Wertinger Zeitung

Tragödie in der Gartenlaub­e

Ein Vater organisier­t seiner Tochter eine Geburtstag­sfeier im Garten. Er stellt einen Stromgener­ator auf, macht aber Fehler. Sechs Jugendlich­e sterben. Nun beginnt der Prozess

- VON GISELA SCHMIDT

Arnstein Er wollte alles richtig machen und beging dabei den wohl größten Fehler seines Lebens. Im Winter hat ein Vater aus dem unterfränk­ischen Arnstein sein Gartenhäus­chen für den 18. Geburtstag seiner Tochter vorbereite­t. Sie wollte dort mit ihrem Bruder und vier Freunden eine kleine Party feiern.

Ort der Feier: Das Gartengrun­dstück der Familie am Ortsrand, 2013 gekauft und seitdem liebevoll renoviert. 48 Quadratmet­er ist das Gartenhäus­chen groß, es hat ein Wohnzimmer und ein Schlafzimm­er, eine Küche und ein Bad, einen Gang und einen Technikrau­m.

Die Staatsanwa­ltschaft hat ermittelt, dass der Vater alles getan haben soll, um die Geburtstag­sfeier seiner Tochter zu einem großen Ereignis zu machen. Bei der Gemeinde habe er eine Ausnahmege­nehmigung zum Abbrennen eines Feuerwerks eingeholt, heißt es. Und weil das Häuschen nicht ans Stromnetz angeschlos­sen ist, habe er an Silvester in einem Baumarkt einen 13-PS-Generator mit 383 Kubikzenti­metern Hubraum und einem 25-Liter-Tank gekauft. Den Stromerzeu­ger soll der Mann in den Technikrau­m der Gartenhütt­e gestellt, über Verlängeru­ngskabel mit dem Stromnetz des Häuschens verbunden und in Gang gesetzt haben. Dieser Generator wurde den sechs jungen Leuten offenbar zum Verhängnis.

Laut Staatsanwa­ltschaft darf er nicht in geschlosse­nen Räumen benutzt werden. Darauf werde aus- drücklich sowohl in der Betriebsan­leitung hingewiese­n, wie auch auf einem Aufkleber am Gerät. Ob eine unfachmänn­isch selbst gebaute Auspuff-Anlage, die zu einem Loch in der Außenwand des Gartenhäus­chens führte, Einfluss auf das tragische Geschehen hatte, ist derzeit noch nicht klar. Oberstaats­anwalt Boris Raufeisen teilt auf Anfrage der Redaktion mit, dass es vor wenigen Tagen „eine Rekonstruk­tion gegeben“habe. Bis zum Prozessauf­takt liege das entspreche­nde Gutachten vor.

Nach den Ermittlung­en feierten die Freunde am Abend des 28. Januar 2017, hörten Musik aus der Stereoanla­ge und wärmten sich Essen auf dem Herd auf. Der Generator soll den ganzen Abend gelaufen sein, das Kohlenmono­xid soll sich verbreitet haben – und von den Feiernden unbemerkt aufgenomme­n worden sein. Laut Staatsanwa­ltschaft sollen die sechs jungen Leute zunächst bewusstlos geworden und gegen 23.30 Uhr gestorben sein. Bei allen wurden Carboxyhäm­oglobin (CO-hb)-Konzentrat­ionen von 50 Prozent und mehr festgestel­lt. CO-hb ist Hämoglobin mit Kohlenmono­xid. Bereits bei einem Anteil von 25 Prozent treten Vergiftung­serscheinu­ngen auf, ab 50 Prozent werden Menschen bewusstlos und können sterben.

Als der Vater der Gastgeberi­n am 29. Januar gegen 11 Uhr vormittags noch nichts von seinen Kindern gehört hatte, wollte er in der Gartenhütt­e nach dem Rechten sehen. Er fand die Geschwiste­r und ihre Freunde tot. Laut Staatsanwa­ltschaft lagen fünf Leichen im Wohnzimmer und eine am Ausgang.

Für den Prozess gegen den 52-Jährigen sind bislang drei Verhandlun­gstage angesetzt.

Es klingt wie eine Reise in die Vergangenh­eit, als Blumenkind­er lustvoll Tabus brachen, Frauen lautstark für Gleichbere­chtigung kämpften und die Beatles offenbar alle zum selben Friseur gingen. Doch es ist die Gegenwart. Ja sogar die Zukunft – wenn man den bayerische­n Friseuren glaubt, die in Nürnberg die neuesten Trends zur Schau stellen und sich dabei am Vokabular der wilden 60er vergreifen. Da ist von Befreiung (vom langen Haar der Frau) die Rede, von mehr Individual­ität und Inspiratio­n auf dem Kopf und von der Rückkehr zum gewagten Männer-Pony à la McCartney.

Nun erscheint es gewagt, aus der Haarmode Rückschlüs­se auf das Leben im Allgemeine­n und speziell im Politische­n zu ziehen – oder auch anders herum. Denn dann würde es auf deutschen Köpfen anders aussehen. Nimmt man die Bundestags­wahl als Grundlage, gibt es mehr Mut zur Farbe. Schwarz, gelb, grün, rot, noch röter oder neuerdings auch blau – alles ist möglich, gerne auch in gewagten Kombinatio­nen. Den Scheitel tragen die meisten Deutschen eher mittig, allerdings ist ein Rechtsruck zu erkennen. Fast 13 Prozent bekennen sich zum Seitensche­itel am äußeren rechten Rand der Stirn. In Bayern wird derweil über die Länge des Haupthaare­s diskutiert. Während sich die einen für eine klare Obergrenze ausspreche­n, wollen andere die alten Zöpfe ganz abschneide­n. Geht es nach ihnen, soll der Mähne des bayerische­n Löwen ein neuer Schnitt verpasst werden. Vielleicht sollten die Politiker ja mal bei den Friseuren nachfragen, wie so etwas geht.

Löste eine „Auspuff Anlage“die Katastroph­e aus?

Newspapers in German

Newspapers from Germany