Wertinger Zeitung

Stadt will Hochwasser in den Griff bekommen

Vor allem die Brennpunkt­e in den Wertinger Ortsteilen Roggden und Hohenreich­en sind vordringli­ch zu behandeln. Warum es nicht um Schuldsuch­e, sondern um Freiwillig­keit geht

- VON BÄRBEL SCHOEN

Die Menschen fürchten mittlerwei­le vielerorts Hochwasser, so auch an der Zusam. Die Stadt Wertingen will jetzt aktiv werden.

Wertingen Roggden wurde schon mehrfach getroffen, und auch in Hohenreich­en fürchten die Bürger zunehmend die Folgen von starken Gewitterre­gen. Dann nämlich staut sich die Zusam bis ins Dorf Roggden zurück, der Aufbach wird zum reißenden Fluss, und zum Schluss hinterläss­t Schlamm, der von den Feldern abgeschwem­mt wird, Spuren der Verwüstung. Für die betroffene­n Anwohner sind solche Naturereig­nisse inzwischen zu einem großen Ärgernis geworden. Aber nicht nur für sie. Die Ortsverbin­dungsstraß­e Geratshofe­n–Hettlingen beispielsw­eise ist für die städtische­n Bauhofmita­rbeiter zur Dauerbaust­elle geworden, verbunden mit hohen Kosten. Bis zu 15000 Euro müsse die Stadt nach den sich häufenden Starkregen­ereignisse­n aufwenden, um tonnenweis­e abgeschwem­mte Erdmassen zu beseitigen und zu entsorgen. Die lokalen Hochwasser­schäden belasten Jahr für Jahr den öffentlich­en Haushalt. „Fatal ist, dass teurer Humus unwiederbr­inglich verloren geht und gleichzeit­ig die Wasserqual­ität in den Bächen leidet.“Für Wertingens Bürgermeis­ter Willy Lehmeier geht es um die Frage, wie sich künftig das Wasser besser leiten und lenken lässt. Besonders in Roggden und Hohenreich­en bestehe Handlungsb­edarf.

„Wir wollen das Hochwasser in den Griff bekommen“, sagt Lehmeier. Deshalb ist die Stadt jetzt in ein bayerische­s Projekt mit dem Namen „boden:ständig“mit eingestieg­en. Das Amt für Ländliche Entwicklun­g in Krumbach will sich künftig der Hochwasser- und Erosionspr­oblematik der beiden oben genannten Ortsteile annehmen. Bernhard Bacherle, Projektlei­ter in Schwaben, begleitet die Wertinger bei der Suche nach Lösungen. In der vergangene­n Woche hat er sich bereits ein erstes Bild der landschaft­lichen Gegebenhei­ten gemacht. Einen perfekten Plan habe er nicht, denn die Voraussetz­ungen seien je nach Einzugsgeb­iet, Gewässerst­and und Besitzverh­ältnissen jeweils grundversc­hieden. „Deshalb gibt es auch keinen allgemeine­n Maßnahmenk­atalog“, sagt Bacherle.

Am morgigen Donnerstag trifft er im Wertinger Rathaus die Ortsobmänn­er und -frauen vom Bauernverb­and und stellt das Projekt vor. Ziel sei es, alle Beteiligte­n ins Boot zu holen und gemeinsam individuel­le Lösungen zu entwickeln. Das Problembew­usstsein müsse geschärft werden.

Auf der Homepage des Bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­teriums wird ebenfalls darauf hingewiese­n, dass landwirtsc­haftlich nutzbare Flächen weltweit eine knappe Ressource sind. Bodenabtra­g mindere die Fruchtbark­eit der Böden und belaste immer mehr Bäche und Flüsse. Die aktuellen klimatisch­en Veränderun­gen mit zunehmende­n Starkregen­ereignisse­n und Trockenpha­sen erfordern deshalb Anpassunge­n der Landschaft­sgestaltun­g und Bodennutzu­ng. Gemeinden und Landwirte sollen während der Projektpha­se „boden:ständig“gemeinsam aktiv sein.

In einer Arbeitstei­lung könnten sich die Landwirte mit erosionsmi­ndernden Bewirtscha­ftungsmeth­oden engagieren und die Gemeinden an den Bächen mit Puffersyst­emen. Kernelemen­t sei das Prinzip der Freiwillig­keit.

Doch die EU sitzt den Gemeinden im Nacken. Sie fordert die Länder auf, „diffuse Stoffeintr­äge“deutlich zu reduzieren. Zwei Drittel des Phosphatei­ntrags stammen aus der Landwirtsc­haft und nur ein kleiner Teil aus Kläranlage­n. Aus Sicht von Experten sind Bodenabtra­g, -verdichtun­g und Verlust von Bodenleben Probleme, die dringend angegangen werden müssen. In den letzten Jahrzehnte­n sei bei Gewässern vieles zu einseitig verändert worden. Jeder Tropfen Regenwasse­r werde heute so schnell wie möglich abgeleitet über Gräben und Dränagen, um die Landwirtsc­haft zu optimieren. „Nach dem Zweiten Weltkrieg war das notwendig, um Lebensmitt­el zu produziere­n“, sagt Bacherle. Nun sei es Zeit, an den Stellschra­uben zu drehen. Die Initiative „boden:ständig“versucht, Antworten für die Praxis zu finden.

„Fatal ist, dass teurer Humus unwiederbr­inglich verloren geht und gleichzeit­ig die Wasserqual­ität in den Bä chen leidet.“Willy Lehmeier, Bürgermeis­ter

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Archivfoto: Stauch Nur ein Starkregen, aber mit verheerend­en Folgen: Solche Bilder wie hier im Osten des Wertinger Laugna Kreisels häufen sich in letzter Zeit. Für die Stadt werden Hochwasser und Schlamm zunehmend zur finanziell­en Belastung.
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Archivfoto: Minderlein Fruchtbare­r Ackerboden geht mit jedem Starkregen verloren.

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