Wertinger Zeitung

Die drei Weisen aus dem Bayernland

Barbara Stamm, Theo Waigel und Edmund Stoiber sollen der CSU den Frieden bringen. Nur wer kämpft hier für wen?

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Es ist ein bisschen wie beim FC Bayern München. Seit dort die alte Garde wieder den Ton angibt, hat der deutsche Dauermeist­er zu alter Form und Größe zurückgefu­nden. Bei den Fußballern rissen Jupp Heynckes, Uli Hoeneß oder Doktor Müller-Wohlfahrt das Ruder herum, in der CSU ruhen alle Hoffnungen auf Barbara Stamm, Theo Waigel und Edmund Stoiber.

Die drei Altvordere­n sollen gemeinsam mit dem Noch-Vorderen Horst Seehofer einen Zukunftspl­an aufstellen. Und die Zeit drängt: Schon in eineinhalb Wochen muss die Lösungsfin­dungskommi­ssion eine Antwort auf die verworrene Machtfrage vorlegen. Erfahrung mit innerparte­ilichen Grabenkämp­fen haben die Beteiligte­n jedenfalls. Die beiden Ehrenvorsi­tzenden Waigel und Stoiber lieferten sich jahrelang einen erbitterte­n und nicht immer fairen Kampf um die Macht in der CSU. Stoiber war am Ende der Härtere und verdrängte seinen Kontrahent­en von der Parteispit­ze. Doch später musste er selbst feststelle­n, dass diese Partei nicht zimperlich ist, wenn es darum geht, einen angeschlag­enen Anführer loszuwerde­n.

Dass Seehofer ausgerechn­et gemeinsam mit den alten Granden einen neuen Anfang starten will, mag zunächst kurios erscheinen. Der Al- des Quartetts liegt immerhin bei beachtlich­en 73,75 Jahren. Schon spricht man, halb spöttisch, halb anerkennen­d von den „Drei Weisen aus dem Bayernland“. Doch der überrasche­nde Schachzug, das Schicksal der CSU in die Hände von verdienten Persönlich­keiten zu legen, die selbst nichts mehr werden wollen, ist durchaus plausibel. Die Frage ist nur: Wer kämpft hier für wen?

Stoiber ist der politische Ziehvater von Seehofers Erzrivalen Markus Söder, den er einst zu seinem Generalsek­retär machte. Söder dankte es ihm mit Loyalität. „Ich bleibe mein Leben lang Stoiberian­er“, sagte er, als die Partei seinen Mentor bereits vom Hof gejagt hatte. Auch wenn Stoiber sich mit Seehofer ganz gut arrangiert hat, ist es nahezu ausgeschlo­ssen, dass er ein Personalta­bleau mittragen würde, in dem sein Zögling Söder leer ausginge.

Schon etwas schwierige­r einzuschät­zen sind die Motive des anderen CSU-Ehrenvorsi­tzenden. Waigel gilt nicht gerade als glühender Seehofer-Anhänger. Dessen Hang zum Populismus hat ihm noch nie gefallen. Im Frühjahr, als das Verhältnis zwischen dem Ministerpr­äsidenten und der Kanzlerin noch heillos zerrüttet war, gründete Waigel gemeinsam mit mehreren altgedient­en CSU-Größen wie Alois Glück oder Michael Glos eine „Wählerinit­ersdurchsc­hnitt tiative für Angela Merkel“. Früher als andere hat er erkannt, dass die Wähler keine zerstritte­nen Parteien mögen. Waigels Zweifel an Seehofer bedeuten aber noch lange nicht, dass er sich auf die Seite des Stoiberian­ers Söder schlagen wird. Der langjährig­e Bundesfina­nzminister will nun im Sinne der Partei „den Weg mitgehen“, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung sagt. Ob er von Seehofers Anruf am Donnerstag­abend überrascht war? „Ach wissen Sie, überrasche­n würde mich höchstens ein Anruf des Papstes“, antwortet Waigel mit einem Augenzwink­ern. Er will sich jetzt zunächst einmal in Ruhe mit dem Parteichef über die verfahrene Situation unterhalte­n.

Und Barbara Stamm? Die kommt zwar aus Franken, also aus SöderLand, wird aber dem Seehofer-Lager zugeordnet. Kann die Landtagspr­äsidentin als Vermittler­in eine ausgleiche­nde Rolle spielen? Sie wird es versuchen. Schon lange macht es ihr zu schaffen, dass die beiden Herren sich bis zuletzt so wenig Mühe gaben, ihre gegenseiti­ge Abneigung zu überwinden. Stamm ist überzeugt, dass auch viele CSU-Anhänger diesen Dauerstrei­t als abstoßend empfinden. „Die Leute fragen: Wie geht Ihr eigentlich miteinande­r um?“, erzählte sie neulich in einer Talkshow. Nun liegt es auch an ihr, der CSU den lange ersehnten Frieden zu bringen.

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