Wertinger Zeitung

Mit dem Madlon geht es weiter

Anita und Jochen Caesmann, die das Wertinger Café in fünfter Generation führen, haben vorerst sonntags den Betrieb eingestell­t. Das sei eine vorübergeh­ende Maßnahme, da Fachkräfte fehlten. Denn sonst gebe es nichts zu klagen

- VON BENJAMIN REIF

Sonntags wird in naher Zukunft der Betrieb im Wertinger Traditions­haus ruhen. Doch sonst berichten die Inhaber viel Positives.

Wertingen Jochen Caesmann schreitet durch das Obergescho­ss des Wertinger Cafés Madlon – und fordert dabei auf, auch auf die Geräusche zu achten. Vor allem auf das Geräusch, das der Boden unter den Füßen der Besucher macht. Er knarzt leicht. „Die Leute schätzen uns, weil wir den Charakter dieses Cafés stets bewahrt haben“, sagt der Konditorme­ister. Mit „wir“meint er sich selbst und seine Frau Anita – in mittlerwei­le fünfter Generation führen die beiden die Geschäfte des Kaffeehaus­es, das 1861 gebaut wurde. Von dem sagt Jochen Caesmann: „Das Madlon steht für Wertingen.“

Im Moment sieht sich das Ehepaar allerdings mit einer Herausford­erung konfrontie­rt: Es fehlt an Fachkräfte­n. Deshalb haben die Caesmanns den Betrieb in der Woche um vier Stunden verringert: Sonntags bleibt das Madlon zu.

Das sei jedoch eine Anpassungs­maßnahme an eine vorübergeh­ende Schwankung in der Personalsi­tuation. Und nichts weiter, sagen die Caesmanns. „Uns geht es gut hier, wir werden geschätzt, haben zahlreiche Stammkunde­n. Ein Herr kommt seit 40 Jahren täglich in dieses Haus“, sagt Anita Caesmann. Und ergänzt mit Nachdruck: „Wir machen weiter!“Gerüchte, dass das Madlon bald den Betrieb einstellt, nennt Jochen Caesmann „gegenstand­slos“.

Die Zeiten seien in vielerlei Hinsicht schnellleb­iger geworden. Doch dem Zeitgeist brauchten sich die Konditoren nicht immer zu unterwerfe­n. Caesmann grenzt seinen Konditoren­beruf klar zur Filialprod­uktion ab, wie sie in der Region beispielsw­eise von Ihle betrieben wird. „Bei uns ist alles, was wir verkaufen, von Hand gemacht. Und von diesem Standard werden wir keinen Zentimeter abweichen“, sagt der Konditor.

Diese Handarbeit bedeutet aber auch, gerade am Wochenende, äußerst gewöhnungs­bedürftige Arbeitszei­ten. Um 2.30 Uhr nachts wird Caesmann da aus dem Bett geklingelt, um 3 Uhr beginnt die Arbeit. In den Augen der Caesmanns ist das eine Tatsache, die bei den Bewerbern die Spreu vom Weizen trennt. Man brauche dann eine Hingabe zum Handwerk, wenn Freitagabe­nd nicht mit den Freunden ins Wochenende starten kann, sondern sich auf einen harten Arbeitstag einstellen muss.

Isabell Zikeli fand vor sieben Jahren, dass es in Wertingen noch Platz für ein weiteres Café gegeben hatte – also eröffnete sie „Isas’s Café. Sie verfolgt nach eigenen Angaben einen anderen Ansatz als das Wertinger Traditions­haus.

Die Einrichtun­g, das Angebot und das Konzept sind modern. „Bei uns backen Hausfrauen eher nach ‚Omas Rezept‘“, sagt die Inhaberin und lacht. Dabei werden auch mal ausgefalle­ne Kuchenkrea­tionen über die Theke gereicht. Und gebacken wird nur mit Dinkelmehl, oft auch komplett ohne tierische Produkte.

In direkter Konkurrenz zum Madlon oder auch zu Ihle sieht sich Zikeli nicht. „Jeder hat hier so seine Nische, da nimmt sich meiner Meinung nach niemand etwas weg“, sagt sie.

Und es gehe ja allen sehr gut, unterm Strich. Zikeli sieht seit jeher eine Stärke beim eigenen Frühman stücksgesc­häft – „da kommen nach wie vor sehr viele Leute“, sagt sie.

An Kundschaft mangele es sicher nicht in der kleinen Zusamstadt, die sich nach Ansicht Zikelis in den vergangene­n Jahren „sehr gemacht“hat. Auch Besucher von weiter weg kehren ihrer Erfahrung nach gern in Wertingen auf einen Kaffee mit einem Stück Kuchen im schönen Ambiente ein.

Auch die Caesmanns sehen das Fundament ihres Berufs nicht wackeln. Die derzeitige­n Schwierigk­eiten seien nichts allzu Ungewöhnli­ches – schon vor ein paar Jahren musste der Betrieb wegen Personalma­ngel etwas gedrosselt werden. Es sei kein genereller Abwärtstre­nd auszumache­n – vielmehr kämpfe das Handwerk insgesamt derzeit mit akutem Nachwuchsm­angel.

Kaffee und Kuchen, im stimmungsv­ollen Ambiente von freundlich­en Mitarbeite­rn serviert – diesem Anspruch will das Paar auch noch in vielen Jahren gerecht werden: „Das erwarten unsere Kunden einfach von uns.“

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Fotos: Benjamin Reif Sowohl im Café Madlon als auch bei Isa’s Café (im Hintergrun­d) werden noch Kuchen verkauft, die in Handarbeit entstehen. Im über 150 Jahre alten Madlon wird nach wie vor das traditione­lle Konditoren­handwerk praktizier­t. Derzeit hat das Madlon aber an...
 ??  ?? Isabell Zikeli hat vor sieben Jahren ihr Café in Wertingen eröffnet. Sie war der Mei nung, dass die Zusamstadt noch ein solches gebrauchen könnte.
Isabell Zikeli hat vor sieben Jahren ihr Café in Wertingen eröffnet. Sie war der Mei nung, dass die Zusamstadt noch ein solches gebrauchen könnte.

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