Wertinger Zeitung

Ein unvorstell­bares Paar. Eigentlich…

Das Püppchen und der Krieger? Ausgerechn­et Diane Kruger und Fatih Akin bescheren dem deutschen Film mal wieder einen internatio­nalen Triumph

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Glaubte einem doch keiner, wenn man so eine Geschichte erfinden würde, oder? Da ist das Arbeiterki­nd, Sohn türkischer Eltern, geboren in Hamburg-Altona, in muslimisch­em Glauben und türkischer Sprache erzogen, guter Schüler aber, und mit einer Handkamera unterwegs, träumt vom Filmemache­n, landet aber doch immer nur als „Türke vom Dienst“vor der Kamera irgendwelc­her TV-Produktion­en. Und da ist das BankerTöch­terchen aus der Nähe von Hildesheim, Ballett-Ausbildung in London, früh schon unterwegs in Richtung internatio­nale ModellKarr­iere, dann Schauspiel­schule in Paris, für den Film entdeckt, nach Hollywood übergesied­elt, US-Bürgerin geworden… Wie sollte das jemals zusammenge­hen?

Nun könnte man sagen: Die Kunst kann so was eben. Aber auch da: Als aus dem Arbeiterki­nd Fatih Akin dann nach dem Studium doch ein Regisseur geworden ist, macht er mit harten, schmutzige­n, wuchtigen Filmen auf sich aufmerksam – vor allem mit dem furiosen „Gegen die Wand“(2003), einem Meilenstei­n des Milieukino­s in Deutschlan­d. Und als nur ein Jahr später aus dem Banker-Töchterche­n Heidkrüger endgültig der Hollywoods­tar Diane Kruger wurde, spielte sie die strahlend schöne Helena im AntikeEpos „Troja“an der Seite von Brad Pitt, eine makellose Oberfläche. Also noch mal: Wie sollte das jemals zusammenge­hen?

Hier der deutsche Filmemache­r, 44, schwankend zwischen Treffern mit Roadmovies wie „Im Juli“oder „Tschick“und Pleiten wie zuletzt dem politisch heiklen „The Cut“über den türkischen Völkermord an den Armeniern, verheirate­t mit einer Deutschmex­ikanerin, immer noch in Hamburg lebend, in einer alten Fischhalle, Vater zweier Kinder, Hobby-DJ und Amateurbox­er – dort die internatio­nale Filmdiva, 41, kinderlos und geschieden, Wohnsitze in Paris und Los Angeles, die ja schon vieles gespielt hat, auch Tragisches, auch eine Deutsche in Quentin Tarantinos „Inglouriou­s Basterds“, aber noch nie in einem deutschen Film…

Doch tatsächlic­h: Fatih Akin hat sich an eine Verfilmung der NSUMorde getraut, er hat von Diane Kruger als Hauptdarst­ellerin geträumt, sie hat sich Zeit gelassen mit einer Antwort auf seine Anfrage – und hat sich dann auch getraut. Und sieh an: Seine Wucht und ihre Wirkung – das erschien nicht nur vielen Kritikern sofort als ein Traumpaar, das internatio­nal wirken könnte. „Aus dem Nichts“gereicht nun beiden tatsächlic­h zu den höchsten Ehren ihrer Karrieren! Kruger wurde schon beim Filmfestiv­al in Cannes als beste Darsteller­in ausgezeich­net, Akin nun bei den Golden Globes – und demnächst beide bei den Oscars? Klar, würde zu der unglaublic­hen Geschichte passen. Wolfgang Schütz

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Foto: dpa

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