Wertinger Zeitung

Buttenwies­ens langer Weg in die Energie Autonomie

Wie das geplante Konzept von Ex-Bürgermeis­ter Norbert Beutmüller nun doch aufgegange­n ist. Und was die 10H-Regelung dabei trotzdem verhindert hat

- VON HERTHA STAUCH

Buttenwies­en Strom „made in Buttenwies­en“– auch Bürgermeis­ter Hans Kaltner hat sich entschiede­n, Strom für sein Privatanwe­sen künftig von den gemeindeei­genen Renergiewe­rken zu beziehen. Denn Buttenwies­en produziert inzwischen in Eigenregie so viel Strom, dass damit rein rechnerisc­h hundert Prozent der Haushalte versorgt werden könnten. Autark, also unabhängig von fossiler Energie und externen Stromanbie­tern zu werden, war schon das Ziel von Kaltners Vorgänger Norbert Beutmüller.

Mit Macht wurde in der Ära Beutmüller dem Bau von Biogas-, Solar- und Windkrafta­nlagen der Boden bereitet. Mehrere Biogasanla­gen gibt es inzwischen in der Gemeinde und drei Windräder auf der Anhöhe zwischen den Ortsteilen Wortelstet­ten und Neuweiler – ein kleiner Windpark, der 2014 ans Netz ging. Mit diesem Mix wurde bald schon zu Zeiten Beutmüller­s mehr Strom produziert und ins öffentlich­e Netz eingespeis­t, als in Buttenwies­en verbraucht wurde. Aber nicht durchgängi­g, wie Beutmüller im Gespräch mit der WZ erzählt: „Ein Problem war es immer, die Spitzenlas­t abzudecken. Wenn kein Wind gegangen ist, hat es nicht gereicht.“

Buttenwies­en versuchte deshalb, auch andere regenerati­ve Energien anzuzapfen, und beteiligte sich an der „Solarbunde­sliga“. Die Kommune spornte die Bürger an, sich Solarmodul­e auf die Dächer schrauben zu lassen. So spielte Buttenwies­en bald in den vorderen Rängen der solarengag­ierten Gemeinden mit. Strom für die Gemeinde selbst zu produziere­n und mit den eigenen Renergiewe­rken zu verkaufen war immer das Ziel von Beutmüller gewesen. Umso mehr freut sich der Ex-Bürgermeis­ter, dass jetzt sein Konzept aufgegange­n ist.

Geplant war ursprüngli­ch noch mehr – zusammen mit der Stadt Wertingen sollte ein weiterer Windpark mit fünf Anlagen zwischen dem Wertinger Ortsteil Hirschbach und dem Buttenwies­ener Ortsteil Wortelstet­ten entstehen. Dafür wurde ein gemeinsame­r Flä- chennutzun­gs- plan ausgewiese­n, die Gewerbeste­uer des Windparkbe­treibers hätten sich die Gemeinden geteilt, berichtet Beutmüller. Auch den Strom wollten die beiden Kommunen gemeinsam vermarkten. Doch es kam anders – die Politik machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Die CSU setzte im Landtag die 10H-Regelung durch. Das heißt, dass der Abstand eines Windrades zu Wohnhäuser­n das Zehnfache der Windradhöh­e betragen muss – bei 150 Metern also 1,5 Kilometer, bei 200 Metern zwei Kilometer. Aus war es mit den Plänen, die die Kommunen in der Ab- sicht verfolgten, mit regenerati­ven Energien ein Zeichen zu setzen. Schwer enttäuscht auch der damalige Bürgermeis­ter Beutmüller. Die 10H-Regelung sei „reiner Murks“, ärgerte er sich, sämtliche Argumente von Experten seien „in den Wind geschlagen“worden.

Das Thema Windkraft wurde zum Politikum, dem sich die Kommunen nur schwer widersetze­n konnten. Hinzu kam eine immer größer werdende Skepsis der Bevölkerun­g. Die drei Windräder, die die Firma Windkraft Uhl aus Ellwangen auf der Anhöhe bei Wortelstet­ten positionie­rte, waren im April 2014 ans Netz gegangen. Die Flächen waren bereits im Jahr 2006 von den Kommunalpo­litikern der Landkreise Dillingen, Donau-Ries, Augsburg, AichachFri­edberg und der Stadt Augsburg als Vorranggeb­iet für Windenergi­eanlagen ausgewiese­n worden. Doch kaum standen die Windräder mit einer Nabenhöhe von je 141 Metern, regte sich Widerstand. Mancher empfand den Anblick als störend, manchem waren die nächtliche­n Blinklicht­er ein Dorn im Auge.

Trotz aller Steine, die der Windenergi­e in den Weg gelegt wurden – Norbert Beutmüller glaubt an ein Comeback: „Das Thema kommt wieder. Der Klimaschut­z wird uns fordern“, ist der Vorgänger von Hans Kaltner überzeugt. Und auch die Akzeptanz würde wieder kommen – „wenn es den Leuten an den Geldbeutel geht.“Dass Windanlage­n derzeit nur wenig Akzeptanz hätten, sei eine politische Geschichte, aber auch ein Stück Demokratie. Die Menschen würden oft „erst dann gescheit, wenn sie etwas unmittelba­r betrifft.“

Bürgermeis­ter Hans Kaltner ist argumentat­iv nicht weit von Beutmüller entfernt. Es schlagen zwei Herzen in seiner Brust, gesteht Kaltner. Zum einen, dass mit Hilfe alternativ­er und vor allem regionaler Energien der Atomaussti­eg möglich wird. Zum anderen aber müsse auf die örtlichen Gegebenhei­ten Rücksicht genommen werden, zeigt er Verständni­s für den Ortsteil Wortelstet­ten. Wäre der gemeinsame Plan mit Wertingen verwirklic­ht worden, würden rund um Wortelstet­ten Windräder stehen – „zu viele“nach Meinung Kaltners. „Ich habe Verständni­s für die Bevölkerun­g, dass die sagt, es wird einfach zu viel.“Das sei wohl nur ein optisches Problem, keine Abneigung gegen Windkraft an sich. Denn auch Kaltner hat nichts gegen Windkraft. Die derzeitige Entwicklun­g gehe in die Richtung, sehr hohe Windräder zu bauen, deren Leistungen effektiver seien. Das weiß Kaltner von seinem Sohn Gerhard. Dieser ist mit seinem Arbeitgebe­r derzeit an der Projektier­ung des „höchsten Windrades der Welt“beteiligt – inklusive Stromspeic­her.

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