Wertinger Zeitung

Sicherheit­ssperren für Weihnachts­märkte?

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Oglüht is! So muss man wohl sagen, wenn jetzt überall wieder die Weihnachts-, Christkind­l- und sonstigen Adventsmär­kte öffnen. Und wie alle anderen Volksfeste auch, findet das Vorglühen für das große Fest inzwischen unter verschärft­en Sicherheit­smaßnahmen statt. Polizeistr­eifen lassen sich durch die amorphe Festmasse treiben; Betonquade­r, Panzersper­ren und dicke Nutzfahrze­uge blockieren alle Zufahrten; den hochauflös­enden Videokamer­as, die alle Gesichter aufzeichne­n, entgeht nicht das kleinste Senfklecke­rn auf die Outdoor-Jacke. Klingt das einladend? Kann man natürlich sagen: Merkt man eh nicht mehr, wenn sich die betäubende Wirkung des dritten gewärmten Alkopops im Besinnung suchenden Kopf ausbreitet. Viel grundsätzl­icher könnte man aber auch erst mal fragen, ob es das alles braucht? Ob das Mittel dem Zweck angemessen ist?

Da ist die Antwort traurig eindeutig. Die Behörden, die ständig nach größeren Kompetenze­n rufen und Eingriffe in mühsam erkämpfte Persönlich­keitsrecht­e mit dem Totschlaga­rgument der Terrorbekä­mpfung rechtferti­gen, haben im Fall Amri auf eine atemberaub­ende Weise versagt. Hätten die verantwort­lichen Sicherheit­stechniker des Staates ihre Aufgabe erfüllt, hätte es den Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt nie gegeben. Hätten nie bayerische Kleinstädt­e begonnen, Panzersper­ren in ihre Zufahrtsst­raßen zu vergraben. Alles im Namen der Sicherheit, der neuen Zivilrelig­ion unserer Zeit. Passt aber auch wieder ganz gut zu den sogenannte­n Weihnachts­märkten. Und unserem gewandelte­n Verständni­s dieses früher mal religiösen Fests. Sinnfragen nur ja nicht stellen. Solange die Kasse stimmt, spielt es keine Rolle, was für ein Event man dafür schaffen muss.

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