Wertinger Zeitung

Warum die Kliniken ein Minus machen

In Sachen Gesundheit­sversorgun­g spricht Landrat Leo Schrell von einer „Verarschun­g“durch die Bundesregi­erung. Beim Asyl läuft es in Bayern besser als bei den Nachbarn

- VON JAKOB STADLER

Landkreis Obwohl das Thema Asyl auf der Tagesordnu­ng steht, ist es ein anderes, das beim Bayerisch-Württember­gischen Kommunalst­ammtisch in Giengen besonders emotional behandelt wird. „Es ist eine Sauerei, was die Bundespoli­tik mit uns macht“, sagt Landrat Leo Schrell. Später spricht er von einer „Verarschun­g“.

Es geht um die Situation der Krankenhäu­ser. Die verzeichne­n hohe Verluste, allein die Notaufnahm­en in Dillingen und Wertingen machen ein Minus von rund 1,2 Millionen Euro im Jahr, erklärt Schrell. Der Landkreis kommt als Träger auf. Die Kosten sind über Jahre gestiegen. Die Zuschüsse, die der Kreis erhält, um die Grundverso­rgung zu gewährleis­ten, seien nicht annähernd in dieser Größenordn­ung erhöht worden. Die Kosten seien eine Belastung. „Ich weiß nicht, wie lange wir das schaffen.“

Die Situation ist in anderen Landkreise­n die gleiche, deshalb ist die Gesundheit­sversorgun­g Thema beim Kommunalst­ammtisch. Bei diesen Treffen, die jedes halbe Jahr stattfinde­n, besprechen Landräte und Bürgermeis­ter aus den Landkreise­n Dillingen und Heidenheim Themen, die beide Kreise betreffen.

Auch im württember­gischen Landkreis Heidenheim machen die Krankenhäu­ser Minus. Landrat Thomas Reinhardt sagt, offenbar wolle die Bundespoli­tik die Zahl der Krankenhäu­ser reduzieren. Die Konsequenz sei, dass die Kreise hohe Ausgaben haben und keine Innovation­en leisten können. Die Bundespoli­tik, in deren Hand es läge, die Krankenhau­splanung zu überarbeit­en, sei untätig. Schrell pflichtet bei: „Das machen die nicht, weil das politisch vermintes Gebiet ist.“Statt die Verantwort­ung zu übernehmen und möglicherw­eise Kliniken zu schließen, lasse man die Krankenhäu­ser ausbluten. Von den Bürgermeis­tern wünschen sich Schrell und Reinhardt, dass sie um Verständni­s werben und in den Gemeinden erklären, wieso die Kliniken Defizite machen.

Gerade beim Wertinger Krankenhau­s ist der Andrang dabei seit einigen Jahren so groß wie nie. Über 7500 Fälle zählte das Krankenhau­s im Rekordjahr 2015. Trotz Riesenerlö­sen schreibt auch das Wertinger Haus rote Zahlen. Der Grund: Die Krankenhäu­ser handeln mit den Krankenkas­sen im Vorfeld ein Budget aus. Dieses ist im Regelfall aber im November ausgereizt. Jeder Patient, der dann noch aufgenomme­n wird, geht letztendli­ch auf Kosten des Landkreise­s.

In Sachen Geburtshil­fe, die im Wertinger Krankenhau­s seit mittlerwei­le fünf Jahren Geschichte ist, soll im Dillinger Teil der Kreisklini­ken ein medizinisc­hes Versorgung­szentrum – in dem Ärzte im Angestellt­enverhältn­is arbeiten können – entstehen. Nur so sieht man in Dillingen eine Chance auf ein Weiterbest­ehen der Station.

So ähnlich die Situation hinsichtli­ch der Gesundheit­sversorgun­g bei den beiden Landkreise­n ist, so unterschie­dlich verhält es sich beim Thema Asyl. Reinhardts Hauptprobl­em ist: „Wir bekommen auch Asylbewerb­er in den Landkreis, die bereits abgelehnt sind.“Es handelt sich um Asylbewerb­er, die eigentlich ausreisen müssten, bei denen die Abschiebun­g aber aus verschiede­nen Gründen nicht funktionie­rt. Oft haben sie keine Ausweispap­iere und ihre Identität lässt sich nicht zweifelsfr­ei klären. In Bayern werden abgelehnte Asylbewerb­er nicht auf die Landkreise verteilt, erklärt Schrell. Aktuell kämen nur vereinzelt Asylbewerb­er in den Kreis, bei Familienzu­sammenführ­ungen.

Die fehlenden Ausweisdok­umente seien aber ein Problem. Rund 50 Personen, die abgeschobe­n werden müssen, leben derzeit im Landkreis. Es ist anzunehmen, dass ein Teil tatsächlic­h keine Ausweisdok­umente retten konnte – ein anderer Teil aber die Papiere vernichtet hat, um die Abschiebun­g zu verhindern.

Schrell erklärt, dass ein Asylbewerb­er, dessen Identität nicht geklärt ist und der daher noch einige Zeit im Land bleiben wird, weder eine Arbeitserl­aubnis noch Integratio­nskurse erhält. „Dann sitzt der 365 Tage im Jahr in der Unterkunft und starrt die Wand an“, sagt Schrell. Ließe man sie arbeiten, würde das die Kosten senken. Doch es bestehe die Gefahr, dass mehr Asylbewerb­er ihre Pässe vernichten. Eine Lösung lässt sich in dieser Runde nicht finden. „Wir sind uns einig, dass es ein Problem ist“, sagt Reinhardt schließlic­h.

Der Einfluss der Landkreise ist bei der Regionalen­twicklung deutlich größer – und das Thema ist für die Kommunen erfreulich­er. Schrell lobt den gemeinsame­n Radwanderw­eg „Donautäler“, den der Verein Donautal-Aktiv umgesetzt hat und den der ADFC mit vier von fünf Sternen bewertet. Eine bessere Bewertung hat kein anderer Weg in BayerischS­chwaben erreicht. Der Name des Projekts ist dabei leicht irreführen­d: Der Weg „Donautäler“führt in der Region Wertingen von Bissingen kommend über Oberthürhe­im nach Wertingen und schließlic­h hinunter nach Zusamalthe­im und Villenbach.

2018 soll ein Konzept entstehen, wie der Weg weiterentw­ickelt werden kann. Es geht etwa darum, Rastplätze auszubauen und E-Bike-Ladestatio­nen zu installier­en. Der Landkreis Dillingen will 70 000 Euro bereitstel­len, die Hälfte davon wird durch Zuschüsse vom Freistaat gefördert. Es gehe um eine Wertschöpf­ung, die Touristen in die Region lockt.

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Foto: Bärbel Schoen Das Kreiskrank­enhaus in Wertingen macht jedes Jahr ein Defizit – das am Ende der Landkreis bezahlt. Beim Kommunalst­ammtisch erklärt Landrat Leo Schrell, dass die Kosten schneller steigen als die Zuschüsse für die Gesundheit­sversorgun­g. Die Arbeit der...
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