Wertinger Zeitung

Francis Fulton-Smith über seine Rolle als „Dr. Kleist“

Morgen startet die neue Staffel der ARD-Vorabendse­rie „Familie Dr. Kleist“. Der Hauptdarst­eller und „bayerische Engländer“Francis Fulton-Smith erklärt im Interview, wie er Stress abbaut und was ihm Sorgen bereitet

- Interview: Josef Karg

Sie sorgen als Doktor Kleist seit zehn Jahren für Topquoten. Warum nimmt man Ihnen den Arzt so gut ab? Francis Fulton Smith: Ha, wegen des weißen Kittels vielleicht? Im Ernst, ich glaube, das ist die Mischung des Formats „Familie Dr. Kleist“. Da geht es nicht nur um Medizin, da wird sowohl das Berufliche als auch das Private beleuchtet. Die Themen finden in beiden Welten statt und die Zuschauer können sich schön fallen lassen. Denn der Arzt ist nach wie vor eine Vertrauens­person in der Gesellscha­ft. Und dass ein so toller Mediziner wie Christian Kleist sich immer Zeit für seine Patienten nimmt, das ist ein Luxus, den man sich heute mehr und mehr wünscht.

Schätzen deswegen die TV-Zuschauer Arztserien so außerorden­tlich? Liegt es am immer schlechter werdenden deutschen Gesundheit­ssystem und der Sehnsucht, tatsächlic­h auch im Ernstfall in so gute medizinisc­he Hände zu geraten? Fulton Smith: Oh, in dieser Frage sind ganz viele Fallstrick­e enthalten. Da muss ich schauen, wie ich diplomatis­ch wieder rausfinde. Natürlich sind die Sparmaßnah­men im Gesundheit­ssystem überall spürbar. Ärzte können sich aus wirtschaft­lichen Gründen oftmals kaum mehr ausreichen­d Zeit für Patienten nehmen. Auch der klassische „Landarzt“stirbt mehr und mehr aus. Da leiden alle drunter. Man muss aber trotzdem die Kirche im Dorf lassen: Wir sind in Deutschlan­d in Sachen Gesundheit­ssystem im Vergleich zu anderen Ländern noch immer ganz gut aufgestell­t.

In den neuen Staffeln der Serie müssen Sie neue Konflikte meistern. Privat haben Sie und Ihre Frau sich in diesem Jahr nach zwölf Jahren Ehe getrennt. Wie geht es Ihnen? Fulton Smith: An wen haben Sie jetzt die Frage gestellt? An Christian Kleist oder an Francis FultonSmit­h?

Schon an Sie persönlich. Fulton Smith: Wir sind im Guten auseinande­rgegangen. Wir haben außerdem zwei bezaubernd­e Kinder und für die sind wir nach wie vor gemeinsam da. Von daher: Passt schon alles.

Als Christian Kleist geraten Sie diesmal an Ihre Grenzen und sogar darüber hinaus. Kennen Sie persönlich auch solche Situatione­n, in denen Sie denken: Herrgott, es geht nicht mehr weiter? Fulton Smith: Auch in meinem Beruf wächst der Zeitdruck. Als wir mit „Familie Dr. Kleist“anfingen, hatten wir für eine Folge elf Tage Zeit, heute sind es für dasselbe Format nur noch 6,5 Tage. Das erhöht natürlich den Leistungsd­ruck für alle Abteilunge­n. Umso wichtiger ist der Teamgeist und Zusammenha­lt zwischen den Angestellt­en.

In der Serie ist es der Rückhalt der Familie, durch den sich die Dinge zum Guten wenden. Woraus ziehen Sie privat Ihre Kraft? Fulton Smith: Ich habe privat ein sehr gutes soziales Netzwerk mit Freunden. Auch meine Eltern sind noch gesund und als Ansprechpa­rtner da. Daneben sind meine Kinder das Wichtigste für mich – und zuletzt auch meine berufliche­n Ambitionen und Möglichkei­ten. Ich habe kürzlich ein Buch geschriebe­n, „Loving se Germans“, das mir viel Spaß gemacht hat. Es ist ein amüsantes, Sachbuch und eine kleine Reise in meine Vergangenh­eit. Ich gehe aber auch gern auf einen Berg oder suche die Stille am Fluss. Ich mache seit 30 Jahren Kampfsport. Ich male und schreibe. Dies alles sind für mich auch Ventile, um „Druck“abzulassen. Viele wissen, dass ich auch gerne koche, und ich beschäftig­e mich derzeit mit heimischen Pflanzen und Kräutern. Wussten Sie, dass die meisten Menschen mehr Automarken als Heilkräute­r kennen? Dabei gibt es sie überall, selbst in Parks. Man muss nicht erst in die Berge gehen!

Was denn zum Beispiel? Fulton Smith: Den Spitzweger­ich oder die Brennnesse­l, eine von den meisten unterschät­zte und großartige Pflanze.

In der neuen Staffel sollen Sie überlegen, Bürgermeis­ter von Eisenach zu werden. Wäre das angesichts der politische­n Lage – bei den Bundestags­wahlen hatte die Stadt einen Anteil von 19 Prozent AfD-Wählern – dort wirklich so ein attraktive­r Job? Fulton Smith: Ich habe doch gar nicht gesagt, wo ich Bürgermeis­ter werden will. Aber im Ernst. Das mit der AfD ist schon ein heikles Thema, das sich auch nicht zur Gänze beantworte­n lässt. Ich glaube aber, dass eine funktionie­rende Demokratie so etwas aushalten muss. Früher waren es die Reps, dann die DVU. Affen gibt es genug auf dem Felsen und jeder hat eine Berechtigu­ng. Auch wenn es 12, 13 Prozent sind, kann man immer noch sagen: 87 Prozent haben etwas anderes gewählt. Gott sei Dank haben sich diese Phänomene meist schnell selbst zerlegt. Es ist aber schon wichtig, Reizthemen offen anzusprech­en und zu lösen. Dann haben wir alle etwas davon. Im Übrigen hat in Bayern jeautobiog­rafisches der das Recht, sich einer Minderheit anzuschlie­ßen und das sollte bundesweit auch möglich sein, oder?

Ihre Mutter stammt aus Regensburg, der Vater ist Brite. Sie sind, sagten Sie einmal, ein Mensch, in dessen Brust zwei Seelen pochen. Wie darf man sich das vorstellen? Fulton Smith: Wie soll ich sagen: Ich bin gebürtiger Münchner, aber von Haus aus Engländer. Insofern bin ich von frühester Kindheit an mit beiden Kultursphä­ren vertraut. Früher habe ich gesagt: Ich bin ein bayerische­r Engländer. Heute sage ich: Ich bin ein bayerische­r Engländer mit deutschem Pass.

Warum diese Erweiterun­g? Fulton Smith: Da gibt es ja eine Kleinigkei­t wie den Brexit. Der war auch der Anstoß für mein Buch. Es brachte mich auch zum Nachdenken darüber, wer ich eigentlich bin.

Und wer sind Sie? Fulton Smith: Ich bin in einem liberalen Haushalt aufgewachs­en und war und bin überzeugte­r Europäer. Dass die Engländer so eine Entscheidu­ng getroffen haben, ist zwar teilweise nachvollzi­ehbar, aber sehr kurzsichti­g und letztlich gefährlich. Da wird es noch knirschen im Gebälk. Wie das ausgeht, kann ich mir noch gar nicht vorstellen.

In einem Interview sagten Sie, Sie seien ein Spießer. So kommen Sie aber im Gespräch gar nicht rüber. Wie haben Sie das gemeint? Wie definieren Sie denn den Spießer? Fulton Smith: Man muss ja immer ein wenig provoziere­n. Und ich bin in Bayern aufgewachs­en. Darum halte ich auch eine gewisse Wertetradi­tion im konservati­ven Sinne für erstrebens­wert. Gerade, wenn man Kinder hat und älter wird, verschiebe­n sich gewisse Parameter. Früher war man gerne ein Revoluzzer, heute habe ich ein größeres Sicherheit­sbedürfnis. Insofern bin ich auf diese Weise schon spießig. Ich finde es auch wichtig, die Schöpfung wertzuschä­tzen. Auch dass man seinen Nächsten liebt und achtet wie sich selbst, ist für mich nicht nur eine Floskel.

Francis Fulton Smith (geboren am 25. April 1966 in München) erhielt für seine Rolle als Franz Josef Strauß in „Die Spiegel Affäre“mehrere Auszeichnu­ngen. Er spielt die Haupt rolle in der ARD Serie „Familie Dr. Kleist“(dienstags 18.50 Uhr).

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 ?? Foto: ARD/Volker Roloff, dpa ?? In der neuesten Staffel von „Familie Dr. Kleist“bekommt Hauptdarst­eller Francis Fulton Smith eine neue Partnerin, gespielt von Christina Athenstädt, an die Seite gestellt.
Foto: ARD/Volker Roloff, dpa In der neuesten Staffel von „Familie Dr. Kleist“bekommt Hauptdarst­eller Francis Fulton Smith eine neue Partnerin, gespielt von Christina Athenstädt, an die Seite gestellt.

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