Wertinger Zeitung

Welt, wir haben ein Problem!

Kaum Lob, kaum Kompliment­e – was läuft da schief?

- VON ANDREAS FREI

Augsburg Deutschlan­d, wir haben ein Problem! Es fängt in den eigenen vier Wänden an und hört im Supermarkt noch lange nicht auf. Wir verteilen zu wenig Lob, Kompliment­e, verbale Nettigkeit­en. Es reicht halt nicht, der Göttergatt­in einmal die Woche den Satz hinzuschme­ttern: „Schön, dass du endlich die Bierflasch­en wegräumst“– Stichwort vergiftete­s Lob. Oder den Vordermann an der Ladentür schweigend anzustarre­n, weil dieser sich erdreistet, selbige aufzuhalte­n – nach dem Motto: Sei froh, dass ich schweige, ich könnte dich auch anpflaumen, weil es regnet. Gut 70 Prozent der Deutschen bekommen höchstens alle paar Tage mal ein Lob vom eigenen Partner, zeigt eine Umfrage für die OnlinePart­nervermitt­lung ElitePartn­er. Gleichzeit­ig gibt es schon unfassbar viele Smartphone-Apps, die ihre Nutzer, sagen wir, jeden Tag um 6.30 Uhr mit Gedudel und so Sprüchen wecken wie: „Bist ein netter Kerl“oder „Du machst einen guten Job“. Die neueste Variante kommt vom Kulturvere­in Schloss Bröllin e.V. aus Vorpommern. Weil: „In unserem Landstrich gilt ein Lachen schon fast als Heiratsant­rag, und Neuankömml­inge grüßen wir erst ab der dritten Generation“, sagt Projektlei­ter Bartel Meyer. Deshalb die Kompliment­e-App. Schmeichel­eien wie „Du hast so wunderschö­ne Augen“interessie­ren dabei nicht. Es geht um freundlich­e Worte. Nicht mehr, nicht weniger.

Trösten wir uns damit, dass auch außerhalb Deutschlan­ds Übungsbeda­rf besteht. Der kanadische Schauspiel­er Donald Sutherland hat gerade die Geschichte erzählt, wie vor 35 Jahren eine Stewardess zu ihm sagte: „Sie sind Donald Sutherland, nicht wahr? Sie sind nicht annähernd so hässlich wie im Fernsehen.“

Welt, wir haben ein Problem!

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Foto: DDRockstar, Fotolia

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