Ein Tag zum Innehalten
Die Wertinger gedachten den Opfern von Krieg und Gewalt. Pfarrerin Ingrid Rehner zeigt auf, wo Friede beginnt
Wertingen Die Böller klingen über Wertingen hinweg, während die Stadtkapelle das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“spielt. Die Fahnen der Vereine neigen sich vor dem Ehrenmal zu Ehren der Gefallenen der Kriege, der Toten durch Terror und Gewalt. Ernst König, Vorsitzender der Reservisten erinnerte zuvor unter anderem an die Männer, Frauen, Kinder aller Völker, die durch Kriegshandlungen ihr Leben lassen oder darunter leiden mussten. „Doch unser Leben gilt der Hoffnung auf Versöhnung unter Menschen und Völkern und auf Frieden in der Welt.“
Mit Gottesdiensten in der Stadtpfarrkirche St. Martin und der Bethlehemkirche begingen die Wertinger Gläubigen den Volkstrauer- Nach dem katholischen Gottesdienst, den Pater Linto Kallukulangara mit den Kirchenbesuchern feierte, erinnerte Alfred Schneid als Vertreter der Stadt daran, vor lauter Daten, Fakten und Zahlen nicht zu vergessen: „Immer leiden auch Angehörige, Frauen, Männer, Freunde.“Und zwar aller betroffenen Nationen. Trotz des Terrors, der neuen Dimensionen von Gewalt und Unsicherheit, oder gerade deshalb, sei dies ein Tag, um zum Frieden zu mahnen.
Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier bezeichnete in seiner Ansprache in Gottmannshofen und anschließend in der evangelischen Bethlehemkirche den Volkstrauertag als einen „Tag zum Seufzen“. „Darüber, dass Menschen Menschen töten. Dass es Kriege gab und gibt.“Er bezog sich auf einen Arti- kel des Genfer Journalisten Andreas Zumach, der die Welt beschrieb, „wie sie eben ist: Gewalt, Starrsinn, Egoismus und Hass.“Doch am Ende habe Zumach auch positive Beispiele erfolgreicher Gewalteindämmung und -überwindung durch religiöse Akteure genannt.
Lehmeier erinnerte an den Besuch von Kardinal Philipp aus Westafrika in Wertingen. Dieser appellierte an die internationale Gemeinschaft, die Herausforderungen der Friedensarbeit zusammen anzugehen. Der Friede in seinem Land basiere auf dem Austausch und der gegenseitigen Toleranz zwischen Christen, Muslimen und Anhängern der Naturreligionen, den er persönlich begleite und vorantreibe. Wenn Menschen das Leiden sehen und sich für die gequälte Schöpfung einsetzen, sieht Lehmeier das als „Vortag. geschmack“. Denn so müsse er nicht auf den Himmel warten, um Frieden zu erleben.
Auch Pfarrerin Ingrid Rehner gedachte im Gottesdienst der Soldaten, die ihr Leben gelassen haben, der Familien, die verwaist zurückblieben und ihre Lebensgrundlage verloren haben. Das Erinnern mache deutlich, wozu Menschen fähig sind. Im Guten und im Bösen.
Unter anderem erinnerte sie die evangelischen Christen daran, dass Frieden da beginne, „wo ich das erste Wort suche, statt das letzte zu behalten“. Oder „wo ich den anderen auf die Beine helfe, statt ihnen ein Bein zu stellen“.
Mit vielen kleinen Schritten statt mit großen Worten. Nicht nur in den Kriegsgebieten. Auch in den eigenen Familien und unserer eigenen Gesellschaft.