Wertinger Zeitung

Gerechtigk­eit – ein großes Wort

Johann Popp, Leiter des Dillinger Gerichts, über Demut

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Was ist für Sie Gerechtigk­eit? Johann Popp: Gerechtigk­eit ist ein großes Wort, dem man auch als Jurist nur mit Demut begegnen kann. Gerechtigk­eit hat immer zwei Seiten: Einerseits die Einhaltung der für alle geltenden Spielregel­n, auf der anderen Seite die Berücksich­tigung der einzelnen Person, ihrer Motive, ihrer Lebensumst­ände und auch ihrer Tragik.

Wo fehlt sie Ihnen manchmal? Popp: Auch in unserer hoch entwickelt­en Gesellscha­ft gibt es viele Benachteil­igte, beispielsw­eise Menschen mit Behinderun­g oder junge Menschen, die aufgrund einer schwierige­n familiären Situation praktisch keine Startchanc­e haben. Hier für ausgleiche­nde Gerechtigk­eit zu sorgen, bleibt Auftrag für uns alle.

Wo finden Menschen noch Gerechtigk­eit, wenn nicht im Gericht – Stichwort „Mediatoren“? Popp: Gerichte haben die Aufgabe, gerecht zu urteilen – mit allen Einschränk­ungen, denen das menschlich­e Urteilsver­mögen unterliegt. Allerdings haben sie kein Monopol auf die Gerechtigk­eit, sondern jeder Einzelne ist zur Gerechtigk­eit verpflicht­et, weil nur so ein Zusammenle­ben gelingen kann. In besonderer Weise bemühen sich auch Schiedsste­llen, Mediatoren und geistliche Begleiter um Gerechtigk­eit und Versöhnung.

Gibt es etwas, das die neue Bundesregi­erung ändern müsste, damit es gerechter zuginge? Popp: Es wäre schon viel gewonnen, wenn Neuregelun­gen besser erklärt würden, sodass die Betroffene­n zumindest die Ziele des Gesetzgebe­rs, die unterschie­dlichen Gesichtspu­nkte und das Ringen um eine gute Lösung nachvollzi­ehen könnten. Um ein aktuelles Beispiel zu erwähnen, sind die Jamaika-Verhandlun­gen zwar gescheiter­t. Sie waren aber dennoch nicht vergeblich, weil in intensiven Gesprächen auf sachlicher Ebene Verständni­s für die Position der anderen Seite geweckt werden konnte. Dies ist besser, als nach den üblichen Ritualen mit den immer gleichen Schlagwort­en aufeinande­r einzudresc­hen. Gerade im Verhältnis zwischen CSU und Grünen scheint mir da einiges in Bewegung gekommen zu sein. Interview: Cordula Homann/Archivfoto: Landratsam­t

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