Barocker Kitsch und moderne Kunst
(Serie) In Buttenwiesener Ortsteil-Kirchen finden sich zwei sehr unterschiedliche Gemälde der Geburt Christi. In Frauenstetten in barocker Mode und in Unterthürheim im Stil der Nachkriegszeit
Die Kirchen im Landkreis sind reich an Gemälden, Skulpturen und Schmuck – Kulturschätze und Darstellungen als Zeugen des Glaubens, der Gottesverehrung und christlicher Frömmigkeit. Bilder und ihre Geschichten aus der Bibel bestimmten über Jahrhunderte hinweg das Leben und den Jahreslauf der Menschen. Die Weihnachtszeit und das Fest der Geburt Christi nimmt hier eine besondere Stellung ein. Wir haben uns umgeschaut, welche weihnachtlichen Darstellungen es – abgesehen von Krippen – in den Kirchen gibt.
Buttenwiesen Die schönen Grußkarten von Bürgermeister Hans Kaltner zur Weihnachtszeit brachten sie ans Licht: auch in den Buttenwiesener Kirchen gibt es Darstellungen der Heiligen Nacht. Die Geburt Christi zeigen auf sehr unterschiedliche Weise ein Altarblatt der Sankt Anna-Kirche Frauenstetten und ein Deckenmedaillon in der Pfarrkirche Maria Hilf in Unterthürheim. Zeitlich liegt ihre Entstehung gar nicht weit auseinander. Die Heilige Familie im Stall von Bethlehem am linken Seitenaltar der Anna-Kirche Frau- enstetten hat ein „H. Baumann“1942 gemalt, das Medaillon in Unterthürheim entstand 1957 aus den Händen von Franz Hummel.
Kreisheimatpfleger Alois Sailer bedauert ein bisschen, dass das Gemälde von H. Baumann, über den nicht viel bekannt ist, heute den Platz einnimmt, an dem einst eine Arbeit von Franz Klemmer hing. Der Kirchenmaler Klemmer, später Professor an der Akademie der bildenden Künste in München, hat im Umfeld viele Kirchen ausgestattet. Unter anderem malte er in Donauwörth in Heilig Keuz und in Wertingen das Deckenbild der Pfarrkirche Sankt Martin. Weitere Werke Klemmers finden sich in der Kirche Pfaffenhofen, wo er auch begraben ist.
Franz Klemmer wurde also am Seitenaltar der Anna-Kirche Frauenstetten ausgewechselt und musste dem unbekannten H. Baumann weichen. Dessen Darstellung der Heiligen Nacht erachtet Alois Sailer als künstlerisch zweitrangig, als „barocke Mode“, fast als Kitsch. Denn Baumann habe im Jahr 1942 die „Barockzeit einfach nachgemacht“. Ein Gemälde in barocker Tradition, sich an den späteren Nazarenerstil anlehnt, wie Sailer kritisch bemerkt. Ganz glücklich ist er damit nicht, weil es nicht dem Stil seiner Entstehungszeit entspricht und somit kein eigenständiges Werk sei.
Das Altarbild hat dennoch seinen Reiz, wie Kunstsammler und -kenner Gerhard Burkard aus Unterthürheim meint. Genauer betrachtet finden sich reizvolle Details um das farbenfreudige Geschehen der Geburt Jesu: Ein Hirte, der ein Huhn unter den Arm geklemmt hat und damit wohl die Familie beschenken will. Oder ein Korb voller Eier, der zu Füßen eines anderen Hirten steht. Daneben ein Symbol: ein Lamm mit zusammengebundenen Beinen, die an das „Lamm Gottes“und die Kreuzigung erinnern, erklärt Kreisheimatpfleger Sailer.
Ganz authentisch hingegen – und somit ehrlich und eigenständig – erachtet Alois Sailer das Decken-Medaillon in der Pfarrkirche Maria Hilf von Unterthürheim. Dessen Maler Franz Hummel (1896 bis 1974) hat Sailer gut gekannt. Hummel ging im Hause Sailer in Lauterbach aus und ein. Auch wenn in der Landwirtschaft Sailer geschlachtet wurde. Hummel kaufte frisches Fleisch, und Alois Sailer lies sich dieses nicht bezahlen – Hummel war kein reicher Mann – sondern erbat dafür ein Gemälde. Sailer erinnert sich: „Bis die Sau geschlachtet war, ist der Hummel spazieren gegangen, das konnte er nicht sehen. Fleisch und Wurst hat er aber dann schon mitgenommen.“
Noch heute hängen im Haus Sailer Hummel-Bilder, mit denen der Maler seine Ware bezahlt hat. Es sind Entwürfe für das Altarblatt der Kirche Lauterbach, das Hummel geschaffen hat. Franz Hummel aus Göggingen war damals ein gefragter Kirchenmaler und Autodidakt. Ohne künstlerische Vorbildung habe er einfach bei Professor Franz Klemmer in der Akademie München angeklopft, diesem seine Bilder unter die Nase gehalten und gesagt er wolle das Malen lernen, weiß Alois Sailer. Der Professor erkannte das Talent Hummels und wurde zu dessen Lehrmeister.
So kam es, dass Hummels Gemälde überall im Augsburger und Wertinger Raum zu finden sind. Seine Graffittis zieren heute noch die Realschule Wertingen und Schule Laudass terbach und einen Bau der Siedlungsgenossenschaft Wertingen in der Kölle-Siedlung. Auch als Kirchenmaler ist Hummel in der Region vielseitig vertreten.
Sein Deckenmedaillon in der Unterthürheimer Kirche hat Franz Hummel 1957 gemalt. Eine Besonderheit: es ist kein Fresko, sondern ein Secco, wie Alois Sailer erklärt. Bei einem Fresko werde die Farbe auf den nassen Putz aufgetragen. Der Putz saugt sich damit voll. Ein Secco hingegen wird auf nasse Kalkmilch gemalt, flächig aufgetragen. Das Bild bekommt keine Tiefe, eher transparente Leichtigkeit mit zeichnerischen Effekten. Am Unterthürheimer Medaillon habe Hummel diese Technik erstmals erprobt, weiß Sailer, und er sei mit seinem Ergebnis sehr zufrieden gewesen. Besonders reizvoll am Hummels Geburt im Stall empfindet Sailer die faulen Engelchen, die es sich im Gebälk über der Krippe gemütlich gemacht haben. Die flächig aufgetragenen Farben leuchten zart – ein freundliches Bild, dem die Schwere vergangener Jahrhunderte fehlt, das Optimismus ausstrahlt und Zuversicht.