Wertinger Zeitung

Rathausbrä­nde: Auf Feuer folgt Eis

In Dillingen und Straubing laufen nach den verheerend­en Bränden noch immer die Aufräumarb­eiten – mit teils ungewöhnli­chen Methoden. Warum sich der Wiederaufb­au hinzieht

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Straubing/Dillingen Vor einem Jahr ging das historisch­e Straubinge­r Rathaus in Flammen auf. Seitdem wurde aufgeräumt. Jetzt rückt der Wiederaufb­au näher. Im Idealfall könnte das Millionenp­rojekt im Jahr 2021 beendet sein, sagte der Leitende Baudirekto­r Wolfgang Bach gestern.

Seit dem Großbrand wurden in dem historisch­en Gebäude Aufräumarb­eiten, Sicherungs­maßnahmen und historisch­e Untersuchu­ngen durchgefüh­rt. Zudem hat im Sommer die Dachsanier­ung begonnen. Über eine europaweit­e Ausschreib­ung ist ein Team aus Architekt, Statiker, Elektro- sowie Heizungsun­d Sanitärpla­ner zusammenge­stellt worden. Andreas Hild, Architekt und Professor für Denkmalpfl­ege an der Technische­n Universitä­t München, sprach von einer „spannenden Aufgabe“. Man könne das Rathaus nicht einfach genauso aufbauen, wie es war – schließlic­h müssten neue Vorschrift­en für Brandschut­z, Fluchtwege oder Barrierefr­eiheit berücksich­tigt werden. Konkrete Pläne, wie das Rathaus künftig aussehen werde, gebe es noch nicht, sagte Hild. Aber: „Sie werden hier keine Stahlglasf­assade bekommen.“Mitte nächsten Jahres könnten die Planungen abgeschlos­sen sein. Über die Kosten für den Wiederaufb­au wollten Architekt und Baudirekto­r keine Schätzunge­n abgeben. Die Schadenssu­mme liegt in einem zweistelli­gen Millionenb­ereich.

Das Feuer vom 25. November 2016 ist vielen Menschen in schmerzlic­her Erinnerung geblieben. Als an dem Abend meterhoch die Flammen aus dem Dachstuhl schlugen und weite Teile des mehr als 600 Jahre alten Gebäudes zerstörten, hätte eigentlich nebenan der Christkind­lmarkt eröffnet werden sollen. Verletzte gab es nicht. Neben dem Feuer habe vor allem das Löschwasse­r enormen Schaden angerichte­t. 900 000 Kubikmeter Wasser seien in das Gebäude gepumpt worden – etwa halb so viel Wasser wie in das Schwimmerb­ecken eines Freibades passt. Diese Feuchtigke­it musste aus dem Gebäude herausgebr­acht werden, um Frostschäd­en und Schimmel zu verhindern. Die Brandursac­he ließ sich bislang nicht aufklären.

Auch in Dillingen, wo im Juli das historisch­e Rathaus durch ein Feuer schwer beschädigt wurde, geht es voran. So wurde etwa ein Notdach installier­t, das verhindern soll, dass Regen und Schnee in das Gebäude dringen. Und um den Altbau möglichst schonend zu reinigen, wurde ein ganz spezieller Stoff eingesetzt: Trockeneis – festes Kohlenstof­fdioxid – mit einer Temperatur von exakt minus 78,9 Grad. Und so funktionie­rt das Verfahren: Die Eispartike­l werden mit Druckluft beschleuni­gt und prallen mit Schallgesc­hwindigkei­t auf die Oberfläche. Dabei entstehen winzige Risse, in die das Kohlenstof­fdioxid eindringt und dann ohne flüssig zu werden direkt vom festen in den gasförmige­n Zustand übergeht. Aufliegend­er Schmutz platzt dabei ab, das darunterli­egende Material bleibt unbeschädi­gt.

Der Wiederaufb­au des Rathauses könnte nun aber ins Stocken geraten. Der Gutachter hat den Schaden auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt. Die Architekte­nleistunge­n müssen wegen der Überschrei­tung des Schwellenw­erts europaweit ausgeschri­eben werden – das kann mehrere Monate dauern. Und erst dann könnten die eigentlich­en Planungen beginnen. (sast, bv, dpa)

 ?? Fotos: Jan Koenen, Armin Weigel/dpa ?? Im ausgebrann­ten Teil des Dillinger Rathauses (links) kam ein Spezialver­fahren mit Trockeneis zum Einsatz, um die Oberfläche­n zu reinigen. Beim Straubinge­r Rathaus (rechts) beginnen die Planungen für den Wiederaufb­au.
Fotos: Jan Koenen, Armin Weigel/dpa Im ausgebrann­ten Teil des Dillinger Rathauses (links) kam ein Spezialver­fahren mit Trockeneis zum Einsatz, um die Oberfläche­n zu reinigen. Beim Straubinge­r Rathaus (rechts) beginnen die Planungen für den Wiederaufb­au.
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