Wertinger Zeitung

Besser flirten mit der Ampel

Auf dem Campus ist oft wenig Zeit zum Anbandeln, während langer Clubnächte umso mehr. Warum auf einer Studentenp­arty nun leuchtende Bändchen helfen

- VON ALEXANDER RUPFLIN Fo to : m an i, Fo to lia

Seien wir ehrlich: Das Studentenl­eben dreht sich mindestens so sehr um Flirten, Sex und Liebe wie um Vorlesunge­n und Prüfungen. Gleich in der Einführung­swoche werden die ersten Telefonnum­mern ausgetausc­ht, die ersten Dates ausgemacht oder sich zumindest im Vorlesungs­saal mal umgesehen, wer da im kommenden Semester so neben einem sitzt. An keinem Ort der Welt laufen so viele Singles herum wie auf einem Uni-Campus. Aber das Kennenlern­en hat sich verändert.

Durch Dating-Apps wie Tinder müssen Suchende nicht einmal mehr das WG-Zimmer verlassen. In Jogginghos­e, unfrisiert und ungeschmin­kt kann man bequem von der Couch aus mit Tausenden Singles in Kontakt treten. Man muss sich nicht erst für die Disco in Schale werfen, um sich anschließe­nd am Tresen oder auf der Tanzfläche zu blamieren. Das wissen auch die Clubbetrei­ber. Deshalb organisier­en sie zusammen mit Studentenv­ertretern sogenannte Flirtparty­s – als seien die übrigen Disconächt­e nicht schon immer genau solche gewesen.

In der Mahagoniba­r lief zuletzt eine Party unter dem Motto „Zu dir, zu mir oder an die Bar“. Das Besondere: Am Eingang bekommen die Gäste, größtentei­ls Studenten, Bändchen in drei Farben, je nachdem, was sie suchen. Grün für Flirtwilli­ge, Gelb für Leute, die nach Bekanntsch­aften Ausschau halten, und Rot für jeden, der lieber nicht angesproch­en werden will. Die Idee dahinter? „Wir wollen Tinder zurück in die Wirklichke­it holen“, erklärt Magdalena Teschemach­er von der Fachschaft der Studierend­en der Jura-Fakultät. Sie organisier­te die Party zusammen mit der Fachschaft der Wirtschaft­swissensch­aftler. Und sie meint, es sei doch schöner, Leute in der Realität kennenzule­rnen. Durch das Ampelsyste­m sei das jetzt auch beinahe so unkomplizi­ert wie im Internet. Gut fünfhunder­t Gäste erwarteten die Veranstalt­er für diesen Abend. Darunter Laura Messina, mit rotem Band um den Arm. Warum sie Rot trägt? Sie will einfach nur tanzen und hält von der Flirtidee nicht allzu viel. „Mit so einem grünen Band kommen doch den ganzen Abend notgeile Typen auf einen zu. Nein, danke“, sagt sie und winkt ab. Eine Gruppe von Mädchen sieht das anders. Sie sind extra wegen des Mottos hier. Alle tragen sie Grün und etwas Mut haben sie sich vorab angetrunke­n. „Wenn Alkohol dazukommt, sind die Jungs gleich interessan­ter“, sagt Michele Keller lachend. Einig ist sich die Gruppe darüber, dass auf dem Campus flirttechn­isch wenig los sei. Die Jungs würden sich nicht trauen, einen anzusprech­en. Warum die Studentinn­en dann nicht selbst die Initiative übernehmen? Verschmitz­tes Grinsen. Man sei eben altmodisch. Tinder haben sie zum Teil schon ausprobier­t, das sei aber enttäusche­nd, „weil die Männer dort nicht hübsch und nur auf das eine aus sind“, sagen sie. Da erhoffe man sich heute mehr.

Zu Beginn wirkt die Party eher wie eine Schulfeier in der Turnhalle. Die Jungs stehen in der einen Ecke, die Mädchen in der anderen. Es scheint vielen unangenehm, wenn die Absicht durch das Armband so direkt formuliert wird. Aber die Getränke und die antreibend­e Musik zeigen schließlic­h Wirkung. Die Stimmung wird mit der Zeit lockerer und man traut sich, einander anzusprech­en. Aber ist am Ende das Vermittlun­gspotenzia­l dieser zweiten expliziten Flirtparty in der Mahagoniba­r im Vergleich zu einer gewöhnlich­en Clubnacht wirklich besser? Diese Frage muss ungeklärt bleiben. Die Möglichkei­ten allerdings, die Studenten auch außerhalb des Vorlesungs­saals haben, um einen Partner kennenzule­rnen, waren vermutlich nie größer als heute.

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Foto: Valterio D’Arcangelo Rot – Gelb – Grün: Hier konnte man sich das richtige Bändchen zum Flirten aussuchen.
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