Schwarze Kassen in der deutschen Botschaft?
Ehemalige Mitarbeiter in Paris erheben brisante Vorwürfe
Paris Sie sind beliebt und renommiert, die Empfänge in der Residenz des deutschen Botschafters in Paris, dem Palais Beauharnais: Der Champagner fließt, die Häppchen schmecken köstlich. Wo einst Joséphine de Beauharnais, die erste Frau von Napoleon Bonaparte, logierte, residiert heute der offizielle Vertreter der Bundesrepublik.
Nun aber weckt ein Artikel der Enthüllungsjournalisten Gérard Davet und Fabrice Lhomme in Le Monde den Verdacht, dass in der Botschaft seit Jahren ein organisiertes System mit schwarzer Kassen existiert. Diese Anschuldigungen erheben zwei ehemalige Botschaftsmitarbeiter, Hausmeister Michel I. und Oberkellner Maxime C.
Das Palais Beauharnais kann auch für private Zwecke angemietet werden – auf diese Möglichkeit griffen in der Vergangenheit Unternehmen wie BMW, Bayer und Mercedes, Anwaltskanzleien sowie das ZDF zurück. Dem Artikel zufolge taucht bei der Abrechnung auch der Posten „Allgemeinkosten“auf. Dahinter verbirgt sich demnach eine schwarze Kasse, über die zusätzliches Personal, Überstunden und Prämien an die 14 Angestellten bezahlt wurde. Regelmäßig soll Michel I. zwischen 2000 und 4000 Euro in kleinen Scheinen abgehoben haben, die in der Folge verteilt wurden. Im Laufe der Jahre habe es sich um mehrere hunderttausend Euro gehandelt. Der französische Fiskus blieb dabei außen vor: „In der Botschaft sagte man uns: Man kann uns nichts anhaben, wir sind unantastbar“, zitiert Le Monde Michel I. und Maxime C. Die beiden behaupten, dass der frühere Botschafter in Paris, Peter Ammon, dieses System 2007 eingeführt hat. Ammon ist inzwischen Botschafter in London.
Das Bargeld sei „am Anfang nett“gewesen, aber „mir begann es die Finger zu verbrennen“, sagte Michel I. Nach einem Streit unter Kollegen um eine gerechtere Aufteilung wurde er 2015 nach elf Jahren Dienst fristlos entlassen, ebenso wie im Folgejahr Maxime C. Beide nahmen sich den Star-Anwalt Antoine Gillot. Der Jurist erklärte nun, die Entlassung seiner Mandanten sei eine direkte Folge des organisierten Systems nicht deklarierter Barzahlungen in der deutschen Botschaft, das mit dem Einverständnis des deutschen Außenministeriums eingeführt worden sei.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes hat erklärt, dass die Bundesregierung die Vorwürfe prüfe. Die Anwältin der Botschaft, Cathy Noll, wollte zum aktuellen Stand keinen Kommentar abgeben.