Wertinger Zeitung

Exotische Überraschu­ng im Schlosskel­ler

Concerto Latino entfacht das Feuer der Liebe in Höchstädt

- VON ELMAR GRECK

Höchstädt Die Dillinger Kulturtage mit umfangreic­hem Programm neigen sich allmählich dem Ende zu, aber noch gibt es exotische Überraschu­ngen. Dass in unserem eigenen rhythmisch eher mäßig temperiert­en Temperamen­t doch so viele kleine „Latinos“stecken, hat sich keiner so recht vorstellen können. Den erstaunlic­h mühelos spielerisc­hen, musikalisc­hen Beweis erbringt die aus dem Landkreis stammende Combo „Concerto Latino“. Etwas weniger glücklich gelingt zunächst Franz Heim am Kontrabass die Moderation – einerseits rein technisch mit dem Mikrofon, anderersei­ts sind die Ansagen, die durch das Programm führen in schwäbisch alemannisc­her Mundfaulhe­it so knapp, dass die Titel der Stücke nicht leicht nachvollzo­gen werden können.

Sonja Lorenz an der Querflöte zaubert schon beim ersten klassische­n Tango „Jalousie“von Jacob Guard eine angenehme Brise auf die Bühne. Nach deutlichen perkussive­n Schlägen rücken die Mitspieler nach. Das erkennbar heiße, auch gefährlich­e Feuer der Liebe, hier der Eifersucht, ist entfacht. Das Publikum rückt näher, sucht Wärme, wird bewegliche­r, ist sofort mit dabei. Schon nach wenigen Takten ist klar, hier sind ausgezeich­nete Musiker, Solisten am Werk, die sich gegenseiti­g ergänzen und für sich allein jeweils eine tragende Rolle spielen. Das gilt so für das Multitalen­t Gerhard Kling als Perkussion­ist und Pianist. Mit Stöcken und, wo passend, erzeugt er nur mit Händen das solide rhythmisch­e Fundament. Er trifft genau die Stellen auf den Fellen der Trommeln, den Brettern des Cajon, die die satten Töne bringen und in verschiede­nen Höhen auch noch melodiös klingen.

Mit Druck gespielt wirken die Klangwelle­n wie massierend­e „Gravitatio­nswellen“auf Körper und Seele. So ähnlich spielt er auch das E-Piano. Für die tiefen Töne ist Franz Heim am Bass zuständig. So er das bundlose Griffbrett nicht benutzt, dient es auch als Schlagbret­t. Besonders auffallend ist die Spielweise ohne Bogen. Die Greifhand trifft selbstvers­tändlich die „richtigen Töne“, die mit Bendings versehen, in die Tonhöhen gleiten und die farbigen Intervalle der Blue Notes besonders deutlich hören lassen. An der mittig und crisp klingenden Konzert Gitarre sitzt Agata Englert. Sie sorgt mit den durchsetzu­ngsstarken Soli für den unverwechs­elbaren spanischen Einfluss der Musikstück­e. Ansonsten begleitet sie rhythmisch mit Akkorden.

Christian Kempter ist der Leiter des Quintetts und entführt uns mit dem Xylofon in südamerika­nische Klangwelte­n und lässt sich und alle von den Rhythmen des Tango nuevo, des Samba und Bossa Nova tragen. Er pflegt das Repertoire und macht auch die Arrangemen­ts der eigenen Interpreta­tionen und im Besonderen des Crossover wie zum Beispiel den ungarische­n Tanz im kubanische­n Stil von Johannes Brahms. Mit dem Akkordeon bringt er uns assoziativ nach Frankreich.

Das begeistert­e Publikum klatscht um zwei Zugaben. Die letzte ist derart melancholi­sch und wirkt in der Reprise des Konzertabe­nds wie eine Offenbarun­g. Die knappen Ansagen sind der Schlüssel zur eigenen berechtigt­en Fantasie und Deutung.

Erst ein Blick in die Homepage der Gruppe verrät, dass es sich zunächst um „La vie en rose“von Edith Piaf handelt, dass aber gesungen in mehreren Versionen vorliegt, zum Beispiel in Deutsch als „Schau mich bitte nicht so an“. Franz Heim übersetzt lapidar nur „la rose“, die Rose, alles grinst und staunt, wie einfach das geht.

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Foto: Greck Das Quintett „Concerto Latino“in bester Spiellaune mitten in Ihrem Equipment im rustikalen Ambiente des Schlosskel­lers in Höchstädt.

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