Sänger gesucht
Die Zahl der Kirchenchöre und ihrer Mitglieder in Bayern sinkt seit Jahren. Eine Gruppe ist gewachsen – aber wie?
Landkreis An Heiligabend den Gottesdienst besuchen. Das gehört ebenso zur alljährlichen Tradition wie das Singen von Weihnachtsliedern. Mancherorts übernimmt das in der Kirche sogar ein eigener Chor. Doch die Zahl solcher Kirchenchöre sinkt in Bayern immer weiter. Wie steht es um die Chöre im Landkreis?
Ein Grund, warum viele Chöre vor dem Aus stehen, ist die geringe Zahl derer, die mitsingen. Das liegt auch daran, dass viele keine Zeit haben, um die Proben, die fast überall im Landkreis wöchentlich stattfinden, zu besuchen. Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit wird das zur Herausforderung. „Das Zauberwort lautet da Organisation“, findet An- nett Jung, die Dillinger Kreisbäuerin. Sie singt gleich in zwei Chören als Altistin: Im Landfrauenchor und im Sonderheimer Kirchenchor. Geschenke müsse man einfach schon im Sommer und Herbst organisieren, damit man Zeit hat. Ganz ähnlich sieht das Axel Flierl, Leiter des Basilikachors St. Peter in Dillingen. „Es braucht eine langfristige Organisation und Vorbereitung der Probenabläufe“, sagt er. Deshalb beginnen die Proben für die Weihnachtszeit in Dillingen auch schon im Oktober. Elisabeth Dirr, die den Kirchenchor in Zusamaltheim leitet, sieht in den wöchentlichen Proben auch einen Moment der Entspannung im vorweihnachtlichen Stress. „Es ist für viele eine Gelegenheit zur Ruhe zu kommen“, sagt sie.
Ein großes Problem für die Kir- chenchöre bleibt der mangelnde Nachwuchs. Das bestätigt auch Michael Fink, der den Kirchenchor St. Martin in Lauingen sowie die Stiftskantorei Medlingen/Gundelfingen leitet. „Wir haben in Lauingen gar keinen Nachwuchs und in Gundelfingen nur wenig“, erklärt der Chorleiter. Das liege in Lauingen aber schlicht an der Struktur der Pfarrei und an Fehlern, die man in der Vergangenheit gemacht hat. Anders bei den Landfrauen: Die haben intensiv Werbung gemacht, wie Annett Jung erklärt. „Wir haben einige Schnupperproben angeboten“, erklärt die Altistin. Das zeigte Wirkung. Seitdem gäbe es sieben neue Mitglieder im Chor der Landfrauen. Die neuerliche Aufregung um schwindende Mitgliederzahlen sei aber unverständlich. „Wir mussten uns immer schon bemühen, um neue Sänger zu finden.“Das sei keine neue Entwicklung. Um das Problem mit dem Nachwuchs zu lösen, versucht man mancherorts, Flüchtlinge in den Chor aufzunehmen. Das ist aber nicht einfach, wie der Dillinger Flierl erklärt. „Die sprachlichen und kulturellen Hürden sind zu groß. Das macht ein Mitwirken bei Auftritten schwierig“, sagt er. In Dillingen gäbe es aber den „Chor der Begegnung“, in dem Flüchtlinge zusammen mit Menschen aus Dillingen singen. Dort sind die sprachlichen Anforderungen nicht so hoch wie im Basilikachor. Was die Auswahl der Musik angeht, glänzen die Chöre im Landkreis mit Vielfalt. Der Basilikachor in Dillingen orientiert sich stilistisch an den großen Werken der Kirchenmusik, beispielsweise von Bach, Händel und Mozart. Aber auch moderne Musiker wie Karl Jenkins seien im Repertoire des Chores vertreten. Ganz ähnlich ist das in den übrigen Chören im Landkreis. Von Moderne bis Klassik wird alles gesungen. Und in Zusamaltheim tritt man ab und an sogar mit einem Orchester auf. Das alles ist für die Sänger oft auch eine Herausforderung, für die man viel üben muss.
„Am Ende lohnt sich das wochenlange Proben aber immer“, findet Elisabeth Dirr. Denn die Auftritte seien jede Mühe wert. Beim Chor gehe es trotzdem um mehr als nur Gesang, Proben und Konzerte. „Uns geht es vor allem um die Gemeinschaft und um die persönliche Begegnung, gerade jetzt in der Weihnachtszeit.“