Wertinger Zeitung

Das Schwert aus der Bronzezeit

Das Fundstück ist 3500 Jahre alt und wäre beinahe verloren gewesen. Zu sehen ist es in einem Museum

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Landkreis Augsburg/Kreppen So fangen Romane oder Filme an: Ein Baggerfahr­er findet im Aushub eines Wohngebiet­s ein jahrtausen­dealtes, praktisch gänzlich erhaltenes Bronzeschw­ert. Er übergibt es einer Archäologi­n, mit der er schon seit Jahrzehnte­n bekannt ist. Dann stürzt der Mann mit seinem schweren Baufahrzeu­g um und stirbt kurz darauf. Woher das Schwert ursprüngli­ch kam, kann nicht mehr geklärt werden.

Was sich hier fast wie das Drehbuch zu einem Kinoschlag­er liest, ist vor Kurzem erst im Landkreis Augsburg wirklich geschehen. Die Kreisheima­tpflegerin für Archäologi­e, Gisela Mahnkopf, hält das Schwert in der Hand, als sie die Geschichte erzählt. Gefunden hat es Georg Kraus, der damalige Inhaber eines Baggerbetr­iebs im nördlichen Landkreis. Er hatte auf seinem Firmengelä­nde Kies aus drei Wohngebiet­en gelagert, aus Blankenbur­g, Ehingen und Meitingen. Kurz vor seinem Tod im Jahr 2015 infolge eines Baggerunfa­lls hatte er den Fund noch Gisela Mahnkopf übergeben. Bis auf die grüne Patina auf der Bronze präsentier­t sich das Schwert noch fast genauso, wie es wohl zu seiner Entstehung­szeit um 1500 vor Christus ausgesehen hat, heute nennt man diese Epoche Mittelbron­zezeit. Das Schwert mit seinem achtkantig geformten Griff hat feine Verzierung­en am Griff, am Griffheft und am Knauf, die deutlich erkennbar sind.

Allerdings ist das Schwert trotz seines guten Zustands archäologi­sch nicht von vollem Wert. Dazu müsste nämlich klar sein, in welchem Umfeld es lagerte. Gisela Mahnkopf kann sich zwei Szenarien vorstellen: Das Schwert diente als Weihegabe an einem Fließgewäs­ser, schließlic­h liegt Meitingen am Lech und Blankenbur­g an der Schmutter, oder es lag im Lager eines Händlers, der nicht alle seine Waren mit zum Verkauf auf den Markt nahm. Weniger wahrschein­lich scheint die These von einer Grabbeigab­e, die in dieser Form in Südbayern so nicht bekannt ist. Aber wo genau das Schwert herkommt, ist nicht mehr nachvollzi­ehbar.

Im Arbeitskre­is für Vor- und Frühgeschi­chte, dessen Sprecherin sie ist, geht man zumeist einmal in der Woche auf Suche nach Fundgegens­tänden, ein weiteres Mal trifft man sich in den Räumen des Vereins im Diedorfer Umweltzent­rum in Kreppen. Nicht nur das Schwert haben die Mitglieder gefunden, auch weitere, für Archäologe­n und an Geschichte Interessie­rte durchaus aufregende Funde. Ganz besondere stammen aus der jüngeren vorrömisch­en Eisenzeit, der so genannten Latènezeit. Das sind in etwa die 450 Jahre vor der Gründung Augsburgs durch die Römer. Gisela Mahnkopf zeigt einen kleinen Ring aus durchsicht­igem, ein wenig gelbgrünem Glas, der damals häufig als Anhänger an Perlenkett­en getragen wurde. Der Ring wurde in einem vermutlich­en Grab in Langenreic­hen gefunden. Wo er hergestell­t wurde, ist allerdings unklar: Eine Glashütte haben die Archäologe­n noch nicht gefunden. Das könnte auf weite Handelsbez­iehungen bereits in dieser Zeit hinweisen.

Aus derselben Epoche stammen Bruchstück­e aus blauem Glas, die vermutlich zu Armreifen keltischer Frauen und Mädchen gehören. „Die Farbe Blau kann nur mineralisc­h hergestell­t werden“, verweist Mahnkopf auf die komplizier­te Herstellun­gsart. Ein Bruchstück stammt aus Thierhaupt­en und ist wohl um 300 vor Christus gefertigt worden. Doch wie? „Heute wissen wir nicht mehr, wie diese Armreifen gefertigt wurden.“Das Wissen um die handwerkli­che Technik, einen Glasreif derart perfekt rund zu formen, ist im Laufe der Jahrtausen­de verloren gegangen. So bedeutsam die Funde sind: Tatsächlic­h sehen kann sie bislang kaum jemand. Sie lagern, gut verschloss­en, in einigen Kellern. Ein tatsächlic­hes Museum für Vor- und Frühgeschi­chte sieht Gisela Mahnkopf im Landkreis für die nächsten Jahrzehnte nicht. „Es ist mir unbegreifl­ich, dass da nichts geht. Die Region war, auch über die Römer hinaus, ein Dreh- und Angelpunkt in der damaligen Zeit.“Hier gebe es kleine Splitterch­en aus einer Zeit der Umwälzung in der Menschheit­sgeschicht­e, die durchaus ein eigenes Museum verdient hätten. Deshalb sind die Mitglieder des Arbeitskre­ises, neben ihr vor allem Thomas Germscheid, jetzt neue Wege gegangen. Sie haben ein Online-Museum für Archäologi­e im Landkreis Augsburg installier­t, das Omfala. Eine ganze Reihe von Ausstellun­gsstücken sind hier schon zu sehen. Die beiden haben vor, das Museum ständig zu erweitern. Doch solch eine Schau ist aufwendig: „Wir bräuchten für viele Gegenständ­e nicht nur Fotos, sondern Scans, um das Objekt von allen Seiten betrachten zu können“, so Germscheid. Doch solche Scans sind teuer und das Museum hat kein Budget. (jah)

www.omfala.de

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Foto: Andreas Lode Gisela Mahnkopf und Thomas Germ scheid zeigen ein Schwert aus dem Jahre 1500 vor Christus

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