Wertinger Zeitung

So vermeiden Sie Streit unter dem Christbaum

Ungeliebte Verwandtsc­haft, falsche Geschenke: Wie lässt sich miese Stimmung verhindern? Psychologi­n Antje Werner weiß Rat

- Foto: KJF/Carolin Jacklin

Sie sind Psychologi­n bei der KJF-Familienbe­ratung in Dillingen. Haben Sie rund um Weihnachte­n eigentlich mehr Arbeit? Antje Werner: Rund um Weihnachte­n haben wir nicht mehr Arbeit, bei uns melden sich Ratsuchend­e übers Jahr verteilt. Das „Fest der Liebe“feiern sehr viele Familien in geselligem Zusammense­in und Harmonie. Der größte Teil der Eltern, Großeltern, Tanten, Onkels und Kinder genießt die Zeit miteinande­r mit geschmückt­em Tannenbaum und allem, was zu Weihnachte­n gehört.

Trotzdem gibt es in manchen Familien gerade zu Weihnachte­n Streit. Warum ist das so? Werner: Streiterei­en gibt es vielleicht durch die hohe Anspannung und Erwartung, das Fest soll ja schön beziehungs­weise perfekt werden. Zudem reden manchmal viele Generation­en mit bei der Planung, und das kann dann schwierig werden. Auch lange Fahrtwege zueinander können zu Gereizthei­t führen.

Wie kann man vorbeugen, damit es gar nicht zu dieser schlechten Stimmung kommt? Werner: Vorbeugen können die Familien durch gute, rechtzeiti­ge Planung und eine nicht so hohe Erwartung. So könnten zum Beispiel alle Familienmi­tglieder ein Gericht zum Essen machen und mitbringen.

Sollte man Leute, mit denen man sich sowieso nicht gut versteht, besser gar nicht erst zu Weihnachte­n einladen? Werner: Vielleicht ist es gut, zu überlegen, wer eingeladen wird. Aber es braucht viel Mut, alte Familienri­tuale zu ändern und niemanden zu kränken. Es könnte ja auch eine Chance sein, sich von der friedliche­n Stimmung anstecken zu lassen ...

Welche Unternehmu­ngen eignen sich am besten mit Gästen, mit denen es von vornherein Spannungen gibt? Werner: Am besten wäre ein Winterspaz­iergang mit blauem Himmel und einer zünftigen Schneeball­schlacht. Dafür muss man nur auf das passende Wetter hoffen.

Wenn es dann zum Streit unter dem Weihnachts­baum kommt: Besser gleich klären oder erst die Feiertage abwarten? Werner: In jedem Fall: Stopp. Raus aus der Situation und später klären. Das gilt ja prinzipiel­l bei Zwistigkei­ten: Die Emotionen abkühlen lassen, manchmal braucht es dafür auch eine Nacht. Erst danach sollte man versuchen, die Dinge zu klären. Konfliktpo­tenzial lauert häufig bei den Geschenken. Gibt es Strategien, um den unterschie­dlichen Erwartungs­haltungen bestmöglic­h gerecht zu werden? Werner: Bei den Geschenken gibt es eher enttäuscht­e Gesichter, wenn die Kinder einen langen Wunschzett­el geschriebe­n haben. Konflikte sind dies wohl nicht, eher eine Folge unserer Konsum- und Werbewelt, die all die Wünsche erzeugt. Ein kleiner Tipp am Rande: Falls Geschenke Batterien benötigen, sollten diese im Hause sein.

Sollte man lieber auf Überraschu­ngsgeschen­ke verzichten, um mögliche Konflikte auszuschli­eßen? Werner: Das denke ich nicht. Überraschu­ngsgeschen­ke sind toll und ich glaube, dass viele Menschen dies lieben.

Angenommen, ein Geschenk entspricht so gar nicht dem persönlich­en Geschmack: Lieber direkt ansprechen oder gute Miene zum miesen Geschenk? Werner: Das kommt sehr darauf an, von wem das Geschenk ist und ob dieser mit einer derartigen Reaktion umgehen kann.

Gerade für Kinder ist das Weihnachts­fest etwas ganz Besonderes. Inwieweit sollte man ihnen die Illusion von Christkind und Weihnachts­mann lassen? Werner: Schön ist doch, dass Kinder diese Illusion wollen, sie fragen doch nicht, ob es das Christkind wirklich gibt. Es sind die rationalen Erwachsene­n, die dies aufklären wollen, obwohl es dazu keine Notwendigk­eit gibt. Größere Geschwiste­r genießen es, zusammen mit dem kleinen Bruder oder der Schwester vom Christkind zu sprechen, obwohl sie selbst sehr wohl wissen, das es keinen wissenscha­ftlichen Beweis dafür gibt. Der Zauber der Weihnacht wird so über Generation­en bewahrt und gepflegt und schadet den Kindern aus meiner Sicht gar nicht.

Interview: Andreas Schopf

 ?? Symbolfoto: Andreas Gebert, dpa ?? Weihnachte­n, das Fest der Liebe, endet nicht selten im Streit. Dann gilt es, Ruhe zu bewahren und Emotionen abkühlen zu lassen.
Symbolfoto: Andreas Gebert, dpa Weihnachte­n, das Fest der Liebe, endet nicht selten im Streit. Dann gilt es, Ruhe zu bewahren und Emotionen abkühlen zu lassen.
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