Im Visier
Die Beamten Willibald Bock und Josef Mayer sind für alle Verkehrsthemen zuständig – auch für Lasermessungen. Auf was es ihnen dabei ankommt und warum die Geschwindigkeitskontrollen so wichtig sind
Dillingen Josef Mayer schnappt sich die weiß-rote Kelle und eilt auf die Straße. Der Fahrer des schwarzen Autos sieht den Polizeibeamten von Weitem, bremst langsam ab und biegt in den Feldweg vor dem kleinen Waldstück ein. Er stellt den Motor seines Pkw ab und lässt die Fahrerscheibe herunter. Der junge Mann weiß, warum er aufgehalten wurde. Er ist zu schnell gefahren. Mayer erklärt ihm, dass ein Bußgeld fällig ist, und blättert in einem kleinen Katalog mit allen Zahlen, Fakten und Richtlinien. Sein Kollege Willibald Bock steht zwischenzeitlich neben ihm. In der Hand hält er das Lasergerät. Digital ist deutlich zu lesen: 95. 15 Stundenkilometer mehr als erlaubt. „Haben Sie die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht gesehen?“, fragt Bock mit einem Schmunzeln. Nein, hat er nicht. Er ist in Gedanken gewesen, erzählt der blonde Mann mit Brille. Nach Toleranzabzug muss er sich nun für zwölf Stundenkilometer zu viel in der 80er-Zone zwischen Höchstädt und Binswangen verantworten. „Es gibt keinen Grund zu diskutieren, ich zahle gleich bar“, sagt er und zückt seinen Geldbeutel. 20 Euro sind fällig, die Quittung gibt es prompt von Josef Mayer.
Bei Weitem nicht alle Verkehrsteilnehmer haben so viel Einsicht. Die erfahrenen Beamten der Polizeiinspektion Dillingen können einige andere Geschichten aus ihrem Alltag erzählen. Bock, 52, Polizeihauptkommissar, und Mayer, 36, Polizeioberkommissar, sitzen nicht nur an diesem Tag gemeinsam im Polizeiauto, sondern teilen sich auch ein Büro – das Verkehrsbüro, wie sie es nennen. Bei den beiden Männern landet alles auf dem Schreibtisch, was auch nur im entferntesten mit Verkehr zu tun hat. Lasermessungen sind dabei nur ein Aspekt.
Die größte Arbeit und ihr tägliches Brot ist die Qualitätssicherung. Das heißt: Verkehrsunfälle, die die Kollegen von der Schicht bearbeiten, müssen von Mayer und Bock im zweiten Schritt noch intensiver begutachtet werden. Es gibt bestimmte Richtlinien für die Unfallaufnahme, die eingehalten werden müssen, offene Fragen müssen geklärt und alles in doppelter, schriftlicher Ausführung festgehalten werden. „Wir sind keine Kontrolle, sondern eine Unterstützung für die Kollegen im Schichtbetrieb“, erklärt Josef Mayer, der seit 2001 bei der Polizei ist und seit wenigen Wochen kommis- sarisch das Sagen im Verkehrsbüro in Dillingen hat. Mayer: „Die Kollegen kategorisieren schon, wir werten die Verkehrsunfälle im Detail aus.“Dazu zählt auch Statistikarbeit. Wo gibt es Unfallschwerpunkte im Landkreis Dillingen? Gibt es bestimmte Jahreszeiten, in denen sich Unfälle häufen? Wie viele Unfälle gab es in einem Jahr mit tödlichem Ausgang? Welches Alter hatten die Unfallbeteiligten? All diese und noch mehr Fragen können Bock und Mayer beantworten. „Und das müssen wir, weil wir auch gefragt sind, wenn es um Vermeidung von Gefahrenstellen geht“, erläutert Willibald Bock.
Seit mehr als 35 Jahren ist er bei der Polizei. Unter anderem war er schon ab 1997 für die Verkehrsthemen im Bereich Wertingen zuständig. Bock kennt den Landkreis und seine Tücken. „Aber wir können sagen: Einen richtigen Unfallschwerpunkt haben wir nicht und schwere Unfälle sind nicht von Jahreszeiten abhängig – auch wenn natürlich Nebel, Erntearbeiten und Wildwechsel gefährliche Faktoren sind und mit die häufigsten Ursachen für Unfälle“, sagt der 52-Jährige. Ihn beschäftigt auch die immer steigende von Unfallfluchten, die es im Landkreis definitiv gibt. Bock ist auch gefragt, wenn es darum geht, Straßen oder Kreuzungsbereiche zu entschärfen. „Oft sind es kleine Maßnahmen, die viel bewirken. Wichtig ist, dass ich das sehe, was die Verkehrsteilnehmer sehen.“
Deshalb müssen die beiden Polizeibeamten immer wieder zu Verkehrsschauen und sind Mitglieder bei Unfallkommissionen. Sie sind zudem Verbindungsbeamte im Katastrophenfall. Bock und Mayer sind auch gefragt, wenn beispielsweise neue Wanderwege geplant werden. Die Polizei, so erklären sie es, hat dabei die beratende Funktion. Eingeschritten wird nur bei Gesetzesbruch. „Wir sind beratende Experten und keine Entscheidungsträger“, sagt Mayer und: „Wir leben in einem Landkreis mit sehr guter Infrastruktur.“Und da gehören regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen dazu – unangekündigt im Rahmen von Schwerpunktmaßnahmen oder je nach Lage ungekündigt. „Auch die Kollegen im Schichtbetrieb können Lasermessungen vornehmen. Da gibt es keine Absprachen“, erklärt der 36-jährige Mayer. Neben den Geschwindigkeitskontrollen der Polizei und der Verkehrsüberwachung Donauwörth gibt es auch die Messungen der Kommunen. „Unser Ziel ist es nicht, Geld damit zu verdienen, sondern uns geht es um die Sicherheit“, sagt Willibald Bock. Deshalb stehen er oder seine Kollegen unter anderem an Schulwegen.
So auch in Höchstädt in der Prinz-Eugen-Straße. Erlaubt sind 20 Stundenkilometer – zum Schutz der Kleinen. Es ist kurz nach 12 Uhr an diesem Montag, Bock steht mit der Laserpistole bereit. Und es dauert nicht lange, bis er den ersten Autofahrer erwischt. Der ist aber nicht zu schnell gefahren. „Schaut mal nach dem Kind auf dem Vordersitz“, ruft Bock zwei jungen Kollegen, die zur Unterstützung vor Ort sind, zu. Der kleine Bub sitzt ohne Kindersitz auf dem Beifahrersitz, er ist kaum von außen zu sehen. „Das ist zu gefährlich, er ist nicht ausreichend gesichert“, erklärt Mayer.
40 Euro kostet das den Familienvater, der sofort einsichtig ist – was im Übrigen die meisten VerkehrsAnzahl teilnehmer sind, wenn sie von Mayer und Bock aufgehalten werden. „Wir sind in der Regel immer freundlich. Wir versuchen immer eine Belehrung auf emotionaler Ebene zu machen, das wirkt am besten.“
Bei den vier jungen Mädchen, die in dem kleinen Auto sitzen, wirkt das auch. Zumindest hinterlassen die 25 Euro Bußgeld für die 16 Stundenkilometer zu viel in der 20er-Zone Eindruck. „So viel?“, sagt die Fahrerin und muss sich von ihren Mitschülerinnen das Geld leihen. „Was nix kostet, ist nix wert. So ist das auch bei uns“, sagt Polizeihauptkommissar Bock. Trotzdem, und das betonen die beiden Beamten der Polizeiinspektion Dillingen immer wieder, haben ihre Geschwindigkeitskontrollen nur einen Sinn: die Vermeidung von Unfällen. Und die beiden haben schon viele gesehen. „An einige erinnert man sich sehr genau. Da bleibt mir jetzt noch ein Kloß im Hals stecken. Keiner übermittelt gern schlechte Nachrichten“, sagt Josef Mayer. Trotzdem handeln sie immer nach Verhältnismäßigkeit. Denn: „Auch wir sind Autofahrer und nicht päpstlicher wie der Papst.“
Eine sehr gute Infrastruktur