Deutschlands jüngster Abgeordneter
Der FDP-Politiker Roman Müller-Böhm hat mit 24 Jahren einen rasanten Aufstieg hingelegt. Doch den Job im Bundestag könnte der Student bald schon wieder los sein
Den Titel des jüngsten Bundestagsabgeordneten kann Roman Müller-Böhm niemand mehr nehmen. Egal, was noch auf ihn einprasseln mag. Und eingeprasselt ist viel auf den 24-Jährigen in letzter Zeit. Zuerst tauchten fragwürdige Geschäftspraktiken Müller-Böhms auf. Dann platzten die Jamaika-Gespräche. Jetzt muss der junge Mann aus Mülheim an der Ruhr sogar um seinen Job bangen. Doch der Reihe nach.
Bevor Müller-Böhm Parlamentarier wurde, gründete er eine Firma. Das ist nicht verwerflich, vor allem nicht in seiner Partei, der FDP. Doch dann erhielt sein Unternehmen Werbeaufträge von den Jungen Liberalen (Julis), der Jugendorganisation der FDP. Das Problem: Es war Müller-Böhm selbst, der diese Aufträge mit Zustimmung des Landesvorstands vergab. Denn zu dieser Zeit war Müller-Böhm auch Schatzmeister der Julis in Nordrhein-Westfalen. Die Welt machte die Geschichte publik. MüllerBöhm ist die Sache unangenehm. Seine sonst so flüssigen Formulierungen werden abgehackter, seine sonst so kräftige Stimme leiser. Der Mann, der mit seinem nach hinten gekämmten Haar und der schwarzen Brille älter wirkt als Mitte 20, sagt dann Sätze wie „doof, wie es gelaufen ist“und „ich weiß, dass ich offener damit umgehen hätte müssen“. Er betont aber, keine Gelder veruntreut zu haben. Auch der Landeskongress der Julis stellte keinen finanziellen Schaden fest.
MüllerBöhm hat lehrreiche Wochen hinter sich. Wahlkampf, Bundestagseinzug trotz des mittelprächtigen Listenplatzes 18, Medienrummel. Das muss selbst ein selbstsicherer Mann wie er erst einmal verdauen. Eines hat Müller-Böhm anderen Bundestagsneulingen voraus. Er hat schon eine Wohnung, in BerlinCharlottenburg, zusammen mit seiner Freundin, die weiterstudiert, während er, der Jurastudent im zehnten Semester, nun Gesetze beschließt. Oft sieht er sein Zuhause aber nicht. Denn das Leben als Abgeordneter, sagt Müller-Böhm, sei ganz schön stressig. Für Hobbys wie Kochen und Fotografieren bleibe ihm kaum Zeit.
2010 trat Müller-Böhm in die FDP ein. Deren strikter Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung hatte ihn überzeugt. Zwei Jahre später wurde er Mülheimer Jugendstadtrat, sieben Jahre später Spitzenkandidat seiner Partei im Heimatwahlkreis Oberhausen-Wesel III. Nun hat er sein eigenes Team: einen Büroleiter und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, allesamt nicht viel älter als er.
Noch arbeitet Müller-Böhm samt Stab in einem kaum 20 Quadratmeter großen Zimmer. Ein eigenes Büro soll er spätestens im nächsten Frühjahr beziehen. Wenn sich der Bundestag bis dahin nicht schon aufgelöst hat. Müller-Böhm weiß, dass es für ihn bei Neuwahlen knapp werden könnte. Schon ein leicht schlechteres Abschneiden der FDP als im September könnte ihn den Job kosten. Andreas Baumer