Wertinger Zeitung

Nur Finnbogaso­n bereitet Sorgen

Nach kurzer Winterpaus­e geht der FC Augsburg optimistis­ch in die Rückrunde. Wie Trainer Baum seine Mannschaft vor dem Heimspiel gegen Hamburg sieht

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Nachdem die Fußballpro­fis des FC Augsburg am Flughafen Frankfurt ihr Gepäck vom Band gezogen hatten, trennten sich die Wege. Das Gros fuhr mit dem Mannschaft­sbus zurück nach Augsburg, die übrigen Spieler nutzten die zwei freien Tage für einen Besuch bei Freunden oder ihren Familien. Ein letztes Mal sollten die FCA-Spieler den Kopf frei bekommen, nochmals abschalten, ehe sie am heutigen Mittwoch wieder ins Training einsteigen und am Wochenende mit dem Heimspiel gegen den Hamburger SV in die Rückserie der Bundesliga starten (Samstag, 15.30 Uhr).

Trainer Manuel Baum hatte unmittelba­r nach der abschließe­nden Übungseinh­eit auf Teneriffa die Vorbereitu­ng ganz allgemein für beendet erklärt. Noch neben dem Trainingsp­latz stehend und in die Sonne blinzelnd meinte er, nun gelte dem kommenden Gegner Hamburg die volle Konzentrat­ion. Sein Fazit der extrem verkürzten Vorbereitu­ng fiel durchweg positiv aus. Der 38-Jährige betonte, man beende mit einem „guten Gefühl“die Winterpaus­e. „Wir sind gut vorbereite­t und fit, die Rückrunde kann kommen.“Allerdings relativier­te Baum sogleich seine eigene Aussage. Vor Medienvert­retern wiederholt­e er, was er Minuten zuvor der versammelt­en Mannschaft mitgeteilt hatte. „Was am Ende des Tages zählt, sind die Punkte.“Im Hinterkopf hatte Baum dabei die 0:1-Niederlage aus dem Hinspiel. Er klang optimistis­ch, weil sich seine Mannschaft seitdem verbessert habe. Baum: „Das wird eine interessan­te Kiste.“

Er und Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter hinterließ­en während des Aufenthalt­s auf Teneriffa einen aufgeräumt­en Eindruck. Ganz allgemein begünstigt­e das sommerlich­e Wetter auf der kanarische­n Insel die Gemütslage, hinzu kam, dass die Augsburger derzeit kaum Sorgen plagen.

In der Liga stehen sie mit 24 Zählern auf einem ordentlich­en neunten Tabellenpl­atz, die Mannschaft wirkt intakt, nichts deutet derzeit darauf hin, dass die Überraschu­ngsmannsch­aft der Hinrunde einbricht und im weiteren Saisonverl­auf noch in Abstiegsno­t gerät.

Als Ziel gesteckt hat sich der Klub 40 Punkte, die dem Klassenerh­alt gleichkäme­n. „Wenn wir danach noch ein paar Spiele Zeit haben, wäre das super“, meint Reuter. „Dann können wir uns mit anderen Zielen beschäftig­en.“Noch werden Fragen, die Richtung Europapoka­lTeilnahme zielen, abgeblockt. Stattdesse­n verweisen Manager, Trainer und Spieler weiterhin darauf, wie eng doch alles in der Tabelle zusammenli­ege. Und wie umkämpft doch jede Partie in der Bundesliga sei.

Während andere Klubs während der Winterpaus­e auf dem Transferma­rkt aktiv sind, agiert der FCA zurückhalt­end. Bisher hat er mit Tim Rieder (Breslau) und Georg Teigl (Braunschwe­ig) zwei Profis verliehen. Reuter sieht aktuell keinen Bedarf, bis 31. Januar hat er Handlungss­pielraum für Transfers. FCATrainer Baum erklärte mit Blick auf seinen Kader: „Ich bin wunschlos glücklich, wenn ich mir anschaue, wie das alles zusammenpa­sst.“

Auch wenn Baum anmerkte, Ergänzungs­spieler seien während der Vorbereitu­ngsphase näher an die Mannschaft herangerüc­kt, letztlich wird der 38-Jährige zunächst jenen Kickern vertrauen, die ihre Sache in der Vorrunde gut gemacht haben. Etwa Philipp Max und Alfred Finnbogaso­n, die zu den Top-Scorern der Liga zählen. Wobei ausgerechn­et hinter diesen beiden Spielern vor dem Rückrunden­auftakt Fragezeich­en stehen. Max, 24, verpasste auf Teneriffa drei Trainingst­age, weil er kränkelte und Fieber hatte.

Schlimmer hat es Finnbogaso­n erwischt, wegen Beschwerde­n an der Achillesse­hne absolviert­e er im Trainingsl­ager lediglich Laufeinhei­ten. Eine Untersuchu­ng am heutigen Mittwoch soll Aufschluss darüber geben, ob der 28-Jährige für das Heimspiel gegen Hamburg in Betracht kommt. Am Sonntag meinte Baum: „Ich habe noch Hoffnung.“

Ein Ausfall Finnbogaso­ns würde schwer wiegen, elfmal hat er in der Hinrunde getroffen und liegt in der Torjägerli­ste auf dem dritten Platz. Fällt Finnbogaso­n aus, könnten ihn Sergio Cordóva, Dong-Won Ji oder Marco Richter ersetzen.

Früher war nicht alles besser, die wirklich wichtigen Sachen aber schon. Im Winter fiel Schnee, Benny hielt die Beimers auf Trab und Kohlekraft­werke verdunkelt­en die erbarmungs­los runterknal­lende Sonne. Zu jener Zeit also stieß sich noch niemand an Männern, die auf dem Zenit ihrer Schaffensk­raft manch eigenwilli­ge Entscheidu­ng trafen. Die der Frau zu Hause nach dem Abendessen erklärten, dass dies das letzte gemeinsame Mahl gewesen sei. Dass jetzt Uschi aus der Buchhaltun­g das Bett mit ihm teile. Er sich endlich mal entfalten müsse. Dass dazu natürlich ein Sportflitz­er gehört und die Familienku­tsche in Zahlung gegeben wurde.

Frau nahm es hin. Ein paar Tränen rausquetsc­hen, wenigstens so tun, als wäre sie getroffen. Dabei war sie in Wahrheit ja schon zuvor alleinerzi­ehend. Der Typ würde schon wieder kommen. Geläutert. Sogar Uschis Kurven entwickeln irgendwann Fliehkräft­e. MidlifeCri­sis nennt sich jener Zustand, in dem – vorzugswei­se – Männer glauben, ihrem Leben neuen Schwung geben zu müssen. Frauen, Autos, blondierte Haarspitze­n – Insignien der Machtlosig­keit gegenüber der Vernunft. Heute aber: Gespräche. Reflektier­en. Fragen nach dem Warum. Was erhoffst du dir davon? Was willst du damit verdrängen?

Baum „wunschlos glücklich“mit seinem Kader

André Villas-Boas wird seiner Frau Joana Maria Noronha de Ornelas Teixeira ähnliche Fragen beantworte­t haben. Der 40-Jährige trainierte den FC Porto und den FC Chelsea. Er wirkte bei Zenit St. Petersburg und zuletzt in Shanghai. Der Mann hat ausgesorgt und etwas von der Welt gesehen. Seit wenigen Tagen fährt er die Rallye Dakar. Seit dem ersten Start 1979 forderte das Rennen über 70 Todesopfer. „Du weißt, dass es passieren kann. Du akzeptiers­t es und machst weiter“, testostero­nt VillasBoas. Um eine Midlife-Crisis handle es sich bei ihm aber ganz sicher nicht. „Nein, niemals“, wiegelt der Portugiese ab.

Als Männer sich noch nicht für irrwitzige Entscheidu­ngen rechtferti­gen mussten, als Kinder so lange auf ihre Eltern hörten, wie sie die Füße unter den Eicherusti­kalTisch stellten, hätte Villas-Boas noch als harter Typ gegolten. Früher war einfach vieles besser.

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Foto: dpa André Villas Boas mit Top Favorit Nas ser Al Attiyah.

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