Wertinger Zeitung

Sänger gesucht

Die Zahl der Kirchenchö­re und ihrer Mitglieder in Bayern sinkt seit Jahren. Eine Gruppe ist gewachsen – aber wie?

- VON JONATHAN MAYER

Landkreis An Heiligaben­d den Gottesdien­st besuchen. Das gehört ebenso zur alljährlic­hen Tradition wie das Singen von Weihnachts­liedern. Mancherort­s übernimmt das in der Kirche sogar ein eigener Chor. Doch die Zahl solcher Kirchenchö­re sinkt in Bayern immer weiter. Wie steht es um die Chöre im Landkreis?

Ein Grund, warum viele Chöre vor dem Aus stehen, ist die geringe Zahl derer, die mitsingen. Das liegt auch daran, dass viele keine Zeit haben, um die Proben, die fast überall im Landkreis wöchentlic­h stattfinde­n, zu besuchen. Gerade jetzt in der Vorweihnac­htszeit wird das zur Herausford­erung. „Das Zauberwort lautet da Organisati­on“, findet An- nett Jung, die Dillinger Kreisbäuer­in. Sie singt gleich in zwei Chören als Altistin: Im Landfrauen­chor und im Sonderheim­er Kirchencho­r. Geschenke müsse man einfach schon im Sommer und Herbst organisier­en, damit man Zeit hat. Ganz ähnlich sieht das Axel Flierl, Leiter des Basilikach­ors St. Peter in Dillingen. „Es braucht eine langfristi­ge Organisati­on und Vorbereitu­ng der Probenablä­ufe“, sagt er. Deshalb beginnen die Proben für die Weihnachts­zeit in Dillingen auch schon im Oktober. Elisabeth Dirr, die den Kirchencho­r in Zusamalthe­im leitet, sieht in den wöchentlic­hen Proben auch einen Moment der Entspannun­g im vorweihnac­htlichen Stress. „Es ist für viele eine Gelegenhei­t zur Ruhe zu kommen“, sagt sie.

Ein großes Problem für die Kir- chenchöre bleibt der mangelnde Nachwuchs. Das bestätigt auch Michael Fink, der den Kirchencho­r St. Martin in Lauingen sowie die Stiftskant­orei Medlingen/Gundelfing­en leitet. „Wir haben in Lauingen gar keinen Nachwuchs und in Gundelfing­en nur wenig“, erklärt der Chorleiter. Das liege in Lauingen aber schlicht an der Struktur der Pfarrei und an Fehlern, die man in der Vergangenh­eit gemacht hat. Anders bei den Landfrauen: Die haben intensiv Werbung gemacht, wie Annett Jung erklärt. „Wir haben einige Schnupperp­roben angeboten“, erklärt die Altistin. Das zeigte Wirkung. Seitdem gäbe es sieben neue Mitglieder im Chor der Landfrauen. Die neuerliche Aufregung um schwindend­e Mitglieder­zahlen sei aber unverständ­lich. „Wir mussten uns immer schon bemühen, um neue Sänger zu finden.“Das sei keine neue Entwicklun­g. Um das Problem mit dem Nachwuchs zu lösen, versucht man mancherort­s, Flüchtling­e in den Chor aufzunehme­n. Das ist aber nicht einfach, wie der Dillinger Flierl erklärt. „Die sprachlich­en und kulturelle­n Hürden sind zu groß. Das macht ein Mitwirken bei Auftritten schwierig“, sagt er. In Dillingen gäbe es aber den „Chor der Begegnung“, in dem Flüchtling­e zusammen mit Menschen aus Dillingen singen. Dort sind die sprachlich­en Anforderun­gen nicht so hoch wie im Basilikach­or. Was die Auswahl der Musik angeht, glänzen die Chöre im Landkreis mit Vielfalt. Der Basilikach­or in Dillingen orientiert sich stilistisc­h an den großen Werken der Kirchenmus­ik, beispielsw­eise von Bach, Händel und Mozart. Aber auch moderne Musiker wie Karl Jenkins seien im Repertoire des Chores vertreten. Ganz ähnlich ist das in den übrigen Chören im Landkreis. Von Moderne bis Klassik wird alles gesungen. Und in Zusamalthe­im tritt man ab und an sogar mit einem Orchester auf. Das alles ist für die Sänger oft auch eine Herausford­erung, für die man viel üben muss.

„Am Ende lohnt sich das wochenlang­e Proben aber immer“, findet Elisabeth Dirr. Denn die Auftritte seien jede Mühe wert. Beim Chor gehe es trotzdem um mehr als nur Gesang, Proben und Konzerte. „Uns geht es vor allem um die Gemeinscha­ft und um die persönlich­e Begegnung, gerade jetzt in der Weihnachts­zeit.“

 ?? Archivfoto: Wolfgang Gielow ?? Kirchenchö­re haben kaum Nachwuchs. An Weihnachte­n sind viele Mitglieder im Einsatz und zuvor bei den Proben gefordert. Da ist Organisati­on gefragt, damit die Geschenke rechtzeiti­g unter dem Baum liegen. Im Bild der Dillinger Kirchencho­r während eines...
Archivfoto: Wolfgang Gielow Kirchenchö­re haben kaum Nachwuchs. An Weihnachte­n sind viele Mitglieder im Einsatz und zuvor bei den Proben gefordert. Da ist Organisati­on gefragt, damit die Geschenke rechtzeiti­g unter dem Baum liegen. Im Bild der Dillinger Kirchencho­r während eines...

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