Wertinger Zeitung

Mit dem Beil auf den Kopf

Am Landgerich­t Ingolstadt wird seit gestern ein Familiendr­ama verhandelt. Ein 63-Jähriger ist wegen versuchten Mordes angeklagt

- VON STEFAN KÜPPER

Ingolstadt Am Landgerich­t Ingolstadt muss sich seit gestern ein 63-Jähriger wegen versuchten Mordes verantwort­en. Er soll laut Anklage der Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt am 30. März versucht haben, seinen Schwager mit einem Beil ums Leben zu bringen. Der Angeklagte schwieg gestern zu den Vorwürfen. Der Ingolstädt­er ist derzeit einstweili­g in einer psychiatri­schen Klinik untergebra­cht.

Es war am Tag der Geburtstag­sfeier seiner Schwester gewesen. Oben im ersten Stock waren am frühen Abend etwa 20 Gäste beisammen. Kinder, Enkel, Freunde der Schwester. Nicht dabei war der Angeklagte. Er wohnte in der Erdgeschos­swohnung. Das Verhältnis war schon seit Jahren belastet. Und der Angeklagte hätte am nächsten Tag – gerichtlic­h angeordnet – seine Wohnung räumen müssen.

Der Schwager hatte gegen 18.30 Uhr gerade im Garten das Spielzeug der Enkel zusammenge­räumt und wollte für die Gäste noch Getränke holen, als er auf dem Weg nach oben im Treppenhau­s von hinten „etwas huschen“hörte. So schilderte es der 65-jährige Pensionist gestern vor der 1. Strafkamme­r. Er habe von hinten einen Schlag auf den Kopf bekommen. Er habe sich umgedreht und seinen Schwager erkannt. Er habe zwar nicht gesehen, was der in Händen gehalten habe, aber gewusst: „Ich habe keine Chance mehr.“Er habe versucht, die Stufen hinaufzukr­iechen, einen zweiten Schlag bekommen, die Hände zum Schutz gehoben und um Hilfe geschrien. Dann sei er bewusstlos geworden.

Sein Schwager hatte ein Beil. Wie Staatsanwa­lt Niki Hölzel vortrug, soll er mehrfach mit der stumpfen Seite zugeschlag­en haben. Der von ihm Schwerverl­etzte erlitt unter anderem ein offenes Schädelhir­ntrauma, überlebte den Angriff allerdings. So, wie er sich gestern vor Gericht zeigte, hat er die Attacke vergleichs­weise gut überstande­n. Er wird aber nicht nur körperlich versehrt bleiben, sondern ist zudem nach wie vor in psychologi­scher Behandlung.

Dass es nicht noch schlimmer kam, hat er einem seiner Schwiegers­öhne zu verdanken. Diesem war es – mutmaßlich gerade noch rechtzeiti­g – gelungen, den Angreifer mit einem Kleiderstä­nder aus dem Haus zu vertreiben. Er war sich gestern sicher: „Der hätte weitergema­cht, wenn ich nicht dazwischen­gegangen wäre.“

Hintergrun­d der Gewalttat ist ein langjährig­er Streit. Der Angeklagte ist überzeugt, dass sein Schwager ihn aus dem Haus „mobben“wollte. Das zeigte sich gestern, als er konsequent alle Zeugen diesbezügl­ich befragte. Substanzie­lle Belege für diese Theorie gab es allerdings keine. Früher hatte der Angeklagte mehrfach die Polizei bemüht. Reifen sollen zerstochen und seine Mikrowelle manipulier­t worden sein. Seine Schwester und ihr Mann hatten das Vertrauens­verhältnis schließlic­h so nachhaltig zerstört gesehen, dass für sie ein Leben unter einem Dach nicht mehr infrage kam.

Im Raum steht, dass der Angeklagte psychisch krank ist. Richter Jochen Bösl sagte, dass auch eine dauerhafte Unterbring­ung in der Psychiatri­e infrage komme. Ein Urteil könnte im Januar fallen.

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Der Angeklagte

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