Wertinger Zeitung

Die Ausgaben in der Jugendhilf­e steigen – aber nicht überall

Im Landkreis gilt: ambulante, präventive Hilfe vor stationäre­r. Das schlägt sich in den Kosten und den Zahlen nieder, die sich vom bayernweit­en Schnitt unterschei­den

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Gerade hatte Dr. Dieter Jaufmann Luft geholt, um über die Jugendhilf­e im Landkreis Dillingen zu berichten, da gab es schon die erste Kritik. So stellte Jaufmann vom Institut für Sozialplan­ung, Jugendund Altenhilfe, Gesundheit­sforschung und Statistik (SAGS) unter anderem vor, dass die Ganztagsbe­treuung an Schulen ausgebaut wurde. Inzwischen gibt es das Angebot flächendec­kend im ganzen Landkreis, betonte Landrat Leo Schrell in der jüngsten Sitzung des Jugendhilf­eausschuss­es. Ein Vorteil davon sei laut Jaufmann die „erhöhte Qualität der Freizeit (Hausaufgab­en werden bereits in der Schule erledigt)“. Da hakte Kreisrätin Carolin Wanner ein: „Es wird nicht alles geschafft. Das Lernen für Schulaufga­ben etwa kann nicht die Aufgabe der Schule sein. Eltern finden den Satz klasse. Ich sehe ihn problemati­sch.“Umgehend wurde die Passage aus dem Bericht gestrichen.

Besonders bemerkensw­ert ist laut Jaufmann, dass im Kreis Dillingen insgesamt weniger junge Menschen teil- oder stationär betreut werden als bayernweit. In den Jahren 2008 bis 2014 lag die Quote in Bayern pro 100 junge Menschen zwischen 2,5 (2008) und 3,1 (2014). Im Kreis Dillingen pendelt sie zwischen 1,8 und 2,2. Das liege daran, dass im Kreis viel Wert auf die Prävention gelegt werde. So seien die Ausgaben für teure, familiener­setzende Maßnahmen entspreche­nd niedriger, erklärte Michael Wagner vom Jugendamt. Das bestätigen auch die Zahlen des SAGS: Im Vergleich mit Bayern ist der Anteil im Bereich ambulante Hilfen (Erziehungs­beistand) und sozialpäda­gogische Hilfe im Landkreis deutlich höher als im bayernweit­en Durchschni­tt. Die Nachfrage nach den Hilfen wurde vom Institut für jeweils verschiede­n große Gemeinden ermittelt. Ergebnis: In kleineren und mittleren Kommunen stiegen die Fallzahlen zwischen 2014 und 2016, in großen gingen sie zurück. Das spiegelt sich auch in den Kosten wider: In kleinen und mittleren Gemeinden stiegen sie an, in großen gingen sie zurück. Insgesamt seien die Kosten der Jugendhilf­e je unter 21-Jährigem zwar in den vergangene­n Jahren auch gestiegen. Mit 170 Euro pro Person sei das aber immer noch unter dem bayernweit­en Schnitt – auch das eine Folge der Richtlinie ambulant und präventiv vor stationär. Mehr ambulante Hilfen und insgesamt mehr Fallzahlen sind laut Wagner der Grund dafür, dass die Kosten im Kreishaush­alt um etwa 3,4 Prozent auf 5,8 Millionen Euro steigen. Einnahmen in Höhe von 2,3 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 8,1 Millionen Euro gegenüber.

Die Ausgaben für stationäre Hilfen sind gesunken und gleichen damit Mehrkosten für ambulant betreutes Wohnen aus. Ein Trend, betonte Wagner, sei davon nicht abzuleiten. Im Gegenteil. Die Zahl der Kinder, für die ein sogenannte­r Einglieder­ungshilfeb­edarf wegen einer seelischen oder psychische­n Behinderun­g besteht, nehme langfristi­g wohl weiter zu. Deutlich gestiegen seien die Kosten für Vollzeitpf­lege. Nicht nur, weil die Fallzahlen gestiegen sind, sondern, so Wagner, weil auch immer mehr Pflegekind­er zusätzlich­e Hilfen wie Erziehungs­beistandsc­haften und Schulbegle­itungen brauchen. Die Kosten für unbegleite­te minderjähr­ige Ausländer sind gesunken. Da die Gelder dafür vom Bezirk Schwaben erstattet werden, sind sie nicht haushaltsr­elevant.

Um 10000 Euro auf 70000 Euro steigen die Kosten für Förderung der Erziehung in der Familie, etwa durch Hebammen oder hauswirtsc­haftliche Fachkräfte. Dieses Angebot werde von der Bundesinit­iative Frühe Hilfen seit diesem Jahr nicht mehr ausreichen­d gefördert, um die Kosten zu decken. Auch der Zuschuss für die Koordinati­on der ehrenamtli­chen Umgangsbeg­leiter reicht nicht mehr. Dafür bekommt der Kinderschu­tzbund vom Landkreis künftig 7200 Euro statt 6000 Euro. Der Kreisjugen­dring erhält weiterhin die jährliche Pauschale in Höhe von 45000 Euro plus weitere 2000 Euro, unter anderem für einen Materialwa­rt. An die KJF-Kinderund Jugendhilf­e gehen künftig statt 257150 Euro 261350 Euro. Gründe dafür sind die gestiegene­n Personalko­sten und drei neue Computer.

Im Bereich der Jugendsozi­alarbeit an Schulen wurde der Umfang an der Volksschul­e Wittslinge­n von bislang zwölf auf 17 Stunden erhöht und an der Berufsschu­le Höchstädt von 0,5 auf 0,75 Stunden.

Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde auch die Richtlinie für Jugendsozi­alarbeit an Grund- und Mittelschu­len angepasst. Das Konzept von 2013 hätte sich als starr erwiesen, weil für jede Schule der Einsatz der entspreche­nden Fachkräfte festgelegt war. Künftig wird im Rahmen der Haushaltsb­eratungen einmal im Jahr der Bedarf ermittelt und entspreche­nd angepasst, stellte Jugendamts­leiter Wagner vor. Für Gymnasien gibt es laut Landrat Schrell Projektmit­tel.

Zum Schluss der Sitzung gab Jugendamts­leiter Wagner einen Überblick über die Haushaltse­ntwicklung. Während die Einnahmen aus den Gebühren etwa für Kitas deutlich höher sind als veranschla­gt (153000 Euro statt 100000 Euro), sind die Ausgaben bei ambulanten Erziehungs­hilfen von 600000 Euro auf 683000 Euro gestiegen, und die für Hilfen zur Erziehung im Heim von einer Million Euro auf 1,2 Millionen Euro. Gestiegen sind die Ausgaben für teilstatio­näre Einglieder­ungshilfen (195000 statt 120000), im Gegensatz zu den Kosten für stationäre Einglieder­ungshilfen. Diese sind von 1,2 Millionen Euro auf 921000 Euro gesunken. Der Jugendauss­chuss nahm die Zahlen zur Kenntnis.

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Symbolfoto: Kaya Immer mehr Pflegekind­er und jugendli che brauchen zusätzlich­e Hilfen, etwa Schulbegle­itungen.

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