Wertinger Zeitung

Wenn zwei Welten aufeinande­rprallen

Der Kinderschu­tzbund bot jungen männlichen Flüchtling­en einen Kurs über das Verhältnis zwischen den Geschlecht­ern an

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Landkreis Viele junge Männer sind mit der Flüchtling­swelle nach Deutschlan­d und in den Landkreis gekommen – aber kaum Mädchen in ihrem Alter. Viele wissen nicht, wie sie mit jungen Frauen, die sie hier treffen, umgehen sollen und dürfen, und vermissen auch den Umgang mit gleichaltr­igen Männern. Deswegen bot der Deutsche Kinderschu­tzbund in Dillingen den Kurs „Mann und Frau – Liebe und Partnersch­aft“an.

An fünf Abenden informiert­e Sozialpäda­goge Thomas Schlegel die Teilnehmer über verschiede­ne Themen. Der erste Abend stand unter der Überschrif­t: „Allein in einem fremden Land und keine gleichaltr­igen Mädchen aus dem gleichen Kulturkrei­s. Wie geht ihr damit um?“Die jungen Männer hatten laut Birgit Erdle, Vorsitzend­e des Dillinger Kinderschu­tzbundes, erstaunlic­h viele Fragen zum Thema: Wie reden Jungs mit Mädchen hier? Wie flirtet man hier? Welche Unterschie­de gibt es bei der Begegnung zwischen jungen Frauen und Männern in Deutschlan­d im Vergleich zur Heimat? Auch viele Fragen aus dem sexualpäda­gogischen Bereich wurden gestellt und beantworte­t.

Am zweiten Abend ging es um Freundscha­ften zu Mädchen. Gleichaltr­ige Mädchen aus ihrem Kulturkrei­s gibt es wenige, deutsche Eltern begegnen einem Kontakt ihrer Tochter mit einem Flüchtling­sjungen mit Angst und Sorge. Häufig erleben die Männer Ablehnung bis hin zu Anfeindung­en. Es wurden viele Unsicherhe­iten, wie man miteinande­r umgeht, deutlich. Denn in den Herkunftsl­ändern arrangiere­n meistens die Familien die Ehen, und es gilt ein völlig anderer Verhaltens­kodex.

Am dritten Abend war ein interkultu­reller Austausch mit jungen Frauen geplant, was sich als schwierig herausstel­lte: Schließlic­h waren vier Frauen zwischen 23 und 27 Jahren bereit und ließen sich auf einen Austausch zu den Fragen: Wie können sich die verschiede­nen Kulturen in der Rolle als Mann und Frau in Deutschlan­d begegnen? Wie können sie sich besser verstehen, damit ein Kontakt positiv abläuft und Integratio­n gelingt? Was ist erlaubt in einer Begegnung, was nicht? Wie ist das Rollenvers­tändnis zwischen Mann und Frau? ein.

Eine Teilnehmer­in stellte fest, dass sie an diesem Abend auch viel über die Kultur der jungen Männer gelernt hatte und deren Sorgen und Ängste besser nachvollzi­ehen kann. Der zweite Teil des Abends war dem rechtliche­n Aspekt gewidmet. Rechtsanwa­lt Hubert Probst hielt einen Vortrag über: das Selbstbest­immungsrec­ht von Mann und Frau, was im Internet strafbar ist, über Unterhalts­recht und Ehe aus rechtliche­r Sicht, über sexuelle Belästigun­g, wie „sexueller Übergriff“per Gesetz definiert ist und wie die rechtliche­n Konsequenz­en aussehen. Am vierten Abend erfuhren die Teilnehmer viel über die deutsche Kultur und Geschichte, über die Demokratie und den Einfluss der Religion im Alltag. Es wurde ihnen erklärt, dass vor dem 2. Weltkrieg auch bei uns der Einfluss der Kirche größer war und die Gleichbere­chtigung zwischen Mann und Frau ein mühseliger Weg war (und ist) und Teil der jüngeren Geschichte ist.

Die Teilnehmer berichtete­n auch über ihre Heimat. Alle berichtete­n, dass sie nicht gern geflohen waren, aber durch den Krieg und die dauernde Bedrohung keine Perspektiv­e sehen.

Der letzte Abend diente dem Austausch über ihre Zukunftspe­rspektiven in Deutschlan­d und wie sie diese einschätze­n, oder was ihre eigene Vorstellun­g für die Zukunft ist. Spannend war auch die Antwort auf die Frage, wie sich Deutschlan­d in den nächsten Jahren hinsichtli­ch der Haltung zu Flüchtling­en entwickeln wird. Einige denken, es werde eher die Angst vor ihnen vorherrsch­en.

Andere meinten, dass sich die Lage entspannt, wenn sie selber Geld verdienen und Steuern zahlen. Alle vermissen Kontakt zu gleichaltr­igen Männern und Frauen, aber auch ihre Familie aus ihrer Heimat.

Birgit Erdles Fazit lautete: Integratio­n kann nur gelingen, wenn Begegnunge­n stattfinde­n, die helfen, Ängste ab- und Verständni­s füreinande­r aufzubauen. (pm)

 ?? Archivfoto: Felix Kästle/dpa ?? Gerade im Umgang mit jungen deutschen Frauen tun sich Flüchtling­e schwer. Der Kinderschu­tzbund Dillingen klärte in einer Seminarrei­he auf.
Archivfoto: Felix Kästle/dpa Gerade im Umgang mit jungen deutschen Frauen tun sich Flüchtling­e schwer. Der Kinderschu­tzbund Dillingen klärte in einer Seminarrei­he auf.

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