Neue Regierung vor Weihnachten?
Kanzlerin Merkel verbreitet zur Halbzeit der Sondierungen Zuversicht. FDP und Grüne sind noch skeptisch. Ab nächster Woche werden konkrete Ergebnisse erwartet
Berlin Zwei Wochen nach Beginn der Sondierungen für ein mögliches Regierungsbündnis von CDU/CSU, FDP und Grünen senden die Teilnehmer an den Verhandlungen weiterhin widersprüchliche Signale aus. CDU-Chefin Angela Merkel und ihr CSU-Kollege Horst Seehofer äußerten sich zuversichtlich über einen Erfolg. Grüne und FDP schlugen skeptischere Töne zum Verhandlungsstand an.
Aus Sicht von FDP-Chef Christian Lindner machen sich die vier Jamaika-Parteien erst ab jetzt auf die Suche nach gemeinsamen politischen Zielen und Kompromissen. Bisher hätten Lösungen und Gemeinsamkeiten sich „sozusagen zufällig“ergeben, denn es sei nur darum gegangen, Themen zu sammeln. „Jetzt wird richtig verhandelt“, versprach Lindner.
Das Zwischenfazit von GrünenPolitiker Jürgen Trittin fiel negativ aus. „Wir haben zehn Tage zusammengesessen. Zwölf Themen.“Das Ergebnis seien acht Papiere mit langen Listen von Streitpunkten, also zu klärenden Fragen, sagte er. „Und in vier Bereichen hat man es nicht mal geschafft, sich darauf zu verständigen, worüber man sich nicht einig ist.“
Merkel hatte sich am Freitag das erste Mal überhaupt zum aktuellen Stand der Verhandlungen geäußert. Bisher hatte sie dies anderen überlassen. Sie gehe zwar weiterhin von schwierigen Gesprächen aus, sagte sie. „Aber ich glaube nach wie vor, dass wir die Enden zusammenbinden können, wenn wir uns mühen und anstrengen.“Merkel wird von Delegationsmitgliedern allgemein eine gute Leitung der Sondierungsgespräche attestiert. Es gebe klare Ansagen ebenso wie eine ausgleichende Gesprächsführung.
CSU-Chef Seehofer, der wegen weiterer Gespräche am Wochenende eine geplante Rede bei der Jungen Union abgesagt hat, nannte die zurückliegenden Sondierungen eine „anstrengende“Zeit. „Aber wir sind vorangekommen und ich habe eine gehörige Zuversicht, dass wir auch am Ende zu gemeinsamen Ergebnissen kommen.“Er kritisierte, dass es teils scharfe gegenseitige Attacken unter den Verhandlungspartnern gegeben habe. „Der Wahlkampf liegt hinter uns“, mahnte er. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU, Kempten) sagte: „Wir haben das feste Ziel, noch vor Weihnachten eine Regierung zu bilden.“
Für die kommenden Tage gibt es einen engen Terminplan der Verhandler. Dann wird auch mit konkreten Ergebnissen gerechnet. Gestern einigten sich die Parteien im Grundsatz auf weitere Hilfen für Familien. In einem gemeinsamen Papier heißt es: „Wir wollen Familien finanziell entlasten und den Bezug von familienbezogenen Leistungen unbürokratischer gestalten.“Dabei stehe „die Bekämpfung von Kinderarmut in einem besonderen Fokus“. Konkrete Maßnahmen wurden noch nicht beschlossen. Bei den weiteren Sondierungen soll es unter anderem um eine Einführung einer Kindergrundsicherung, eine Anhebung des Kinderfreibetrags sowie die Erhöhung von Kinderzuschlag und Kindergeld gehen. Zum Stand der Sondierung auch der Kom mentar. (dpa, afp, AZ)