So vermeiden Sie Streit unter dem Christbaum
Ungeliebte Verwandtschaft, falsche Geschenke: Wie lässt sich miese Stimmung verhindern? Psychologin Antje Werner weiß Rat
Sie sind Psychologin bei der KJF-Familienberatung in Dillingen. Haben Sie rund um Weihnachten eigentlich mehr Arbeit? Antje Werner: Rund um Weihnachten haben wir nicht mehr Arbeit, bei uns melden sich Ratsuchende übers Jahr verteilt. Das „Fest der Liebe“feiern sehr viele Familien in geselligem Zusammensein und Harmonie. Der größte Teil der Eltern, Großeltern, Tanten, Onkels und Kinder genießt die Zeit miteinander mit geschmücktem Tannenbaum und allem, was zu Weihnachten gehört.
Trotzdem gibt es in manchen Familien gerade zu Weihnachten Streit. Warum ist das so? Werner: Streitereien gibt es vielleicht durch die hohe Anspannung und Erwartung, das Fest soll ja schön beziehungsweise perfekt werden. Zudem reden manchmal viele Generationen mit bei der Planung, und das kann dann schwierig werden. Auch lange Fahrtwege zueinander können zu Gereiztheit führen.
Wie kann man vorbeugen, damit es gar nicht zu dieser schlechten Stimmung kommt? Werner: Vorbeugen können die Familien durch gute, rechtzeitige Planung und eine nicht so hohe Erwartung. So könnten zum Beispiel alle Familienmitglieder ein Gericht zum Essen machen und mitbringen.
Sollte man Leute, mit denen man sich sowieso nicht gut versteht, besser gar nicht erst zu Weihnachten einladen? Werner: Vielleicht ist es gut, zu überlegen, wer eingeladen wird. Aber es braucht viel Mut, alte Familienrituale zu ändern und niemanden zu kränken. Es könnte ja auch eine Chance sein, sich von der friedlichen Stimmung anstecken zu lassen ...
Welche Unternehmungen eignen sich am besten mit Gästen, mit denen es von vornherein Spannungen gibt? Werner: Am besten wäre ein Winterspaziergang mit blauem Himmel und einer zünftigen Schneeballschlacht. Dafür muss man nur auf das passende Wetter hoffen.
Wenn es dann zum Streit unter dem Weihnachtsbaum kommt: Besser gleich klären oder erst die Feiertage abwarten? Werner: In jedem Fall: Stopp. Raus aus der Situation und später klären. Das gilt ja prinzipiell bei Zwistigkeiten: Die Emotionen abkühlen lassen, manchmal braucht es dafür auch eine Nacht. Erst danach sollte man versuchen, die Dinge zu klären. Konfliktpotenzial lauert häufig bei den Geschenken. Gibt es Strategien, um den unterschiedlichen Erwartungshaltungen bestmöglich gerecht zu werden? Werner: Bei den Geschenken gibt es eher enttäuschte Gesichter, wenn die Kinder einen langen Wunschzettel geschrieben haben. Konflikte sind dies wohl nicht, eher eine Folge unserer Konsum- und Werbewelt, die all die Wünsche erzeugt. Ein kleiner Tipp am Rande: Falls Geschenke Batterien benötigen, sollten diese im Hause sein.
Sollte man lieber auf Überraschungsgeschenke verzichten, um mögliche Konflikte auszuschließen? Werner: Das denke ich nicht. Überraschungsgeschenke sind toll und ich glaube, dass viele Menschen dies lieben.
Angenommen, ein Geschenk entspricht so gar nicht dem persönlichen Geschmack: Lieber direkt ansprechen oder gute Miene zum miesen Geschenk? Werner: Das kommt sehr darauf an, von wem das Geschenk ist und ob dieser mit einer derartigen Reaktion umgehen kann.
Gerade für Kinder ist das Weihnachtsfest etwas ganz Besonderes. Inwieweit sollte man ihnen die Illusion von Christkind und Weihnachtsmann lassen? Werner: Schön ist doch, dass Kinder diese Illusion wollen, sie fragen doch nicht, ob es das Christkind wirklich gibt. Es sind die rationalen Erwachsenen, die dies aufklären wollen, obwohl es dazu keine Notwendigkeit gibt. Größere Geschwister genießen es, zusammen mit dem kleinen Bruder oder der Schwester vom Christkind zu sprechen, obwohl sie selbst sehr wohl wissen, das es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt. Der Zauber der Weihnacht wird so über Generationen bewahrt und gepflegt und schadet den Kindern aus meiner Sicht gar nicht.
Interview: Andreas Schopf