Sie will die Welt mit fröhlichen Sprüchen etwas schöner machen
Zuerst verteilte Nicola Hilgenberg ihre kleinen Kärtchen heimlich. Inzwischen gibt es sie in Läden und Cafés in Wertingen und Dillingen. Die Zeilen darauf berühren viele Menschen
Lauingen Als alles schiefging, zuletzt der Wagen liegenblieb und ihr der rettende Bus bei eisigen Temperaturen vor der Nase wegfuhr, da stand Nicola Hilgenberg mit schwerem Gepäck am Straßenrand und wartete auf die versteckte Kamera. Bei dem Gedanken, dass gleich jemand mit einer Kamera aus dem Gebüsch springen und „Überraschung“rufen würde, musste sie dann doch lachen. „Ich bin Lebensfreude“, sagt die 52-jährige zierliche Frau aus Lauingen. Und die will sie weitergeben.
Ihre Zeit verbringt sie am liebsten in Cafés. Dort beobachtet sie das bunte Treiben. Vor knapp zwei Jahren fiel ihr auf, wie traurig viele Menschen schauen. Also malte Nicola Hilgenberg kleine Kärtchen mit fröhlichen Sprüchen – und ließ sie heimlich am Tisch im Café zurück. Auf der Rückseite stand: „Aus der Hand ins Herz-Botschaft. Behalte die Karte so lange, bis du sie weitergeben möchtest. Oder lass sie hier liegen. Lass uns das Leben gemeinsam schöner machen. Ein Engel der Stadt.“
Eines Tages wurde die Autorin in Isas Café in Wertingen darauf angesprochen: „Sie sind doch ein Engel der Stadt?“Die Karten waren super angekommen, man wollte mehr. „Von da an habe ich gemalt wie ein Weltmeister.“Die alleinerziehende Mutter zweier erwachsener Töchter hatte gerade nach 18 Jahren gekündigt, war zu ihrem Lebensgefährten nach Lauingen gezogen und arbeitslos. „Ich hatte viel Zeit.“Sie erfuhr immer mehr bewegende Geschichten über Menschen, die ihre Karten gelesen hatten. Nicola Hilgenberg hatte etwa auf einer Friedensdemo in München ihre Kärtchen dabei. „Ein Mann zog eine, las sie, hielt sie sich ans Herz und begann fast zu weinen.“Wenn man Menschen so berühren kann, meint die Autorin, sei das genau das Richtige.
Fast 300 Sprüche gibt es bislang und 300 unterschiedliche Motive. Alles ist im Laptop gespeichert, zig Kärtchen stecken fein sortiert in Kartons. Nur mit ihrer Homepage ist sie noch nicht zufrieden. „Die müsste etwas professioneller sein.“Auf ihrer Internetseite www.lebedoch-endlich.de melden sich viele dankbare Menschen, die etwa schreiben: „Ich suche schon länger nach einer Antwort auf eine Frage – jetzt habe ich sie gefunden.“
Hinter jedem Spruch steckt eine Geschichte, die die fröhliche Frau, die sich wie 36 fühlt, selbst erlebt hat – vom Aha-Erlebnis bis zur Krise. Die kleinen Kunstwerke werden mittlerweile in einer Druckerei in Dillingen vervielfältigt. Dort hat sie Sandra Eder aus Höchstädt kurz vor Weihnachten entdeckt. „Ich habe mir folgende Karte ausgesucht: Treib’s nicht zu bunt! Doch! Je bunter, umso bunter wird Dein Leben!“, schrieb sie unserer Zeitung begeistert per Mail.
Inzwischen hat Nicola Hilgenberg wieder einen Job – parallel dazu steigt die Nachfrage nach den Karten. Auch in Cafés in Dillingen, etwa in der Roggenkugel, und in Bioläden gibt es sie inzwischen. Die Lauingerin klappert alle ihre Kunden ab und verteilt die kostenlosen Kunstwerke. Die sollen auch weiterhin ein Geschenk bleiben. Nur im Kornstadel in Haunsheim kann man sie kaufen, etwa als Adventskalender oder, jetzt im März, als Tischkarten. Weil eine Frau so begeistert von ihrem Kaffeekränzchen erzählte, bei dem sie die heiteren, nachdenklichen und fröhlichen Zitate verteilte. Die hatten für tollen Gesprächsstoff gesorgt. Die Idee setzte Nicola Hilgenberg gleich pfiffig in Form eines Sets mit Karten und Aufstellern auf. Der Verkauf in Haunsheim deckt kaum die Druckkosten. Doch die Begegnung mit
„Ist Dein Leben ein Drama, oder könnte man auch eine Komödie daraus machen?“ „Ich habe heute jemandem die Vorfahrt geschenkt. Er schenkte mir ein Lächeln.“ „Kinder machen aus einem Gebüsch einen Feenwald. Erwachsene aus einer Mücke einen Elefanten.“
den Menschen im Kornstadel macht ihr Freude. Die Karten seien eine Berufung. „Es ist so einfach, die Welt damit ein bisschen schöner zu machen.“Auch wenn das Hobby zu Hause leichtes Chaos verursache, gesteht die 52-Jährige und lacht. Sie möchte noch mehr Menschen erreichen. Denn schlechte Nachrichten oder eine gravierende Veränderung, das sei alles nicht so schlimm. Selbst am Tiefpunkt könnten eine Kerze oder ein Lied aus dem Radio einen schönen Moment zaubern. „Es gibt Lichtblicke. Ich weiß, dass ich gut auf Menschen eingehen und sie mit Hoffnung bestücken kann“, sagt sie etwas nachdenklich. Aber sie könne nicht von jedem wissen, was ihm fehlt. Stattdessen könne man ja eine Karte nehmen.
„Wenn das Leben über Dich lacht, lach’ einfach mit.“