Besser flirten mit der Ampel
Auf dem Campus ist oft wenig Zeit zum Anbandeln, während langer Clubnächte umso mehr. Warum auf einer Studentenparty nun leuchtende Bändchen helfen
Seien wir ehrlich: Das Studentenleben dreht sich mindestens so sehr um Flirten, Sex und Liebe wie um Vorlesungen und Prüfungen. Gleich in der Einführungswoche werden die ersten Telefonnummern ausgetauscht, die ersten Dates ausgemacht oder sich zumindest im Vorlesungssaal mal umgesehen, wer da im kommenden Semester so neben einem sitzt. An keinem Ort der Welt laufen so viele Singles herum wie auf einem Uni-Campus. Aber das Kennenlernen hat sich verändert.
Durch Dating-Apps wie Tinder müssen Suchende nicht einmal mehr das WG-Zimmer verlassen. In Jogginghose, unfrisiert und ungeschminkt kann man bequem von der Couch aus mit Tausenden Singles in Kontakt treten. Man muss sich nicht erst für die Disco in Schale werfen, um sich anschließend am Tresen oder auf der Tanzfläche zu blamieren. Das wissen auch die Clubbetreiber. Deshalb organisieren sie zusammen mit Studentenvertretern sogenannte Flirtpartys – als seien die übrigen Disconächte nicht schon immer genau solche gewesen.
In der Mahagonibar lief zuletzt eine Party unter dem Motto „Zu dir, zu mir oder an die Bar“. Das Besondere: Am Eingang bekommen die Gäste, größtenteils Studenten, Bändchen in drei Farben, je nachdem, was sie suchen. Grün für Flirtwillige, Gelb für Leute, die nach Bekanntschaften Ausschau halten, und Rot für jeden, der lieber nicht angesprochen werden will. Die Idee dahinter? „Wir wollen Tinder zurück in die Wirklichkeit holen“, erklärt Magdalena Teschemacher von der Fachschaft der Studierenden der Jura-Fakultät. Sie organisierte die Party zusammen mit der Fachschaft der Wirtschaftswissenschaftler. Und sie meint, es sei doch schöner, Leute in der Realität kennenzulernen. Durch das Ampelsystem sei das jetzt auch beinahe so unkompliziert wie im Internet. Gut fünfhundert Gäste erwarteten die Veranstalter für diesen Abend. Darunter Laura Messina, mit rotem Band um den Arm. Warum sie Rot trägt? Sie will einfach nur tanzen und hält von der Flirtidee nicht allzu viel. „Mit so einem grünen Band kommen doch den ganzen Abend notgeile Typen auf einen zu. Nein, danke“, sagt sie und winkt ab. Eine Gruppe von Mädchen sieht das anders. Sie sind extra wegen des Mottos hier. Alle tragen sie Grün und etwas Mut haben sie sich vorab angetrunken. „Wenn Alkohol dazukommt, sind die Jungs gleich interessanter“, sagt Michele Keller lachend. Einig ist sich die Gruppe darüber, dass auf dem Campus flirttechnisch wenig los sei. Die Jungs würden sich nicht trauen, einen anzusprechen. Warum die Studentinnen dann nicht selbst die Initiative übernehmen? Verschmitztes Grinsen. Man sei eben altmodisch. Tinder haben sie zum Teil schon ausprobiert, das sei aber enttäuschend, „weil die Männer dort nicht hübsch und nur auf das eine aus sind“, sagen sie. Da erhoffe man sich heute mehr.
Zu Beginn wirkt die Party eher wie eine Schulfeier in der Turnhalle. Die Jungs stehen in der einen Ecke, die Mädchen in der anderen. Es scheint vielen unangenehm, wenn die Absicht durch das Armband so direkt formuliert wird. Aber die Getränke und die antreibende Musik zeigen schließlich Wirkung. Die Stimmung wird mit der Zeit lockerer und man traut sich, einander anzusprechen. Aber ist am Ende das Vermittlungspotenzial dieser zweiten expliziten Flirtparty in der Mahagonibar im Vergleich zu einer gewöhnlichen Clubnacht wirklich besser? Diese Frage muss ungeklärt bleiben. Die Möglichkeiten allerdings, die Studenten auch außerhalb des Vorlesungssaals haben, um einen Partner kennenzulernen, waren vermutlich nie größer als heute.