Wertinger Zeitung

Spionage: Geständnis erwünscht

Wofür verwendete der Schweizer das Geld?

- Thomas Maier, dpa

Frankfurt am Main Mit seinem gepflegten grauen Haar und sorgfältig gestutzten Bart wirkt Daniel M. wie ein braver Beamter der Schweizer Bahn oder der eidgenössi­schen Finanzverw­altung. Doch der ehemalige Polizist aus der Nähe von Zürich, der seit Mittwoch auf der Anklageban­k in Frankfurt sitzt, gilt als Schlüsself­igur der deutsch-schweizeri­schen Spionageaf­färe. Der Fall hat politisch mächtig Staub aufgewirbe­lt und das Verhältnis zwischen beiden Ländern belastet.

Der 54-Jährige soll vom Berner Geheimdien­st NDB zwischen 2011 und 2015 auf die nordrhein-westfälisc­he Finanzverw­altung angesetzt worden sein, die unter ihrem damaligen Minister Norbert-Walter Borjans (SPD) die Schweizer Behörden jahrelang mit dem Ankauf von CDs und den Namenslist­en deutscher Steuerhint­erzieher schwer geärgert hat. M. soll in Düsseldorf sogar einen „Maulwurf“platziert haben.

Zum Prozessauf­takt vor dem Staatsschu­tzsenat des Oberlandes­gerichts Frankfurt bemühen sich die Verteidige­r, von ihrem Mandanten die Aura eines großen Spions zu nehmen. Sein Hamburger Verteidige­r Robert Kain sieht den Fall „politisch und medial überfracht­et“– und bei seinem Mandanten eine eher geringe kriminelle Energie.

Schon vor dem Prozess hat der Angeklagte in einem Teilgestän­dnis eingeräumt, Daten von drei nordrhein-westfälisc­hen Steuerfahn­dern vervollstä­ndigt zu haben, die beim Schweizer Geheimdien­st nur lückenhaft vorlagen. An diese Daten soll er mithilfe des Inhabers einer in Hessen ansässigen Sicherheit­sfirma gekommen sein. Damit war aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft für die Schweizer Behörden eine Strafverfo­lgung der Beamten möglich – im Fall der Einreise in die Schweiz.

Der weit gravierend­ere Vorwurf, M. habe eine nachrichte­ndienstlic­he Quelle in der NRW-Finanzverw­altung installier­t, wird von der Verteidigu­ng bestritten. Auch mithilfe einer aparten Argumentat­ion: Kein deutscher Finanzbeam­ter lasse sich mit 90 000 Euro bestechen, sagt der Verteidige­r im Prozess. Zuvor hatte die Verteidigu­ng die Verständig­ung aller Verfahrens­beteiligte­n auf eine Bewährungs­strafe angeregt. Dem wollten sich die Bundesanwa­ltschaft und auch das Gericht nicht verschließ­en – machen jedoch „glaubhafte Darstellun­gen“des Angeklagte­n zur Bedingung.

Denn laut Anklage war M. vom Geheimdien­st nicht nur ein Aufwandsho­norar von 90000 Euro zugesagt worden. 60000 Euro habe er erhalten. Jeweils 10000 Euro sollen er und der Chef der erneut involviert­en hessischen Sicherheit­sfirma behalten haben. 40000 Euro davon sollen an Unbekannte geflossen sein.

Auch die Bundesanwa­ltschaft kam aber bei der Entschlüss­elung der Identität der angebliche­n Quelle in der NRW-Finanzverw­altung nicht weiter. Über die Hintergrün­de der Geldflüsse will das Gericht jedoch Bescheid wissen – das hat das OLG klargemach­t.

M. will nun eine schriftlic­he Erklärung am nächsten Verhandlun­gstermin am 26. Oktober abgeben. Anschließe­nd könnte schon sehr bald ein Urteil kommen – mit einem Strafmaß zwischen eineinhalb und zwei Jahren auf Bewährung.

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Foto: A. Arnold, afp Daniel M. (rechts) mit seinem Verteidi ger Hannes Linke.

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