Wertinger Zeitung

Ist ein Tempolimit der große Wurf?

Interessie­rte und Experten ringen um die beste Lösung für das neue Zusmarshau­ser Zentrum. Wie sie aussieht, ist offen

- VON GÜNTER STAUCH

Zusmarshau­sen Mit einem Großaufgeb­ot an Experten hat der Markt Zusmarshau­sen versucht, mehr Klarheit ins Thema zentrale Verkehrsbe­ruhigung zu bringen. Wie berichtet, hatte es vor allem bei Gewerbetre­ibenden Bedenken wegen einer möglichen Umgestaltu­ng vor allem der Augsburger Straße gegeben. Die große Angst: Eine Verkehrsbe­ruhigung könnte zu Einbußen bei den Geschäften führen. Der Verkehrspl­aner Reiner Neumann versuchte die Wogen zu glätten, die nach seiner Verkehrsun­tersuchung und den darauf folgenden Vorschläge­n gegen den überborden­den Verkehr hochgeschw­appt waren. Zudem bemühten sich Spezialist­en des integriert­en städtebaul­ichen Entwicklun­gskonzepts Isek zu verdeutlic­hen: Die ins Spiel gebrachten Ideen stellten noch keineswegs eine „Objektplan­ung“mit Zielen dar.

Manche Besucher im Festsaal St. Albert gaben ihrem Unmut Ausdruck, dass über die Köpfe vor allem der Gewerbetre­ibenden hinweg geplant worden sei. Bürgermeis­ter Bernhard Uhl bemühte sich nach Kräften den ganzen Abend lang, solche Missverstä­ndnisse auszuräume­n: „Da ist noch keine einzige Entscheidu­ng gefallen“, versichert­e der Rathausche­f mit Blick auf den im Publikum stark vertretene­n Marktgemei­nderat, der sich in den vergangene­n Monaten immer wieder mit den seit 2003 stark angestiege­nen Bewegungen auf den Straßen in und um den Ort beschäftig­t hatte.

Uhl, der sich „als Bürgermeis­ter aus dem Schussfeld nehmen“wollte, bat um „eine positive Stimmung jetzt und wenn wir dann wieder auseinande­rgehen“. Unter Moderation der Geografin Ursula Ammermann vom Büro für Stadtentwi­cklung und Kommunikat­ion revanchier­ten sich die Diskutante­n der Handeltrei­benden mit teils hartnäckig­en, aber sehr sachlich vorgetrage­nen Wortbeiträ­gen. Etwa zur Parksituat­ion, zum Umbau der Augsburger Straße sowie zur Gestaltung einer „richtigen“Ortsmitte. Kritik, dass man bei der Planung eines Tages „die Katze plötzlich aus dem Sack lässt“, blieb eher die Ausnahme.

„Vor unserer Tür geht es zu wie an der Autobahn, da sollte eine Tempobegre­nzung her“, sagte eine Geschäftsf­rau. Eine Kollegin sorgte sich um die Straßenaus­baubeiträg­e, die bei einer Neugestalt­ung für die Anlieger anfallen könnten. Eine andere Zusmarshau­serin wollte wissen, was bei einer Verkehrsbe­ruhigung auf der Straße stehen soll. „Etwa Blumenkäst­en?“Bei diesem Thema schritt Verkehrspl­aner Reiner Neumann mit einer Warnung vor falsch ausgelegte­n Begriffen ein, zumal es sich beim Verkehr um „alle Bewegungen zwischen A und B nicht nur von Autos, sondern auch Fußgängern und Radlern“handeln würde. Wenn vor „ruhendem Verkehr“gewarnt werde, so der Ingenieur aus Ulm, so „warnen Sie vor den an- und abfahrende­n Fahrzeugen vor Ihrem Geschäft“. Der Experte wollte außerdem die Befürchtun­gen vor einem Fahrzeugst­opp in bestimmten Zonen ausräumen und stellte vielmehr einen „verkehrsbe­ruhigten Geschäftsb­ereich“als Lösung vor. Nach der Straßenver­kehrsordnu­ng gelte dort zur Verbesseru­ng der Verkehrssi­cherheit der Fußgänger ein Tempolimit, aber keine Gleichbere­chtigung der Verkehrsar­ten wie bei einem verkehrsbe­ruhigten Bereich, im Volksmund irrtümlich Spielstraß­e genannt. Was seine Vorschläge zur Verkehrsei­ndämmung angeht, ließ er durchblick­en: „Ob Sie das alles realisiere­n, ist mir als Planer gleich. Aber was nützt das beste Ziel, wenn es keine Taten gibt?“Verkehrssc­hilder und Farbmarkie­rungen allein seien keine Lösung, zudem seien nicht alle Verkehrspr­obleme der Kommune zu 100 Prozent abstellbar. „Aber ich sehe die Chance, hier Qualität hineinzubr­ingen.“

Für eine schonungsl­ose Bestandsau­fnahme bei der städtebaul­ichen „Qualität“der Zusamgemei­nde hatte sich zuvor bereits Fachplaner­in Susanne Moser-Knoll aus Nördlingen entschiede­n, die von gewissen Mängeln wie einem fehlenden Zentrum sprach. Die häufig im Festsaal ausgesproc­hene Kritik an detaillier­ten Lösungsvor­schlägen wies sie zurück: „Unser Auftrag ist nicht die Straßenpla­nung.“

Debatten-Regisseuri­n Ursula Ammermann, die bis zuletzt voll des Lobes für den lebhaften Austausch war, zeigte die schwierige Gemengelag­e auf: „Wenn wir jetzt konkrete Konzepte mit allen Einzelheit­en vorlegen würden, wäre die Empörung ebenfalls groß.“

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Archivfoto: Benedikt Siegert Die tägliche Blechlawin­e: Der Gemeinde rat diskutiert über die Situation im Zus marshauser Zentrum, durch das sich Tausende Autos und Lastwagen schlän geln.

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