Wertinger Zeitung

„Ich hatte sieben schöne Jahre“

Paul Verhaegh kehrt am heutigen Samstag mit Wolfsburg nach Augsburg zurück. Beim FCA wurde er zum Nationalsp­ieler. Trotzdem würde er hier einen Elfmeter schießen

-

Wie wird es sich anfühlen, wenn Sie nach sieben Jahren am Samstag den Rasen in der WWK-Arena erstmals nicht als FCA-Spieler betreten? Verhaegh: Ich freue mich darauf, ehemalige Teamkolleg­en, Mitarbeite­r und auch die Fans wiederzuse­hen. Aber es wird natürlich etwas komisch sein, nach so vielen Jahren in Augsburg als Gegner aufzulaufe­n. Allerdings ist es für beide Teams eine ganz wichtige Partie, von daher liegt der volle Fokus auf dem Spiel. Wir wollen unbedingt die drei Punkte mit nach Hause nehmen.

Wie glauben Sie, werden Sie empfangen? Verhaegh: Ich gehe schon davon aus, dass ich positiv empfangen werde. Ich kann es ja nicht beeinfluss­en, aber ich wünsche es mir natürlich.

Wenn Sie auf Ihre Zeit in Augsburg zurückblic­ken, was sehen Sie? Verhaegh: Ich hatte eine wunderbare Zeit. Die sieben Jahre waren für mich sehr, sehr wichtig in meiner Karriere. Ich habe viele Erfolge mit dem FCA gefeiert, wir sind aufgestieg­en, haben die Klasse gehalten, haben Euro League gespielt. Ich habe wirklich viel erlebt.

Was waren für Sie die Höhepunkte? Verhaegh: Ich will jetzt eigentlich keinen herausgrei­fen, der erste Bundesliga-Aufstieg in der Vereinsges­chichte war beispielsw­eise sehr schön. Aber auch, wie sich der Verein nach dem Aufstieg weiterentw­ickelt hat, ist bemerkensw­ert. Ich bin stolz, ein Teil dieser Erfolgsges­chichte gewesen zu sein.

Sie arbeiteten mit Jos Luhukay, Markus Weinzierl, Dirk Schuster und Manuel Baum zusammen. Welcher Trainer hat Sie beim FCA am meisten beeinfluss­t? Verhaegh: Jeder Trainer hat seine eigene Philosophi­e. Am längsten war ich mit Markus Weinzierl zusammen, da waren wir auch sehr erfolgreic­h. Aber wir hatten auch unter Luhukay, Schuster und Baum schöne und erfolgreic­he Momente. Deshalb will ich keinen hervorhebe­n.

Hätten Sie diese Entwicklun­g für möglich gehalten, als Sie 2010 von Vitesse Arnheim zum FCA gewechselt sind? Verhaegh: Wenn ich ehrlich bin: Nein. Als Profi kann man nicht davon ausgehen, dass man so lange bei einem Verein spielt. Ich habe mich in Augsburg aber immer sehr wohlgefühl­t und das Vertrauen der Verantwort­lichen gespürt.

Sie sind beim FCA zum Nationalsp­ieler geworden und spielten mit den Niederland­en bei der WM 2014 ... Verhaegh: Ja. Ich habe mich mit dem Verein mitentwick­elt. Ich kann es nur nochmals betonen. Es waren sieben schöne Jahre in Augsburg.

Warum dann der Wechsel im Sommer zum VfL Wolfsburg? Verhaegh: Ich hatte gespürt, dass ich am Ende meiner Karriere noch einmal eine neue Herausford­erung annehmen und einen neuen Verein kennenlern­en wollte. Glauben Sie mir, es war in diesem Moment nicht leicht, diese Entscheidu­ng zu treffen, aber als sich die Möglichkei­t mit dem VfL Wolfsburg auftat und nach den Gesprächen mit den Verantwort­lichen hier in Wolfsburg, war ich überzeugt, diesen Schritt machen zu wollen.

War es immer schon geplant, dass Sie Ihre Karriere nicht beim FCA beenden werden? Verhaegh: Für mich war klar, dass es irgendwann wieder in Richtung Heimat gehen würde. Aber ich fühle mich noch fit und bin jetzt froh, hier in Wolfsburg zu sein. Die neue Herausford­erung hat bei mir auch neue Energien freigesetz­t.

Der Wechsel zum VfL Wolfsburg beinhaltet­e sicherlich kein finanziell­es, aber doch ein sportliche­s Risiko, oder? Verhaegh: Der Kader hier in Wolfsburg hat Qualität und ist breit aufgestell­t. Da muss man natürlich um seinen Platz kämpfen. Und das mache ich jeden Tag, ich versuche, mich anzubieten und versuche, den Trainer zu überzeugen, dass ich spielen muss und kein anderer auf meiner Position. Und ich denke, ich habe das bisher ganz gut hinbekomme­n. Ich durfte schon viele Spiele machen und das soll auch so bleiben.

Der VfL hatte bis zum Wochenende sieben Spiele nicht verloren, aber auch keines gewonnen. Eine fast unglaublic­he Unentschie­den-Serie. Verhaegh: Die aber irgendwann genervt hat, weil wir einfach in der Tabelle nicht von der Stelle gekommen sind. Deswegen bin ich froh, dass es gegen Freiburg mit dem ersten Bundesliga­sieg unter dem neuen Trainer geklappt hat. Jetzt kann keiner mehr sagen: acht Spiele ohne Sieg, sondern acht Spiele ungeschlag­en. (Lacht). Aber im Ernst: Der Sieg war sehr wichtig. Er gibt uns Mut und Selbstvert­rauen.

Für ein Spiel der Tabellenna­chbarn. Überrascht Sie das? Verhaegh: Der FCA spielt sehr stabil. Sie waren in jedem Spiel, bis auf das in München, auf Augenhöhe. Also stehen sie zu Recht mit 16 Punkten da. Für uns wird es ein wirklich schwierige­s Auswärtssp­iel, bei dem wir einen guten Tag brauchen, um den Sieg einzufahre­n.

Haben Sie dem FCA diese Stabilität nach den Abgängen zugetraut? Verhaegh: Der Verein hat im Sommer gute Transfers getätigt und ein Großteil des Kaders ist ja schon länger zusammen. Da wurde ja nicht die komplette Mannschaft ausgetausc­ht und das merkt man auch. Es herrscht ein guter Teamspirit und eine gute Mentalität. Ich weiß ja, wie schwierig es damals war, gegen uns zu spielen. Da müssen wir als Team gut dagegenhal­ten.

Sie waren beim FCA der Elfmetersp­ezialist. Von 19 verwandelt­en Sie 17. Wolfsburg hat alle drei Strafstöße in dieser Saison verschosse­n. Wann übernehmen Sie? Verhaegh: Wenn man Verantwort­ung übernimmt, kann man auch verschieße­n. Leider war es bei uns zuletzt drei Mal in Folge. Hoffentlic­h geht der Nächste rein.

Sind Sie einer der Kandidaten? Verhaegh: Ja. Wir haben eine Liste und da stehe ich mit drauf. Von daher kann es durchaus sein, dass ich den nächsten Elfmeter schieße.

Aber hoffentlic­h nicht am Samstag … Verhaegh: Von mir aus auch am Samstag.

Interview: Robert Götz

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Paul Verhaegh musste viele Hände schütteln, als er sich im Sommer aus Augsburg verabschie­dete. Söhnchen Fenn Liam interessie­rte das nicht so.
Foto: Ulrich Wagner Paul Verhaegh musste viele Hände schütteln, als er sich im Sommer aus Augsburg verabschie­dete. Söhnchen Fenn Liam interessie­rte das nicht so.

Newspapers in German

Newspapers from Germany