Das alles stört Sie am Krimi-Klassiker „Tatort“
TV Kritik Und, wie fanden Sie den „Tatort“am vergangenen Sonntag? Durchschnitt, meine ich. Das würde vermutlich auch eine Leserin aus Donauwörth sagen, aber sie schaut schon lange keinen „Tatort“mehr, schreibt sie mir. Dafür habe sie meine Medienkolumne gelesen.
In der fragte ich Sie: Gehen Ihnen die „Tatort“-Experimente zu weit? Wie sollte der „Tatort“sein? Die Leserin aus Donauwörth hat dazu eine klare Meinung – und gehörte aus Prinzip nicht zu den 9,32 Millionen Zuschauern, die die Dresdner Folge „Auge um Auge“sahen. Aus grundsätzlichen Erwägungen heraus: Der „ganze Hype um den ,Tatort‘“sei ihr unverständlich. Ebenso die Inflation der Krimis in der Literatur und im Fernsehen. Und: „Auf der einen Seite beklagen wir die zunehmende Gewaltbereitschaft und Verrohung der Gesellschaft, auf der anderen Seite können die Krimis gar nicht blutrünstig genug sein.“So kann man es sehen.
Oder so wie zwei andere Leser, die vom „Tatort“enttäuscht sind. Weil sie ihn nicht (mehr) „als Krimi mit nachvollziehbarer Handlung“empfinden, sondern als „abstruses Konstrukt“. Ein Leser meint: „Seriöse Polizeiarbeit sieht anders aus. Meist im Privat-Pkw unterwegs, allein, unbewaffnet, geschweige denn Schutzweste. Da schau ich mir inzwischen lieber ,Hubert und Staller‘ an. Da weiß ich, woran ich bin.“Und eine Leserin: „Ich bin ,Tatort‘-Fan und oft verärgert über die Umsetzung bestimmt mal gut angedachter Plots.“Sie hat auch nichts dagegen, wenn die Macher mit den Grenzen des Krimi-Genres spielen, damit sich der „Tatort“„vom anderen Krimigedöns im deutschen Fernsehen“abhebt. Ihr Aber folgt sogleich: Aber „Experimentieren“, so schreibt sie, gehe in Deutschland leider meist schief. „Und warum? Ich denke, weil bei den Öffentlich-Rechtlichen den Skriptschreibern viel zu viele Leute reinquatschen, Bedenken anmelden, politisch korrekt bleiben und möglichst irgendwie intellektuell erhaben rüberkommen wollen. Gähn.“Die Leserin schreibt sich in Rage, fährt fort: „Kein Vertrauen in die oft geniale Fantasie von Schreibern, kleinkarierte, ängstliche Hirne an Steuerhebeln, die mit Blick auf Quo te ihre krasse Fehleinschätzung, was ,die Zuschauer‘ sehen wollen, ohne Wenn und Aber durchsetzen. Und sich dann wundern …“So kann man das auch sehen.
Ein Leser aus Zusmarshausen, 71 Jahre alt, würde sich schon freuen, wenn er den „Tatort“akustisch verstehen würde. Die „diesbezügliche Qualität ist erbärmlich“, schreibt er – auch im Namen „vieler anderer Zusmarshausener“. Er habe die ARD bislang vergeblich auf das Problem hingewiesen – und nein, an seinem hochwertigen Fernsehgerät „mit noch hochwertigeren Zusatzboxen“liege es gewiss nicht.
Zurück zum „Tatort“, der „seit so ca. 4 Jahren“auf eine „immer noch mehr sinnlose und verblödende Art und Weise“verkomme. Meint ein weiterer Leser. Ihn nerven vor allem „die cholerischen, vollkommen realitätsentfernten Kommissare“, und dass der „Tatort“regelmäßig in die Sommerpause gehe. Für das bezahle er eigentlich nicht den Rundfunkbeitrag.
Was er will? „Gescheite Unterhaltung“. Sowie eine Antwort der ARD auf seine Mails. Tja, liebe Kollegen: Wäre nicht so schwer, oder? Um die zehn Millionen Zuschauer pro Folge mögen dort allerdings darüber hinwegtäuschen, dass der Frust inzwischen groß sein muss unter „Tatort“-Fans wie jener Frau aus Türkheim, die mir schreibt: „Die letzten Folgen waren – bis auf einige Ausnahmen – so bescheuert oder überfrachtet, dass ich wirklich auf andere Programme umgeschaltet habe.“Dabei sei der „Tatort“doch immer „Pflichtprogramm“für sie gewesen. „So, jetzt bin ich es mal losgeworden“, schreibt sie.
Am Sonntag ist der „Tatort“aus Münster dran mit den ARD-Quoten-Königen Prahl und Liefers, ein „Klamauk-Tatort“. Und, was mancher vergisst, ebenfalls ein Experiment. Denn in der ARD musste man einst Mut haben, um auf einen „Tatort“mit Comedy-Elementen zu setzen. Er ist ein Riesenerfolg.