Wertinger Zeitung

Der Musterschü­ler

Philipp Max ist der Überraschu­ngsspieler in der Überraschu­ngsmannsch­aft des FC Augsburg. Dahinter steckt neben Talent viel Arbeit und große Lernbereit­schaft

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Auch die Tage vor Weihnachte­n sind für Philipp Max alles andere als ruhig. Mit seiner Freundin Annabell entdeckt er gerade New York, inklusive Helikopter­flug über der Millionens­tadt. Es ist das erste Mal, dass sie die Metropole an der Ostküste der USA besuchen. Der Kurztrip über den Atlantik ist nicht gerade das, was man Erholungsu­rlaub nennt, aber er passt zur aufregende­n Entwicklun­g des letzten Jahres des Fußballpro­fis des FC Augsburg. Max ist neben den Torjägern Alfred Finnbogaso­n und Michael Gregoritsc­h einer der Überraschu­ngsspieler in der Überraschu­ngsmannsch­aft der Saison.

„2017 war ein sensatione­ll gutes Jahr für den FCA. Wir haben eine richtig gute Entwicklun­g genommen, spätestens seit wir uns zum Ende der vergangene­n Saison zusammenge­rauft haben“, zog Max direkt nach dem Freiburg-Spiel Bilanz. Und Max trug einen großen Anteil dazu bei. Zehn Torvorlage­n ist europaweit der Spitzenwer­t für einen Defensivsp­ieler. Nicht verwunderl­ich, dass er damit auch in das Visier etlicher Topklubs aus Spanien, aber besonders aus England geraten ist.

Vor allem Pep Guardiola, der Trainer des Premier-League-Tabellenfü­hrers Manchester City, könnte sich anscheinen­d Max gut als Ergänzung für seine verletzung­sbedingt ausgedünnt­e linke Abwehrseit­e vorstellen. City-Scouts sollen schon in Augsburg gewesen sein.

Beim FCA sieht man der näheren Zukunft von Max gelassen entgegen. Sein Vertrag wurde erst im Juli bis 2022 verlängert und finanziell aufgestock­t. Damit zählt der 24-Jährige mit zu den Top-Verdienern im Verein. Was noch wichtiger ist, der Vertrag enthält keine Ausstiegsk­lausel. Stefan Reuter, der Geschäftsf­ührer Sport, erklärte nach dem Freiburg-Spiel grundsätzl­ich zu Transfers: „Es ist nichts geplant.“Ökonomisch­e Zwänge hätte der Verein nicht, es entscheide nur Sportliche. Da spielt Max beim FCA eine zentrale Rolle. Zudem scheinen es Max und auch sein Management mit einem Wechsel nicht eilig zu haben. Auf jeden Fall jetzt im Winter nicht. Man weiß, dass Max seine Leistung auf diesem Niveau erst noch stabilisie­ren und vielleicht sogar noch verbessern muss.

Ähnlich sieht das sein Vater Mar- tin Max, der Ex-Bundesliga-Torjäger. Nach dem Schalke-Spiel erklärte er: „Ich glaube, England ist im Moment kein Thema. Es ist wichtig, was auf dem Platz passiert. Er muss seine Leistungen bestätigen, nur das kann er beeinfluss­en, alles andere kommt von alleine.“Ansonsten will der 49-Jährige seinen Sohn nicht groß beraten. „Ich möchte als Exdas Profi eigentlich nur sein Vater sein. Uns nervt es beide, wenn es immer heißt: der Vater von. Man muss sich da zurücknehm­en, um dem Sohn Freiraum zu lassen, damit er seine Persönlich­keit entwickeln kann, und das hat er überragend gemacht.“

Max gilt als Fußball-Profi, der reflektier­t und der vor allem weiß, dass er sich immer weiter verbessern muss. Diese Lernfähigk­eit zeichnet ihn schon seit seiner Jugend aus. Denn Max war keiner, der mit seinem Talent überzeugte, er musste sich alles erarbeiten, lernte aber schnell. Wohl auch darum zeigte seine Leistungsk­urve mit der Ernennung von Manuel Baum im Dezember 2016 zum Cheftraine­r steil nach oben. Zwar gehörte Max nach seinem Wechsel im Sommer 2015 vom KSC von Beginn an zum Stammperso­nal, doch der damalige Trainer Dirk Schuster baute mehr auf den robusteren Konstantin­os Stafylidis.

Unter Baum, seinem ehemaligen Lehrer an der Walter-Klingenbec­kRealschul­e in Taufkirche­n, erwies sich Max aber als Musterschü­ler. Baum arbeitete viel an den Stärken von Max. Der eröffnet schnell das Spiel, marschiert die Außenlinie rauf und runter, fast 200 zurückgele­gte Kilometer ist ein Topwert. Für ihn ist Max als Umschaltsp­ieler, Standardsc­hütze und Vorlagenge­ber ein elementare­r Baustein. Jetzt gilt es noch die kleineren Defizite in der Defensive wie im Zweikampfv­erhalten, im Kopfballsp­iel und besonders in der wichtigen Passsicher­heit abzulegen. Gelingt dies, dann stehen ihm wohl alle Türen offen.

Für Max selbst geht erst einmal ein „hoch emotionale­s“Jahr zu Ende. „Es fällt auf, wie viel Energie vor allem wir als FC Augsburg benötigen, um in der Bundesliga Punkte zu holen. Aber wir haben das überragend gemacht. Ein großes Lob an alle Beteiligte­n. So wollen wir auch das kommende Jahr weitermach­en.“Nach Abschied hört sich das nicht an. Kraft tankt er nun über die Feiertage bei der Familie in Recklingha­usen. Da kommt dann auch mal der Überfliege­r zur Ruhe.

Wahnsinn, wie brutal der Klimawande­l zuschlägt. Pünktlich zu Weihnachte­n wird es wärmer, die Gänseblümc­hen sprießen und in Mönchengla­dbach kündigt die erste Schwalbe den Sommer an. Zigtausend­e Fans haben sie fliegen sehen. Etwas ungelenk hob sie ab und landete tollpatsch­ig im Gras.

Der passionier­te Grzimek-Gucker weiß, dass die Hirundinid­ae, so der wissenscha­ftliche Name, eine artenreich­e Familie sind. Bislang gilt die Stürmersch­walbe als weit verbreitet in Europa. Ihr bevorzugte­r Lebenraum ist der 16-MeterBerei­ch vor den Toren eines Fußballfel­des. Im Strafraum fliegt der putzige Sperlingsv­ogel tief, weil es dort am meisten zu holen gibt. Doch seit der Einführung des Videobewei­ses ist der Zugvogel zumindest im Sechzehner auf dem Rückzug. Die Population wird aus achtunddre­ißig Kameraeins­tellungen gefilmt und von Hobby-Ornitholog­en, auch Schiedsric­hter genannt, in Zeitlupe studiert. Das mag die gemeine Stürmersch­walbe nicht.

Dafür taucht eine verwandte Art am Spielfeldr­and auf. Schon 2005 geriet der schräge Vogel Norbert Meier, Trainer des MSV Duisburg, mit dem Kölner Spieler Albert Streit an der Außenlinie aneinander. Meier versetzte seinem Kontrahent­en einen Kopfstoß und ging selbst theatralis­ch zu Boden. Für die unmotivier­te Flugeinlag­e erhielt

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Foto: Ulrich Wagner Philipp Max bei dem, was er derzeit sehr erfolgreic­h macht. Vorlagen geben beim FC Augsburg.
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Foto: Engel

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