Wertinger Zeitung

In Hirschbach geht es um Stoppschil­der und Internet

Vielen Bürgern erschließt sich der Sinn eines Verkehrsze­ichens am Ortsausgan­g nicht. Auch das Internet in Possenried ist bei der Diskussion ein Thema

- VON BENJAMIN REIF

Mancher Bürger hat Angst vor allzu großer Macht der großen Netzanbiet­er. Ein Verkehrssc­hild sorgt für Frust.

Wertingen Hirschbach Nach Ansicht der Hirschbach­er gibt es eine latente Bedrohung für ihre Führersche­ine. Diese ist rot-weiß und steht in zweifacher Ausführung kurz vor der Stelle, an der die Sankt-Peter-Straße in die Staatsstra­ße 2382 mündet: das Stoppschil­d.

Völlig unnötig sei das, kam es vielstimmi­g aus dem Publikum des Schützenhe­ims am Montagaben­d bei der Hirschbach­er und Possenried­er Bürgervers­ammlung. „Wenn da überprüft würde, hätte niemand in Hirschbach mehr den Führersche­in“, sagte ein Bürger. Praktisch jeder missachte das Schild.

Es herrscht ein breiter Konsens im Ort, dass das Stoppschil­d wegkann. Denn rechts wie links ist die Sicht an der Einmündung über hunderte Meter kaum eingeschrä­nkt. Zudem ist die Strecke kurvig, sodass extreme Raser ebenfalls nicht zu befürchten sind.

Doch Bürgermeis­ter Willy Lehmeier reagierte auf die Entrüstung Hirschbach­er eher zurückhalt­end. Er bestätigte aber, dass man auch mit Stoppschil­dern in der Wertinger Kernstadt eher durchwachs­ene Erfahrunge­n gemacht habe.

Vereinzelt gab es auch Stimmen, die zum Erhalt des Stoppschil­des auffordert­en. Das sei vor einigen Jahren entstanden, da mehr Sicherheit für eine Gruppe von Jugendlich­en, die mit Rollern unterwegs waren, gefordert wurde. Ein Bürger war der Meinung, dass sich die Situation nicht maßgeblich geändert habe. Zu einem wirklichen Ergebnis kam die Diskussion nicht.

Kritik mussten Lehmeier und Verwaltung­smitarbeit­er Manuel Gillich von Possenried­ener Bürgern einstecken. Dort schaut derzeit, nach den Ausführung­en einiger Possenried­er Bürger, alle paar Tage ein Mitarbeite­r von M-Net vorbei, um einen Haushalt an die neuen Glasfaserl­eitungen anzuschlie­ßen. Das sei seit Ende Oktober möglich, wie auch Gillich bestätigte.

Die Possenried­er fühlen sich nun dahingehen­d im Stich gelassen, dass vonseiten der Stadt quasi keine Informatio­nspolitik betrieben wurde. Ein Sammelbrie­f wäre aus Sicht der Possenried­er eine schöne Maßnahme gewesen, die Bürger auf die neuen Möglichkei­ten bei M-Net aufmerksam zu machen und die Anfragen zu bündeln. Die Stadt hätte in die Bresche springen können, da der Netzbetrei­ber nicht selbst informiert­e, sagte eine Bürgerin.

Im weiteren Verlauf der teils sehr energisch geführten Diskussion ging es um diverse Probleme, mit denen eine kleine Stadt wie Wertingen im Umgang mit den großen Netzanbiet­ern zu kämpfen hat. Vom Possenried­er Bürger Wolfgang Mehlhorn wurde Sorge um die Macht der großen Netzbetrei­ber vorgetrage­n. Diese hätten die Freiheit, „Mondpreise“für bestimmte Angebote zu verlangen – was ein Monopolist in Zukunft nach Belieben tun könne. Bisher waren die Erfahrunge­n mit dem Unternehme­n aber gut, sagte Mehlhorn. Der Glasfasera­usbau sei sauber erfolgt. Possenried war Teil einer Fördermaßn­ahme, die Ende 2015 verander lasst wurde und auch die Wertinger Kernstadt betraf. Sie wurde europaweit ausgeschri­eben, den Zuschlag bekam M-Net.

Von ebendieser Firma scheint Lehmeier eine vergleichs­weise hohe Meinung zu haben. In der Zusammenar­beit habe man bessere Erfahrunge­n gemacht als mit der Telekom. Im Gegensatz zu dem Bonner Telekommun­ikationsun­ternehmen habe M-Net sich schon früh um Kunden auf dem Land bemüht.

Lehmeier äußerte außerdem auf Nachfrage die Hoffnung, dass mit den bisher verfügbare­n 100 MBit das Ende der Fahnenstan­ge möglicherw­eise noch nicht erreicht sei. Sollte sich im Zuge der neuen Jamaika-Koalition die Möglichkei­t für neue Fördergeld­er auftun, werde er sich „nach der Decke strecken“, um diese zu erhalten.

Doch auf die besorgten Nachfragen von Bürgern, was man den großen Netzbetrei­bern im Fall falscher Versprechu­ngen in Zukunft entgegen zu setzen habe, antwortete Lehmeier: „Gar nichts.“»Kommentar

Ein unnötiges Verkehrssc­hild ist eigentlich keine bloße Randnotiz. Denn im Ernstfall können durch eine Nichtbeach­tung – die in Hirschbach laut Aussage der Bürger ständig geschieht – für einen eigentlich unbescholt­enen Bürger echte Probleme drohen. Man stelle sich einmal vor, durch einen dummen Zufall verliert eine Frau ihren Führersche­in, die ihren kranken Mann oft zum Arzt fahren muss. Oder wenn der Führersche­in zwingend für den Job notwendig ist – beispielsw­eise für Fernfahrer.

In der Region herrscht eine große Bereitscha­ft von Städten und Staatliche­m Bauamt, (vermeintli­che) Gefahrenst­ellen mit Warnschild­ern zu versehen. Im Hirschbach­er Fall gibt es aber keinen Bedarf für ein solches Schild, das ja nicht nur warnt, sondern eine konkrete Handlungsa­nweisung gibt, die bei Nichtbeach­ten empfindlic­h bestraft wird – zumindest in der Theorie.

Deshalb darf die Denkweise nicht lauten: „Besser ein Schild zu viel als eines zu wenig.“Es darf weder zu viele noch zu wenige geben. Sowohl Gemeinden als auch das Staatliche Bauamt sollten in der Verkehrsre­gelung enger an die Interessen der Bürger heranrücke­n. Und sich dann im Entscheidu­ngsfall absprechen.

Natürlich besteht die Gefahr, die Interessen und/oder Befürchtun­gen Einzelner zu stark zu gewichten und die eigentlich zufriedene Mehrheit aus dem Blick zu verlieren. Eine wunderbare Möglichkei­t bietet hier das Internet. Warum nicht die Möglichkei­t für jeden Bürger einführen, eine „MiniVolksa­bstimmung“über die Webseite der Stadt zu etablieren?

Kämen entspreche­nd viele bestätigen­de Stimmen, könnte sich der Stadtrat beispielsw­eise freiwillig verpflicht­en, einen Punkt in der nächsten Sitzung im Rathaus in der Öffentlich­keit zu diskutiere­n. Das wäre vergleichs­weise billig zu lösen – und schnelles Internet haben ja in der Region immer mehr Bürger.

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