Die neuen Grenzen Europas
Wie Flüchtlingspolitik in Afrika wirken soll
Der Titel gibt eine harte Stoßrichtung vor: „Diktatoren als Türsteher Europas“. Und tatsächlich geht es in diesem Buch sehr kritisch um die Frage, zu welchem Preis sich Europa Flüchtlinge vom Hals hält – die Autoren schreiben schließlich für die linke taz. Aber während die meisten bei solchem Titel an das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei denken werden, blicken sie nach Afrika. Dorthin, wo laut Merkel und Thomas de Maizière die „Fluchtursachenbekampfung“vor allem stattfinden muss. Was wissen wir eigentlich über diese Abkommen bei all den hektisch einsetzenden Treffen und Reisen nach dem Kipppunkt im Sommer 2015?
Das Verdienst dieses Buches ist – bei aller Färbung in der Wertung – erst einmal, Tatsachen aufzudecken. Etwa: dass diktatorische und darum seit langem geächtete Staaten wie Eritrea und Sudan wieder an Verhandlungstische geladen und bei der Kontrolle ihrer Bürger unterstützt werden. Und: dass allein 700 Millionen in den Niger fließen, eines der ärmsten Länder der Erde, das aber Transitland ist – und damit HighTech-Grenzzäune samt Drohnenüberwachung installiert werden, gekauft etwa bei der in Taufkirchen bei München ansässigen Firma Airbus Defence and Space (die kurz zuvor schon verkauft werden sollte). Und: dass die Afrikanische Union für die eigene Entwicklung beschlossen hat, eine Art Schengenraum zu werden, quasi grenzfrei. Nun werden die Länder durch Zahlungen, Sanktionsdrohungen und (bisher uneingelöste) Versprechen legaler Migration zu härteren Grenzen gedrängt. Und dies, da Migration auch nach Europa doch im Interesse Afrikas liegt, weil ein Vielfaches der Gelder, die alle Länder an Entwicklungshilfe erhalten, durch Überweisung Emigrierter an ihre Familie zurückströmt… Man lernt also viel durch dieses Buch, ohne den Autoren immer zustimmen zu müssen. Vor allem: dass das Lösen der Flüchtlingsprobleme selbst unendlich problematisch wird. (ws)