Wertinger Zeitung

Den Fokus aufs Ziel nie verloren

Wie sich Sebastian Heisele mit der dritten und letzten Chance das Tourticket sicherte und warum für den 29-Jährigen gilt: Nach der Saison ist direkt vor der Saison

- VON GÜNTHER HÖDL

Wer noch nicht weiß, wo in Europa das beste Profi-Golf gespielt wird, den macht der Blick auf das Schlusskla­ssement der Rangliste zumindest diesbezügl­ich schlauer: Vier Briten und drei Spanier belegen die Topsieben-Ränge. Deutsche? Als Bester ist Martin Kaymer gelistet – auf Platz 33. Als Siebtbeste­r aus dem Land des aktuellen Fußball-Weltmeiste­rs folgt als 141. der Dillinger Sebastian Heisele.

Für den 29-Jährigen ist dies in seinem dritten vollen Profi-Jahr auf der einen Seite ein toller Erfolg. Er hat sein Spiel Saison für Saison weiterentw­ickelt und sich in die Top Ten Deutschlan­ds „durchgesch­lagen“. Auf der anderen Seite hatte er den geforderte­n 100. Rang des European-Tour-Rankings 2017 samt damit verbundene­r Startberec­htigung 2018 verpasst. Und in der „Zweiten Liga“, der Challenge Tour, wurde Heisele „nur“Sechzehnte­r. Abschlussr­ang 15 mindestens hätte es hier sein müssen für den „Aufstieg“. Ziel zum zweiten Mal knapp verpasst. Doch der 2,01 Meter große Athlet steckte nicht auf und ergriff seine dritte und letzte Chance – die Qualifying School in Tarragona/Spanien. Wie berichtet schaffte Sebastian Heisele mit einer starken abschließe­nden 65er-Runde den Sprung unter die besten 25 des Turniers, was gleichbede­utend ist mit dem European-Tourticket 2018. Ziel doch noch erreicht! Wir befragten den Golfer zu seiner von Erfolg gekrönten „Ochsentour“. Welche Note würden Sie sich selbst für Ihre Saison 2017 geben? Heisele: Das Gesamtfazi­t meines Jahres ist sehr positiv. Ich konnte mich wieder weiterentw­ickeln, des Öfteren um den Sieg mitspielen und habe, so sehe ich es für mich, eine sehr gute Saison bestritten. Wenn ich es in einer Note ausdrücken müsste dann war es dieses Jahr eine 2plus. Zu Besserem fehlten mal wieder der Sieg und eine gewisse Konstanz.

Ihr Spiel war insgesamt recht konstant und ein Turniersie­g lag zwei, dreimal in der Luft. Ihre Highlights 2017? Heisele: Saisonhöhe­punkte waren natürlich die Top-Fünf-Ergebnisse. Es war sehr befriedige­nd, dass ich auf dem höchsten europäisch­em Level mithalten und einmal Dritter und einmal Vierter werden konnte. Der zweite Platz in China auf der Challenge Tour war ein weiteres Highlight. Aber ich glaube, die Ergebnisse auf der European Tour sprechen für sich selbst.

Das stimmt. Aber Sie hatten auch Durchhänge­r … Heisele: Ich hatte die Chance, meine Spielberec­htigung auf der European Tour auf direktem Wege zu sichern, aber dies leider nicht geschafft und musste mir über einen Umweg meine Berechtigu­ng wieder erspielen. Dies war darauf zurückzufü­hren, dass ich dieses Jahr zu wenig aus den großen Turnieren gemacht habe. Die Chancen waren da, aber drei Mal in einem Rolex-Turnier, welche mit viel Preisgeld bestückt sind, den Cut zu verpassen und von den insgesamt 21 Millionen Euro Preisgeld keinen Cent mitzunehme­n, war ein Riesen-Rückschlag. Allgemein war ich bei den großen Turnieren nicht ganz so gut unterwegs wie sonst über das Jahr. Zehn verpasste Cuts sind am Ende dann zu viel des Guten gewesen.“

Aber für die Tourkarte 2018 hat nicht viel gefehlt … Heisele: Am Ende verpasste ich meine neue Jahreskart­e auf der European Tour um knapp 30 000 Euro. Oder wenn man es genauer betrachtet um einen Schlag. Ein Schlag über die ganze Saison gesehen, weil die Differenz bei dem dritten oder vierten Platz diese 30000 Euro beglichen hätte. Dann galt es auf der Challenge Tour, die Chance zu nutzen, ein kleines Wunder zu schaffen und mich in vier Turnieren auf die European Tour zurückzusp­ielen. Am Ende wurde ich nach insgesamt neun der 27 gespielten Challenge Tour Turniere undankbare­r 16. der Rangliste. Platz 15 und ich wäre erstklassi­g geblieben.

Seit Ende August haben Sie Woche für Woche ein Turnier gespielt. Geht das nicht an die Substanz? Heisele: Die letzten zwölf Wochen waren purer Stress. Es ging eigentlich nur darum, meine Spielberec­htigung zu sichern. Leider kam irgendwann ein Zeitpunkt, wo ich dann hinterherg­elaufen bin. Es war der reinste Krieg mit meiner eigenen Psyche und Physis, die seit Langem eine Auszeit brauchten. Golf hat am Ende keinen Spaß mehr gemacht.

Trotzdem gingen Sie nach Tarragona zur Qualifying School … Heisele: Spanien ist immer eine besondere Woche. Es geht um extremst viel, und durch die ganzen Wochen davor war ich mental komplett platt. Ich habe nur noch das Nötigste gemacht, um mich auf meine Aufgaben vorzuberei­ten und war dann natürlich irgendwo glücklich, dass das stressige Saisonende doch noch ein Happy End genommen hat. Und ich auch 2018 auf der European Tour anzutreffe­n bin. Ich glaube, es war einzig und allein der Wille, nicht abzusteige­n. Nach den ganzen Tiefschläg­en der Wochen davor wollte ich es am Ende zu sehr, erstklassi­g bleiben – und konnte dies dann mit einer sehr starken Leistung bestätigen.

Wie geht es jetzt weiter? Erst mal Ferien? Heisele: Das schlechte im Golfsport ist, dass wir 52 Wochen im Jahr spielen. Eben fand die Saison 2017 in Dubai ihren Abschluss. Nächste Woche geht die neue Saison 2018 in Hong Kong schon wieder los. Ich wollte mir eigentlich eine verdiente Pause gönnen, habe mich dann aber dazu entschiede­n, mich diese Woche bestmöglic­hst zu erholen, um dann gleich anschließe­nd die AfrAsia Mauritius Open und die Joburg Open in Südafrika zu spielen. Erst danach erst geht es in die Weihnachts­pause, um mal auf andere Gedanken zu kommen.

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