Mit Vollgas in die Gefahrenzone
Auf der ausgebauten A 8 hat es etliche schwere Unfälle gegeben. Experten sehen eine Ursache im Wegfall des Tempolimits
Landkreis Augsburg Fast täglich sind solche Meldungen im Verkehrsfunk zu hören: „Unfall zwischen Neusäß und Adelsried“oder „Zwischen Zusmarshausen und Burgau ist eine Spur blockiert“. Es gibt Stellen auf der Autobahn, da scheppert es scheinbar ständig. Gut zwei Jahre, nachdem der sechsspurige Ausbau der Autobahn fertiggestellt worden ist, gewinnt die Diskussion über die Sicherheit auf der Strecke an Fahrt. Was ist da los?
Für den Autobahnabschnitt Zusmarshausen bis Adelzhausen (Aichach-Friedberg) ist die Gersthofer Autobahnpolizei zuständig. Deren Chef, Erster Polizeihauptkommissar Josef Sitterer, sieht im Wegfall des Tempolimits nach dem Ausbau einen Grund. Eine höhere Geschwindigkeit führte „zu signifikant mehr Verletzten“. So gab es in seinem Abschnitt während der Bauphase zwar etwas mehr Unfälle, sie hatten aber eine andere „Qualität“: Es gab weniger Schwerverletzte wegen des geringeren Tempos, erklärt Sitterer.
Auf der „alten“Autobahn gab es im Gersthofer Polizei-Gebiet im Jahr 2012 insgesamt 407 Unfälle, 72 Leicht- und drei Schwerverletzte, ohne dass jemand starb. Ein Jahr später gab es 404 Unfälle, zwei Tote, 59 Leicht- und sieben Schwerverletzte. Im Jahr 2015 wurden 435 Unfälle registriert, zudem zwei Tote, 71 Leicht- und zwei Schwerverletzte. Im ersten Jahr der durchgängigen Sechsspurigkeit 2016 waren es 346 Unfälle mit einem Toten, 100 Leicht- und 24 Schwerverletzten. Die Sachschäden lagen 2011 bei 1,3 Millionen und 2016 fast genauso hoch. Am niedrigsten waren sie 2013 mit 677 000 Euro.
Sitterer spricht sich klar für die geplante Verkehrsbeeinflussungsanlage aus, also für Schilderbrücken mit je nach Witterung und Situation veränderbaren Verkehrszeichen – und der Möglichkeit, das Tempo zu reduzieren. Gerade das sei wichtig, um Folgeunfälle zu vermeiden.
Sitterers Kollege bei der Günzburger Autobahnpolizei bringt einen weiteren Faktor ins Spiel, der die Gefahren auf der Autobahn steigen lässt: „Die Verkehrsbelastung ist enorm.“Auf der A 8 sei zu fast jeder Zeit sehr viel los, sagt Erster Polizeihauptkommissar Werner Schedel. Auf der vierspurigen Straße gab es keine Pannenstreifen, tagsüber ein Tempolimit und ein Überholverbot für die Lastwagen, nicht so viele Schutzplanken und Betonwände. Früher landeten mehr Wagen im Grünen statt an der Mauer. „Mit mehr Fahrzeugen passiert nun einmal mehr“, und die Gefahr eines Unfalls steige mit der Geschwindigkeit. Die vierspurige Autobahn sei „gemütlich“gewesen. Das sei heute anders, warnt Schedel.
Wie im angrenzenden Günzburger Gebiet gibt es auch bei der Autobahnpolizei Gersthofen keine Unfallschwerpunkte – aber auch ein fehlendes Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer für die Rettungsgasse. „Es ist nicht leicht, aber irgendwann ist es so weit“, hofft Sitterer. Ein Problem bestehe darin, dass bei einer sechsspurigen Autobahn viele Lastwagen auf der mittleren Spur fahren und es Zeit braucht, bis sie sich rechts einsortiert haben. Banner an den Brücken, die an die Rettungsgasse erinnern und wie sie gebildet wird, hält er für hilfreich.
Die soll es künftig auch geben. Josef Seebacher, Sprecher der Autobahndirektion Südbayern, kündigt eine entsprechende Aktion der Polizeiabteilung des Innenministeriums an. Die soll sich an einer Werbekampagne in Österreich orientieren, auch in anderen Bundesländern und auf anderen Strecken gibt es solche Banner bereits. Die Standorte werden noch mit der Polizei und den privaten Autobahnbetreibern Autobahn plus und Pansuevia festgelegt.
Pansuevia-Geschäftsführer Robert Schmidt sagt, dass bei ihnen überlegt wird, die Dienstfahrzeuge mit einer Anzeigetafel für Hinweise auf die Rettungsgasse auszurüsten. Dass gerade auch Lastwagenfahrer die Straße blockieren, kann er nicht verstehen. Schließlich sind sie beruflich unterwegs und sollten sich auskennen.
Autobahnmeister Günther Heinze beobachtet auch, dass die ersten ein bis zwei Kilometer hinter einem Unfall noch die Gasse funktioniert, „danach schaut es aber schlecht aus“. Der Günzburger Kreisbrandrat Robert Spiller findet Banner in jedem Fall gut. Je öfter die Fahrer darauf aufmerksam werden, desto eher funktioniere die Rettungsgasse hoffentlich. Günter Litzel, Kreisbrandinspektor im Kreis Augsburg, hält die Banner ebenfalls für gut geeignet. »Kommentar