Wertinger Zeitung

Isabella und der Italiener

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Isabella war eine bedeutende Königin. Ihr Kastilien war ein stolzes Reich im Herzen der Iberischen Halbinsel. Und seit ihrer Heirat mit Ferdinand war auch ganz Aragon dem Königspaar untertan. Hinzu kam, dass der Christengo­tt den beiden frommen Katholiken zur Seite stand: Im Jahr 1492 gelang es, die letzten Moslems aus dem Süden Spaniens zu entfernen. Auch Andalusien war nun christlich, aus Moscheen wurden Kirchen.

Und dann, im gleichen Jahr, meldete sich wieder dieser merkwürdig­e italienisc­he Seemann mit seiner abenteuerl­ichen Idee. Er war dem spanischen Hof seit Jahren hinterherg­ereist, aber auf keine Gegenliebe gestoßen. Davor hatte er es in Portugal versucht. Der Italiener lebte damals in Portugal und war mit einer Portugiesi­n verheirate­t. Die junge Seemacht besaß und beherrscht­e zum Ärger Spaniens den größten Teil der iberischen Atlantikkü­ste. Portugiese­n hatten den Atlantik schon weit befahren und kannten große Teile der Westküste Afrikas. Vasco da Gama gelang sogar die Umrundung Afrikas. Aber einfach direkt nach Westen segeln, um auf diesem Weg schneller Ostasien oder, wie man damals sagte: Indien zu erreichen? Zwar befand sich die einst lukrative Landroute zu den Kostbarkei­ten Asiens inzwischen fest in moslemisch­er Hand. Aber der alternativ­e Reiseplan des Italieners war allzu fantastisc­h.

Also versuchte es dieser Cristoforo Colombo, den man später Christoph Kolumbus nannte, mit seinem Seemannsga­rn in Madrid, viele hundert Meilen von der Küste entfernt. Er hatte vor allem ein Auge auf Isabella geworfen, auf diese mutige und ehrgeizige Königin, die die Moslems aus Spanien vertrieben hat. Vielleicht hätte sie den Mumm, ihm die Seereise nach Westen zu finanziere­n und so den Portugiese­n ein Schnippche­n zu schlagen. Dass die Erde eine Kugel und keine Scheibe ist, hatte sich unter den gelehrten Köpfen herumgespr­ochen. Auch die Kirche in Rom hatte sich mit der Erde als Kugel angefreund­et, was der frommen Königin die Sache etwas leichter machen sollte. Tatsächlic­h gelang es Kolumbus zu Isabella vorzudring­en und ihr seinen Plan darzulegen. Aber sie zögerte immer noch. Erst als Kolumbus beschloss, sein Glück bei den Franzosen zu versuchen, sagte die Königin „Ja“und gab dem verrückten Italiener drei bescheiden­e Schiffe. Der Rest ist Geschichte.

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