Schluss mit der Doppelspitze!
Die Grünen wollen anders sein als andere Parteien. Deshalb, vor allem, teilen sie Ämter. Nun aber gibt es einen, der es auch alleine könnte. Vielleicht sogar besser
VON RUDI WAIS viele Parteilinke noch vertreten. Umgekehrt allerdings gilt das nicht. Simone Peter und der Europaabgeordnete Sven Giegold, der ebenfalls als Parteivorsitzender im Gespräch ist, stehen im Realo-Lager für alles, nur nicht für Aufbruch.
Für die konsequenteste aller Entscheidungen, nämlich Habeck zum alleinigen Vorsitzenden zu wählen, fehlt den Grünen der Mut. Anders zu sein als die anderen, gehört zum Gründungsmythos der Partei, deshalb vor allem gibt es die Doppelspitze und die Trennung von Amt und Mandat, nach der ein Minister nicht auch noch Parteichef sein darf. Dabei sind die Grünen bisher immer gut gefahren, wenn sie sich auf einen Menschen konzentriert haben. Mit einer ganz auf ihren damaligen Außenminister Joschka Fischer zugeschnittenen Kampagne, zum Beispiel, holten sie im Herbst 2002 ein Rekordergebnis von 8,6 Prozent und sicherten der rot-grünen Koalition fast im Alleingang eine zweite Amtsperiode. Auch der Erfolg von Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg erklärt sich vor allem durch dessen persönliche Popularität. Spötter behaupten, er sei nicht wegen seiner Parteizugehörigkeit Ministerpräsident geworden, sondern trotz seiner Mitgliedschaft bei den Grünen ...
Habeck wiederum hebt sich von den Trittins, den Peters, Künasts und Göring-Eckardts nicht nur wegen seiner klaren, unverstellten Sprache und seiner ungewöhnlichen Biografie als promovierter Philosoph und Schriftsteller ab. Ihm fehlt auch alles Misstrauische und Miesepetrige, das sonst so viele Grünen-Debatten beherrscht. Sich auf ihn einzulassen hieße allerdings auch, ihn machen zu lassen. Eine Frau als CoVorsitzende, die nur ein linkes Korrektiv sein soll, eine Art Aufpasserin für einen Unangepassten, wäre am Ende gesehen nur kontraproduktiv.
Ein Mann wie Habeck braucht das, was der Sozialdemokrat Peer Steinbrück einmal mit „Beinfreiheit“umschrieben hat – einen gewissen Gestaltungs- und Argumentationsspielraum. Diese Beinfreiheit aber lässt die Partei der Doppelspitzen, der Basisdemokratie und der Trennung von Ämtern und Mandaten ihren Spitzenleuten nur ungern.