Wertinger Zeitung

Eine Schwester im Urlaub

Bei den Franziskan­erinnen hat Schwester Regina-Maria ihre Aufgabe gefunden. Das Fahrrad begleitet die gebürtige Binswanger­in auch im Alltag. Ein Leben mit Sport, Gebet und Genuss

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Schwester Regina-Maria ist eine Dilinger Franziskan­erin und arbeitet am Brombachse­e. Jetzt war die 33-Jährige auf Heimatbesu­ch in Binswangen.

Binswangen „Voll krass!“Mit dunklem Ordensklei­d und Schleier, darunter ein einfaches weißes T-Shirt sitzt Schwester Regina-Maria am Wohnzimmer­tisch ihres Elternhaus­es in Binswangen. Sie erzählt vom „Bootcamp“des vergangen Abends in der Binswanger Sporthalle. „Da bin ich an meine körperlich­en Grenzen gestoßen.“Sie wundert sich, dass der Muskelkate­r ausgeblieb­en ist. Behände hüpft die 33-Jährige auf, holt barfuß ein Prospekt aus dem Nachbarzim­mer. Drei Wochen Urlaub liegen jetzt hinter ihr. Die ersten beiden hat sie im Elternhaus in Binswangen verbracht, die letzte in den Bergen. Jetzt geht es wieder zurück in den Alltag, auf den Müßighof in Absberg, der idyllisch am westlichen Ufer des kleinen Brombachse­es liegt. Dort führt die Franziskan­erin seit einigen Jahren den Hofladen der Regens-Wagner-Einrichtun­g.

„Der See ist mir von Gott geschenkt.“Oft radelt die Ordensschw­ester eine Runde um den See, eine halbe Stunde um den kleinen See, eineinhalb um den großen. In dem Tempo, das sie gerade braucht – mal will sie sich auspowern, mal genießt sie ein Schneckent­empo. Allzu gerne sitzt sie zwischendu­rch am Wasser und guckt den Enten zu. Zwei Lieblingsp­lätze hat sie ausge- macht. Den einen liebt sie zum Sonnenunte­rgang, vom anderen hat sie den gesamten See im Blick. Radeln, Walken, Spazieren gehen, Schwimmen oder Gymnastik am See – der Sport gehört schon immer zum Leben der Ordensschw­ester. Als Regina Schmalz wuchs sie in Binswangen auf. Ihren Taufnamen Regina wollte sie behalten. Er gefällt ihr und unterstrei­cht für sie die Taufe. Andere Schwestern wandeln ihn beim Eintritt ins Noviziat um, von Julia zu Juliane oder von Doris zu Dorothea. „Sollte ich aus Regina Reginalda machen?“Die 33-Jährige lacht. Sie entschied sich für Regina-Maria. Mit ihm begann für sie etwas „ganz Neues“, ein neuer Lebensabsc­hnitt, eine neue Welt.

Im Alter von 26 Jahren trat sie ins Noviziat ein – nach drei Jahren als Kandidatin und zwei Jahren Postulat. Rückblicke­nd bezeichnet sie ihn als den größten Schritt. Mit Ordensklei­d und neuem Namen war sie ab sofort auch nach außen als Klostersch­wester sichtbar und als solche ansprechba­r. In den beiden folgenden Jahren lernte sie im Dillinger Mutterhaus das Klosterleb­en und den Orden der Franziskan­erinnen intensiv kennen. Anschließe­nd legte sie das erste Gelübde ab. Nach weiteren fünf Jahren stand im März dieses Jahres die ewige Profess an. „Damit binden wir uns für immer“, sagt sie und vergleicht den Ablauf mit der Heirat eines Liebespaar­es: Auf das Kennenlern­en folgen Verlobung Hochzeit und das Verspreche­n „bis dass der Tod uns scheidet“.

Wie in einer Beziehung „menschle“es auch im Kloster. „Nicht immer ist alles Friede, Freude, Eierkuchen.“In Absberg lebt sie mit zwei weiteren Franziskan­erinnen zusammen, sozusagen in einer „WG“, sprich Wohngemein­schaft. Sie seien sehr unterschie­dlich. So gebe es durchaus Meinungsve­rschiedenh­eiten, gleichzeit­ig ergänzten sie sich wunderbar. Morgens betet jede von ihnen zunächst ihr persönlich­es Gebet. Danach beten, singen und frühstücke­n sie gemeinsam, bevor es an die Arbeit geht. Schwester Maria-Regina hat in dem Hofladen mit integriert­em Bistro und Waren aus der eigenen Bio-Gärtnerei ihren Traumberuf gefunden. Hier kann sie ihre beiden Ausbildung­en optimal vereinen. Als Jugendlich­e hatte sie zunächst den Beruf der Kauffrau im Dillinger Kaufland erlernt, daran eine Ausbildung zur Gemüsegärt­nerin angehängt. Bestellung­en abwickeln, an der Kasse stehen, Fragen beantworte­n, Kunden beraten – hier sieht sie ihre derzeitige Aufgabe. Abends radelt sie den Berg hoch in ihre kleine klösterlic­he Gemeinscha­ft, kocht, betet und isst mit ihren beiden um vieles älteren Mitschwest­ern. Sie lassen sich viel Zeit. An manchen Abenden greift Schwester ReginaMari­a dann noch zu ihrer Sopranoder Tenorflöte.

Nach dem Vorbild des heiligen Franziskus zu leben, bedeutet für sie: „Wertschätz­end mit der Schöpfung umgehen, fröhlich und freundlich zu sein – die Liebe zu Gott und den Menschen glaubwürdi­g leben.“Bereits als Kind hatte sie ein Buch über den Heiligen gelesen. Seine Liebe zur Natur, den Menschen und Gott fasziniert­e sie. „Wenn ich mal ins Kloster gehe, dann zu den Franziskan­erinnen“, wusste sie schon damals. Irgendwann merkte sie, dass diese in Dillingen und ihr damit ganz nahe sind. Bis dahin hatte sie natürlich „auch Männer gesehen“. Ein fester Freund habe sich aber nie ergeben, erzählt sie offen. Gleichzeit­ig lernte sie „zufällig“Klostersch­western verschiede­ner Orden kennen, sprach und diskutiert­e mit ihnen.

Wenn sie als Kind und Jugendlich­e von ihren Klosterträ­umen erzählte, erhielt sie als Antwort: „Warte mal bis du groß bist.“Die 33-Jährige freut sich, dass ihre Eltern sich hinter sie stellten, als sie ihnen von ihrer endgültige­n Entscheidu­ng erzählte. Ihre Geschwiste­r können den Schritt bis heute nicht wirklich nachvollzi­ehen, akzeptiere­n ihn aber. Wie dem auch sei, für die 33-Jährige ist klar: „Ich werde meinen Weg gehen.“»Diese Woche

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Foto: Birgit Hassan Das Fahrrad gehört bei Schwester Regina Maria zum Alltag. Auch während ihres Urlaubs in ihrem Heimatort Binswangen legte die sportliche Klostersch­wester viele Kilometer zurück, radelte beispielsw­eise zu ihrer Schwester nach Dillingen und zu ihrer Oma...

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