SPD hat Leitfigur nötiger als Leitantrag
Die Zukunft von Martin Schulz als SPD-Chef, das wird mit jedem Tag deutlicher, hängt am seidenen Faden. Je näher der Parteitag im Dezember kommt, desto größer werden die Zweifel daran, dass er die in Trümmern liegende deutsche Sozialdemokratie wieder aufrichten kann. Dass ihm mit seinem Leitantrag zur inhaltlichen Erneuerung der Partei der erhoffte Befreiungsschlag gelingt, ist fraglich. Denn in dem Papier steht letztlich nur, über was die SPD nach Schulz’ Meinung reden sollte. Konkrete inhaltliche Vorschläge macht er nicht, kann er auch gar nicht, wenn er ja die Basis über die künftige Linie entscheiden lassen will. Doch dadurch kann eben auch nicht der Eindruck entstehen, dass Schulz die Zügel in der Hand hält, wie es Fraktionschefin Andrea Nahles auffällig betont. Gerade jetzt bräuchte die Partei mehr denn je eine vor Mut und Entschlossenheit strotzende Leitfigur.
Schulz aber wirkt verzagt und kraftlos, wie soll es auch anders sein nach einer so demütigenden Niederlage als Kanzlerkandidat. Während andere Genossen schon über die Zukunft reden, muss Schulz die Gründe für das Wahldebakel erklären. Dass ihn nicht allein die Schuld trifft, ist klar, doch dass er auch selbst Fehler gemacht hat, liegt auf der Hand. Zu denen gehört die mangelnde Angriffslust gegenüber dem Gegner ebenso wie ein zu wenig ausgeprägtes Gespür für die Themen, die die Wähler beschäftigen. Schulz hat es nicht geschafft zu vermitteln, für was die SPD steht. So muss er fürchten, dass die Parteibasis nicht nur einen inhaltlichen, sondern auch einen personellen Neuanfang einfordert.