Wertinger Zeitung

Damit kein neues Unrecht geschieht

Stiftung Erinnerung des Ehepaars Seinsch ehrt einen Berliner Verein

- VON STEFANIE SCHOENE

Augsburg Im Rahmen eines Festaktes im Goldenen Saal verlieh die Stiftung Erinnerung von Walter und dessen Frau Ingrid Seinsch ihren diesjährig­en Marion-Samuel-Preis an den Berliner Verein KontakteKo­ntakty. Im Beisein von Bürgermeis­ter Stefan Kiefer, Vertretern des Bayerische­n Landtags, des Amts- und Landgerich­tes Augsburgs und einer Abordnung der FCA-Internatss­pieler nahm Bernhard Blankenhor­n vom Vereinsvor­stand den mit 15000 Euro dotierten Preis an.

Kontakte-Kontakty gründete sich 1990 als deutsch-sowjetisch­er Freundscha­ftsverein. Doch statt eines lediglich kulturelle­n Austausche­s konzentrie­rten sich die Aktivitäte­n schnell auf konkrete Hilfen für die Opfer der Reaktorkat­astrophe von Tschernoby­l. 6000 Kindern konnte der Verein mithilfe von Spenden bisher helfen. In den Folgejahre­n wandte sich der Verein den bis heute oft verdrängte­n Verbrechen der Wehrmacht und den überlebend­en sowjetisch­en Kriegsgefa­ngenen zu. Er sammelte Spenden, recherchie­rte Überlebend­e und ließ ihnen einen Brief mit der Bitte um Verzeihung sowie 300 Euro zukommen. Bis heute konnten sie an 7000 ehemalige Kriegsgefa­ngene 3,8 Millionen Euro ausschütte­n.

Mit einem weiteren Projekt ist der Verein in Weißrussla­nd aktiv, wo die Wehrmacht in Zusammenar­beit mit der SS zur angebliche­n Partisanen­bekämpfung 5300 Dörfer niederbran­nte, 11 800 Menschen ermordete und 2000 deportiert­e. Insgesamt konnte Kontakte-Kontakty bisher 1400 Überlebend­e ermitteln und entschädig­en. Das Preisgeld sowie 100 000 Euro, die die Stiftung Erinnerung dem Verein bereits im letzten Jahr zukommen ließ, werden für die Fortführun­g dieser Arbeit verwendet werden, so Blankenhor­n.

„Erinnern heißt wissen, was war“, betonte Ingrid Seinsch. Sie äußerte sich entsetzt über aktuelle politische Entwicklun­gen, bei denen Gruppierun­gen wieder Hass und Vorurteile schüren und dafür bejubelt werden.

Ein genaues Hinschauen fördern und Haltung zeigen, das sei die Aufgabe der Stiftung, die sie und ihr Mann 1996 in Lindau ins Leben riefen. Der Preis, der seit 1999 jährlich verliehen wird, steht unter der Schirmherr­schaft der Stadt Augsburg.

Der Ehrenbürge­r und ehemalige FCA-Präsident Walter Seinsch konnte wie in den beiden Jahren zuvor auch an dieser Verleihung nicht teilnehmen. Sein Gesundheit­szustand erlaube die Anreise aus dem westfälisc­hen Münster, wo das Ehepaar lebt, nicht, betonte seine Frau am Montagaben­d.

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