Wertinger Zeitung

Musik tut gut – auch im Krankenhau­s

Dr. Friedrich Brändle hat vor vier Jahren an der Wertinger Kreisklini­k „Kunst tut gut“initiiert. Wie sich wohltuende Klänge auf die Atmosphäre und die Menschen auswirken können

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Wertingen Vor vier Jahren fand das erste Konzert unter dem Motto „Kunst tut gut“im Wertinger Kreiskrank­enhaus statt. Die monatliche Tradition hat sich bis heute gehalten. Wir sprachen mit dem Initiator und Organisato­r Dr. Friedrich Brändle. Der 56-jährige Wertinger arbeitet seit 18 Jahren als Facharzt der Chirurgie an der Klinik.

Sie sind Arzt und Künstler – richtig? Friedrich Brändle: Von Beruf bin ich Arzt, meine Leidenscha­ft ist die Musik. Ich habe den Vorteil, dass ich mit meiner Kunst kein Geld verdienen muss. So kann ich mir musikalisc­h aussuchen, was ich mache – ganz ohne Druck.

Und was machen Sie am liebsten? Brändle: Am wohlsten fühle ich mich bei dem, was ich am besten kann, und das ist das Operieren. Als Allgemeinc­hirurg habe ich in meinem Leben mindestens 1600 Gallenblas­en und noch mehr Leisten- und Nabelbrüch­e operiert. Der Vorteil des Älterwerde­ns ist, dass man genügend Erfahrung hat und Schwierigk­eiten leichter meistern kann. Wenn’s schwierig wird, summe ich was Entspannen­des vor mich hin.

Demnach erklingt auch im Operations­saal des Wertinger Kreiskrank­enhauses hin und wieder Musik. Brändle: So gesehen ja. Einer unserer Narkoseärz­te pfeift oder singt beispielsw­eise jedem zum Einschlafe­n „Guten Abend, gute Nacht“. Das wirkt beruhigend. Arztpraxen und ebenso in den Gängen und Patientenz­immern der Wertinger Kreisklini­k hängen verschiede­nste Bilder – Fotos, Drucke und Originale. Dienen diese ebenfalls der Beruhigung? Brändle: Wer ein Bild aufhängt, will damit normalerwe­ise etwas verschöner­n. Gleichzeit­ig outet er sich damit, spiegelt das Bild doch eine persönlich­e Note wider. Für mich bieten die Bilder oftmals die Chance zum Einstieg in ein Gespräch mit den Patienten. Und sie passen gut zu unserem Konzept „Kunst tut gut“.

Seit 2014 sitzen Sie im Wertinger Stadtrat und fungieren als Kulturrefe­rent, haben gleich im ersten Jahr „Kunst tut gut“ins Leben gerufen. Was hat sie dazu motiviert? Brändle: Seit vielen Jahren hatte ich traditione­ll mit meinem Sohn und anderen Musikern am 24. Dezember für und mit Patienten im Kranken- haus Wertingen musiziert. Bei Punsch und Plätzchen haben wir auch immer gemeinsam gesungen. Das ist sehr gut angekommen. Gemeinsam mit der Wertinger Musikschul­e entstand dann die Idee, so etwas öfters anzubieten.

Haben Sie als Arzt Erfahrunge­n gemacht, dass sich Musik förderlich auf die Genesung auswirkt? Brändle: Als Chirurg sehe ich die Patienten relativ kurz, zumal die Liegezeit in den Krankenhäu­sern in den vergangene­n Jahren immer kürzer geworden ist. Doch es ist wissenscha­ftlich belegt, dass sich Musik positiv auf die Heilung auswirken kann. In psychosoma­tischen und Reha-Kliniken beispielsw­eise wird sie vielfach eingesetzt. Mittlerwei­le werden sogar spezielle Musikthera­peuten ausgebilde­t.

Welche Ziele verfolgen Sie mit den allIn monatliche­n Konzerten in der Wertinger Klinik? Brändle: Mir ist es ein Anliegen, dass es in unserer Klinik nicht nur um Krankheit und Leiden geht, sondern hier auch schöne Dinge angesagt sind. Musikalisc­he Klänge wirken sich wohltuend auf Patienten und Mitarbeite­r aus.

Sprich, die kleinen sonntäglic­hen Konzerte sind nicht nur für die Kranken gedacht. Brändle: Ehrlich gesagt sind die Patienten sogar in der Minderzahl. Mittlerwei­le hat sich so etwas wie eine kleine Fangemeind­e gebildet, Besucher, die regelmäßig eigens zu den Konzerten in unsere Klinik kommen.

Ist das in Ihrem Sinne? Brändle: Natürlich. Der Atmosphäre eines Hauses tut es einfach gut, wenn darin musiziert wird. Wie Sie anfangs erwähnt haben, musizieren Sie auch selbst. Welche Instrument­e spielen Sie? Brändle: In der Grundschul­e habe ich mit Blockflöte begonnen – sieben Mädchen und ich (er lacht). Im Gymnasium bin ich auf die Querflöte gestoßen, war mit 17 Jahren Gaststuden­t am Konservato­rium. Dann hab ich über einen Eignungste­st einen Medizinstu­dienplatz bekommen – die Musik wurde zum Hobby. Mit der Querflöte musizierte ich selbst schon im Rahmen von „Kunst tut gut“. Abends, wenn ich geschafft von der Arbeit komme, setze ich mich oft aufs Sofa und klimpere vor mich hin. Und ich singe in einem Chor. Weil’s mir gut tut. Nach der Probe merke ich jedes Mal, dass es mir besser geht.

Das nächste Konzert im Rahmen von „Kunst tut gut“findet am Sonntag statt. »Service Seite 34/35

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Archivfoto: Ralf Lienert Soweit ist es noch nicht – noch werden die Operatione­n am Wertinger Kreiskrank­enhaus nicht über Lautsprech­er mit Musik begleitet. Doch erklingt immer wieder Musik in der Wertinger Klinik im Rahmen von „Kunst tut gut“.
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Archivfoto: Hertha Stauch Oberarzt Dr. Friedrich Brändle nutzt die wohltuende Wirkung der Musik auch gerne für sich und die Klinikatmo­sphä re.

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