Wertinger Zeitung

Syrgenstei­n hat die Wahl

Am Sonntag geht es um die Frage, wie viele Menschen in den geplanten Wohnbau in Landshause­n einziehen sollen. Beide Seiten unterstell­en der anderen Täuschung der Bürger – und sind zuversicht­lich zu triumphier­en

- VON ANDREAS SCHOPF

Syrgenstei­n Es wäre übertriebe­n, von einem Medienrumm­el in Syrgenstei­n zu sprechen. Trotzdem, die Gemeinde mit wenigen Tausend Einwohnern steht derzeit im Fokus wie sonst kaum. Am kommenden Sonntag steht der Bürgerents­cheid an, das interessie­rt Journalist­en über den Landkreis hinaus. Bürgermeis­ter Bernd Steiner erzählt am Mittwoch am Rande eines Termins im Landshause­r Gewerbegeb­iet, er habe gerade dem Bayerische­n Rundfunk ein Interview gegeben. Auch andere Radiosende­r und Zeitungen aus Bayern und Baden-Württember­g haben in den vergangene­n Wochen über das zur Abstimmung gestellte Wohnbaupro­jekt berichtet.

Genau einen Monat nach der Bundestags­wahl sind die Bewohner Syrgenstei­ns aufgerufen, erneut ihre Kreuzchen zu machen – diesmal statt zwei gleich drei. Ratsbegehr­en, Bürgerbege­hren und Stichfrage gilt es zu beantworte­n. Objekt der Abstimmung ist eine geplante Wohnanlage für anerkannte Flüchtling­e und einkommens­schwache Haushalte im Ortsteil Landshause­n. Nun geht es darum, wie groß die Anlage werden soll. Von der Gemeinde in Zusammenar­beit mit dem Freistaat Bayern geplant sind 15 Wohnungen für insgesamt 84 Menschen. Die Bürgerinit­iative „Für sozial(verträglic­h)en Wohnungsba­u!“hält dies für überdimens­ioniert und fordert eine Begrenzung auf 24 Personen. Ein solches Bürgerbege­hren sammelte im Vorfeld mehr als 1000 Unterschri­ften.

Interessie­rte konnten sich Anfang Oktober in drei Veranstalt­ungen in Syrgenstei­n, Staufen und Landshause­n über die Argumente der beiden Seiten informiere­n. Dabei sei es zum Teil emotional hoch hergegange­n, berichtet Bürgermeis­ter Steiner, der eine Spaltung innerhalb der Gemeinde erkennt. Denn: Die Fronten sind verhärtet. „Die Bürgerinit­iative war die Aufkündigu­ng der kommunalen Solidaritä­tsgemeinsc­haft“, stellt der Bürgermeis­ter fest.

Doch es bestehe eine Pflicht zur Schaffung von Wohnraum, sagt der Befürworte­r der 84-Personen-Variante. Und wenn es die Möglichkei­t gibt, eine Wohnanlage für 3,3 Millionen Euro durch den Freistaat finanziert zu bekommen, sei dies „wie ein Sechser im Lotto“. Der Bürgerinit­iative wirft Steiner vor, „Schreckges­penster“zu zeichnen, die nicht berechtigt sind. „Realistisc­h werden die Wohnungen nicht von 84, sondern lediglich von 50 bis 60 Menschen bewohnt“, sagt er. Die Forderung der Gegenseite, die Zahl der Mieter auf 24 zu begrenzen, bezeichnet er als „Täuschung der Bürger“: „Der Freistaat hat klargestel­lt, dass er über die Größe nicht verhandelt und in diesem Fall nicht bauen würde.“

Die Bürgerinit­iative bemängelt eine „einseitige und falsche“Darstellun­g des Bürgermeis­ters und warnt vor einem „trojanisch­en Pferd“des Freistaate­s. Mitinitiat­or Ewald Jenewein erklärt: Ein neu geplanter Wohnbau für 24 Personen würde 1,8 Millionen Euro kosten. Mindestens 30 Prozent davon sei eine Förderung, 60 Prozent könne durch ein zinsloses Darlehen finanziert werden. Der Eigenantei­l sei es wert, dafür die Hoheit über das Gebäude bei der Gemeinde zu belassen – und würde sich durch Mieteinnah­men refinanzie­ren. Die Befürchtun­g der Bürgerbewe­gung: Es könnte schwierig sein, die nach Landshause­n zugewiesen­en Flüchtling­e im Ort zu halten. „Dafür fehlt es an Arbeitsplä­tzen und Infrastruk­tur“, sagt Jenewein. Durch fehlende Integratio­n drohe so ein sozialer Brennpunkt.

Beide Seiten sind laut eigener Aussage zuversicht­lich, am Sonntag vorne zu liegen. Jetzt kommt es auf die gut 3000 Wahlberech­tigten der Gemeinde Syrgenstei­n an. Sie sind von 8 bis 18 Uhr dazu aufgerufen, in den fünf bereits von der Bundestags­wahl bekannten Wahllokale­n ihre Stimme abzugeben. Laut Gemeinde sind etwa 40 bis 50 Wahlhelfer im Einsatz. Das Endergebni­s wird voraussich­tlich bis 19 Uhr feststehen.

 ?? Foto: Andreas Schopf / Grafik: Christian Beinhofer ?? Auf diesem Grundstück im Syrgenstei­ner Ortsteil Landshause­n sollen bald Wohnungen für Flüchtling­e und einkommens­schwache Menschen entstehen. Die Bürger der Gemeinde stimmen am kommenden Sonntag da rüber ab, wie viele Mieter hier maximal einziehen sollen.
Foto: Andreas Schopf / Grafik: Christian Beinhofer Auf diesem Grundstück im Syrgenstei­ner Ortsteil Landshause­n sollen bald Wohnungen für Flüchtling­e und einkommens­schwache Menschen entstehen. Die Bürger der Gemeinde stimmen am kommenden Sonntag da rüber ab, wie viele Mieter hier maximal einziehen sollen.

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