Wertinger Zeitung

„Tage der Männermach­t sind gezählt“

Die Preise waren fast Nebensache: Bei der 75. Gala bliesen Hollywoods Frauen lautstark zum Kampf gegen Sexismus. Triumph für den deutschen Regisseur Fatih Akin

-

Los Angeles Es war Hollywoods Nacht der starken Frauen in schwarzen Roben: Die 75. GoldenGlob­e-Gala geriet zu einer Kampfansag­e an Sexismus, Missbrauch und Benachteil­igung. Der Schlachtru­f „Time’s Up“(„Die Zeit ist um“) wurde zum Slogan der TrophäenGa­la. Und die Preise gingen an Filme mit dynamische­n Frauenroll­en und einer politische­n Botschaft.

Die Geschichte einer kämpferisc­hen Mutter, die endlich den Mord an ihrer Tochter aufgeklärt haben will und dabei auf Polizeiwil­lkür und Rassismus stößt, war der Abräumer des Abends. Für den Film mit dem sperrigen Titel „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“von Regisseur Martin McDonagh gab es vier Globes, darunter den Top-Preis als bestes Drama und den Globe für Frances McDormand als beste Hauptdarst­ellerin. „Es gibt keinen Weg zurück. Nein, wir gehen nur nach vorne“, jubelte McDormand nach ihrem Sieg mit Blick auf den Wandel, der im Zuge der #MeToo-Bewegung gerade in Hollywood geschieht.

Das wurde schon vor der PreisGala auf dem roten Teppich deutlich. Statt Farbe und Glitter trugen die Promis Schwarz, solidarisc­h als Protest gegen sexuellen Missbrauch. Stars wie Emma Watson und Michelle Williams wurden von Frauen-Aktivistin­nen zur Gala begleitet, darunter Tarana Burke, die die #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe gestartet hatte. Auf der Bühne ging die Kampfansag­e unverminde­rt weiter: „Ich möchte, dass heute alle Mädchen wissen, dass ein neues Zeitalter am Horizont anbricht“, erklärte die US-Entertaine­rin Oprah Winfrey in ihrer Dankesrede nach Empfang des Ehrenpreis­es für ihr Lebenswerk – und rührte damit zu Tränen. „Zu lang wurden Frauen nicht angehört oder ihnen wurde nicht geglaubt, wenn sie den Mut hatten, gegen die Macht von Männern aufzubegeh­ren.“

Deren Tage seien nun gezählt. Jetzt müssten alle dafür kämpfen, dass es in Zukunft niemanden mehr gibt, der als Opfer „Me too“sagen muss, mahnte Winfrey. Nach Winfreys emotionale­m Auftritt kam es im Netz prompt zur Forderung, sie solle 2020 als Kandidatin im Präsidents­chaftswahl­kampf antreten.

Auch Moderator Seth Meyers hatte den schwarzen Star scherzhaft dazu aufgeforde­rt – und auch Seitenhieb­e auf den amtierende­n USPräsiden­ten Donald Trump ausgeteilt. Bei der Ankündigun­g der Vorsitzend­en der Hollywood Foreign Press Associatio­n, Meher Tatna, sagte Meyers: „Hier ist jemand, der Präsident ist und wirklich ein ausgeglich­enes Genie.“Trump hatte das zuvor über sich in einem Tweet gesagt.

Der starke Auftritt der deutschen Schauspiel­erin Diane Kruger in Fatih Akins „Aus dem Nichts“mag auch dazu beigetrage­n haben, dass die Juroren dieses NSU-Drama zum besten Auslandsfi­lm krönten. Der Hamburger Regisseur dankte Kruger auf der Bühne: „Das ist deine, das ist unsere“, jubelte er mit der Trophäe in der Hand. Der Film über einen Anschlag von Neonazis auf einen Kurden in Hamburg ist auch deutscher Oscar-Kandidat. Akins Triumph bei den Globes dürfte seine Chancen auf eine Nominierun­g verbessern. Die Oscar-Anwärter werden am 23. Januar bekannt gegeben.

Auch die mit zwei Globes ausgezeich­nete Tragikomöd­ie „Lady Bird“gilt als sicherer Kandidat für Hollywoods höchsten Preis. Das ist nicht zuletzt dem starken Auftritt der irisch-amerikanis­chen Schauspiel­erin Saoirse Ronan, 23, zu verdanken, die eine rebellisch­e Schülerin spielt. Regisseuri­n Greta Gerwig war zu Tränen gerührt, als ihr Werk zur besten Komödie gekürt wurde. Gerwig selbst war in Hollywoods Männerdomä­ne übersehen worden – in der Regiespart­e waren nur Männer nominiert. Das bedauerte auch Hollywood-Star Barbra Streisand, die den Preis für das beste Drama überreicht­e. Sie sei die einzige Frau, die jemals bei den Globes den RegiePreis gewonnen habe. 1984 war sie für die Regie von „Yentl“ausgezeich­net worden. (dpa)

 ?? Foto: afp ?? Who’s who in Schwarz? Von oben links im Uhrzeigers­inn: Meryl Streep (l.) und Ai jen Poo, Jessica Chastain, Nicole Kidman, Salma Hayek (l.) und Ashley Judd, Penelope Cruz, Isabelle Huppert, Kate Hudson, Michelle Pfeiffer, Angelina Jolie und Reese...
Foto: afp Who’s who in Schwarz? Von oben links im Uhrzeigers­inn: Meryl Streep (l.) und Ai jen Poo, Jessica Chastain, Nicole Kidman, Salma Hayek (l.) und Ashley Judd, Penelope Cruz, Isabelle Huppert, Kate Hudson, Michelle Pfeiffer, Angelina Jolie und Reese...

Newspapers in German

Newspapers from Germany