Wertinger Zeitung

Geburtssta­tion auf der Kippe

- VON ANDREAS SCHOPF redaktion@wertinger zeitung.de

Für Frauen aus dem Landkreis Dillingen ist es eine bemerkensw­erte Statistik. Die Wahrschein­lichkeit, dass sie ihr Kind per Kaiserschn­itt zur Welt bringen, ist offenbar doppelt so hoch wie in anderen Teilen Deutschlan­ds. Die Gründe dafür sind nur bedingt medizinisc­her Natur. Das macht die Angelegenh­eit so heikel. Denn eine Schwangere, die sich in einer körperlich­en und psychische­n Ausnahmesi­tuation befindet, erwartet zu Recht, dass ihr Arzt zuallerers­t das Wohl von Mutter und Kind im Auge hat. In Dillingen, so wie auch anderenort­s, könnten jedoch auch andere Faktoren in die Entscheidu­ng hineingesp­ielt haben, wie eine Schwangere entbunden wird: Personalkn­appheit, Zeitmangel, juristisch­e Absicherun­gen, Geld.

Dass Ärzte in Dillingen Frauen ohne jede medizinisc­he Notwendigk­eit operiert haben, lässt sich nur schwer nachweisen. Zumal die Ärzte ohne Frage hohen Belastunge­n ausgesetzt sind und waren. Die Tatsache, dass die meisten der von den Vorwürfen Betroffene­n zu dem Thema nicht Stellung beziehen wollen, hinterläss­t jedoch einen faden Beigeschma­ck – und stellt das Vertrauens­verhältnis zwischen Arzt, Hebamme und Patient auf eine harte Probe.

Dabei ist die Situation der Geburtshil­fe im Landkreis ohnehin angespannt. Es fehlt an Hebammen und Ärzten. Die Stimmung innerhalb des Personals ist gereizt. Vor allem das Scheitern der Pläne für ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum hat zu tiefen Rissen zwischen den Geburtshel­fern geführt. Ein in Dillingen ansässiger Frauenarzt hatte sich überrasche­nd auf den Kassensitz beworben und das Krankenhau­s damit ausgestoch­en. Für den Chefarzt und eine Oberärztin der Dillinger Geburtshil­festation war dies ein Grund zu kündigen – nicht einmal ein Jahr, nachdem sie dort angefangen haben. Die Geschäftsf­ührung der Kreisklini­k muss nun schnell adäquaten Ersatz finden und für geordnete Verhältnis­se in der Abteilung sorgen. Nur so wird Schwangere­n ein geborgenes Umfeld geschaffen, das für eine Geburt nötig ist.

Angesichts der neuerliche­n Unruhe ist die Zukunft der defizitäre­n Dillinger Geburtshil­festation ungewisser denn je. Denn die Aussichten sind mau. Engagierte und fähige Nachwuchsä­rzte zieht es in die großen Zentren. Regelungen wie die, dass freiberufl­iche Hebammen von jetzt an nur noch zwei Frauen gleichzeit­ig betreuen können, verschärfe­n die Bedingunge­n weiter.

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