. Das Verfahren wird schließlich eingestellt – gegen eine Zahlung von 100 Euro an den Fonds der Jugendgerichtshilfe.