Klinikums Affäre: Jetzt wird’s ernst
An Bayerns viertgrößtem Krankenhaus soll über Jahre hinweg fleißig gemauschelt worden sein. Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage – ein prominenter Politiker bleibt im Visier
Ingolstadt Es geht um Bestechung, um Mauschelei und Vetternwirtschaft – nach monatelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft in der Ingolstädter „Klinikums-Affäre“gestern Anklage gegen den ehemaligen Geschäftsführer des Krankenhauses, Heribert Fastenmeier, erhoben. Er gilt als die Schlüsselfigur in einem Geflecht aus dubiosen Geschäften und Gefälligkeiten, die möglicherweise bis ins Rathaus hineinreichten. Auch gegen Ingolstadts ehemaligen Oberbürgermeister wird ermittelt – sowie gegen gut ein Dutzend weiterer Personen.
Richtig ernst wird es nun aber zunächst nur für Heribert Fastenmeier, der seit Ende April in Untersuchungshaft sitzt. Ihm werden Untreue in 99 Fällen, Vorteilsannahmen in drei Fällen sowie Bestechlichkeit zur Last gelegt. Dem Klinikum soll durch das Treiben seines einstigen Chefs ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein.
Die konkreten Vorwürfe gegen den langjährigen Chef des Kranken- hauses, das zu drei Vierteln der Stadt gehört, sind unterschiedlichster Art. So soll er privat kostenfrei die Dienste einer Steuerberatungsgesellschaft in Anspruch genommen haben – als Gegenleistung zur Vergabe von Aufträgen im Namen des Klinikums. Er soll Verwandten Jobs und Aufträge rund um Bayerns viertgrößtem Krankenhaus zugeschanzt haben – „zu wirtschaftlich nicht vertretbaren Konditionen“, wie es die Staatsanwaltschaft ausdrückt. Die Rede ist beispielsweise von mehreren hunderttausend Euro, die eine Firma mit Bezug zur Familie Fastenmeier für die Erstellung der Internetseite des Klinikums erhalten haben soll. Medienberichten zufolge geht es außerdem um Privatreisen auf Kosten der Klinik und eine verdächtig anmutende Sammlung von Werbegeschenken und Messeartikeln – darunter auch teure Spirituosen –, die Gästen oder Geschäftspartnern gerne mal als Präsent mit auf den Weg gegeben worden sein sollen.
Und dann sind da noch nicht minder dubios anmutende Geschäfte auf dem Areal des alten Krankenhauses, in die unter anderem auch Ingolstadts Alt-Oberbürgermeister Alfred Lehmann (CSU) verstrickt sein soll. Er war zu Amtszeiten am Verkauf des Grundstücks an einen Bauträger beteiligt – und soll von eben diesem wenig später als Privatmann eine neue, noble Wohnung auf dem Areal gekauft haben. Ähnlich soll es sich mit mehreren Appartements auf einem anderen, ehemals städtischen Grundstück zugetragen haben. Diesbezüglich erklärte gestern die Staatsanwaltschaft lediglich, dass die Ermittlungen gegen „weitere im Zusammenhang mit dem ’Komplex Klinikum’ geführte Beschuldigte“noch andauerten. Zuletzt sei vorrangig das Verfahren gegen den inhaftierten Ex-Geschäftsführer Fastenmeier vorangetrieben worden. Der Rest soll folgen.
Das Landgericht Ingolstadt muss nun entscheiden, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird, also ob es zum Prozess kommt. Fastenmeiers Anwalt teilte gestern mit, dass „die Auffassungen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung über die tatsächlichen Geschehnisse und deren rechtliche Bewertung erheblich voneinander abweichen“. Es gehe um die Frage, welche unternehmerische Entscheidung zulässig ist. Aus Sicht der Verteidigung sei zudem die Entscheidung, Fastenmeier weiter in Untersuchungshaft zu behalten, „weder angemessen noch zu rechtfertigen“.
Am Klinikum blickt man derweil gespannt auf die Entwicklungen rund um den Ex-Chef, zumal dessen Nachfolger zuletzt ebenfalls für Unruhe sorgte. Nachdem sich Interims-Geschäftsführer Alexander Zugsbradl im Internet abfällig über Ministerpräsident Horst Seehofer („Pflaumenaugust“) sowie einen früheren Klinikumssprecher und einen Stadtrat („Dick und Doof“) geäußert hatte, musste er Mitte Oktober seinen Hut nehmen. Seine Nachfolgerin tritt ihren Dienst am 1. Januar an. (mit dpa)
Dubiose Geschäfte, teure Geschenke