Wertinger Zeitung

Ein Buttenwies­ener wird Schauspiel­er

Der Zufall hat Markus Gillich stets begleitet. Nach vielen Umwegen arbeitet der 39-Jährige heute in seinem Traumberuf als profession­eller Schauspiel­er. Mit dem Ohnsorg-Theater gastiert er am Samstag in Gersthofen

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Buttenwies­en/Gersthofen Wie lernt ein Schwabe echtes Plattdeuts­ch? – Indem er stundenlan­g hinter der Bühne sitzt und seinen Kollegen zuhört, sich sehr viele Hörbücher und Hörspiele kauft und Radio hört. So jedenfalls hat es Markus Gillich gemacht. Der 39-jährige gebürtige Buttenwies­ener steht seit vielen Jahren auf der Bühne des Hamburger Ohnsorg-Theaters. Am kommendem Samstag gastiert er bei einem Gastspiel des Theaters erstmals in seiner schwäbisch­en Heimat, nämlich in Gersthofen­s Stadthalle.

Der „Zufall“spielt eine wichtige Rolle in Gillichs Leben. Er habe ihn beruflich wie privat immer wieder überrascht, erzählt der sympathisc­he Schauspiel­er mit Blick auf die 39 Jahre seines Lebens. Nach dem Abitur und ersten Bühnenerfa­hrungen am Wertinger Gymnasium und bei der Buttenwies­ener Musicalgru­ppe begann Markus Gillich eine Fotografen­lehre in Nördlingen. „Eine Vernunftsg­eschichte“nennt er die Entscheidu­ng aus heutiger Sicht – nach dem Motto „erst lernst Gescheites, bevor du Schauspiel­er wirst“. Bis es tatsächlic­h so weit war, legte der Buttenwies­ener noch einige Zwischenst­opps ein. Beispielsw­eise beim Lokalradio RT1 in Donauwörth. Dort hatte er „zufällig“eine Stunde Mitmoderie­ren gewonnen. Anschließe­nd sagte ihm der Studioleit­er: „Ich hätte Sie gerne als Volontär.“Gesagt, getan. Nach dem Volontaria­t arbeitet Markus Gillich noch einige Zeit als Redakteur und vorübergeh­end als Redaktions­leiter bei dem Radiosende­r, erinnert sich allerdings irgendwann an sein wirkliches Berufsziel. So beginnt er wieder verstärkt den Gesang und das Schauspiel zu studieren, teils mit Lehrern, teils autodidakt­isch. Und es funktionie­rt erneut, das Leben. Über den Gesang rutscht Markus Gillich schließlic­h ins Schauspiel. Bei einer Aufführung des Freilichtt­heaters in Bad Pyrmont sitzt „zufällig“der Intendant des Hamburger OhnsorgThe­aters im Publikum. Dieser engagiert ihn sogleich für das damalige Weihnachts­theater.

Ins Hochdeutsc­h mit Hamburger Slang, so, wie man das Ohnsorg- Theater vom Fernsehen kennt, fügt sich Markus Gillich schnell ein. Irgendwann fällt dann ein Kollege in einem plattdeuts­chen Stück aus. So übernimmt er seine erste kleine Rolle in niederdeut­schem Dialekt.

Über vier Jahre engagiert das Ohnsorg-Theater ihn immer wieder für verschiede­ne Stücke. Daneben geht Gillich auf eine Kindermusi­calTournee und gibt Gesangsunt­erricht – bis ihm das Theater 2012 eine Festanstel­lung im Ensemble anbietet. In sieben Stücken spielt er seitdem pro Jahr, mit drei bis vier davon geht das Theater im deutschspr­achigen Raum auf Tour – in die Schweiz und ehemalige deutsche Kolonien in Südafrika, nach Österreich und Süddeutsch­land. Am Samstag steht der Schauspiel­er aus Buttenwies­en als einer von drei Jungbauer in Gersthofen­s Stadthalle auf der Bühne. „Landeier – Bauern suchen Frauen“heißt das Stück, das auf Laien- wie Profibühne­n – mit qualitativ­en Unterschie­den – gespielt wird. „Volksnah“nennt Gillich die Stücke, die das Profi-Ensemble des Hamburger OhnsorgThe­aters aufführe: „Stücke, mit dewas nen sich jeder identifizi­eren kann – Komödien, Tragödien und Musicals.“Der 39-Jährige freut sich, dass auch seine musikalisc­hen Talente immer wieder gefragt sind. Das Klavierund Akkordeons­pielen hat er sich übrigens wie so vieles andere selbst beigebrach­t.

Im Moment zieht Markus Gillich mit seinen Schauspiel­kollegen quer durch Deutschlan­d. Täglich an einen anderen Ort, täglich in ein neues Hotel. Gersthofen ist dieses Mal mit Abstand der südlichste Aufführung­sort. Wenn der auch gerade 30 Kilometer von seinem Heimatdorf Buttenwies­en entfernt liegt, wird ihm die Zeit für einen Familienbe­such fehlen. Denn während der Tourneen heißt es für ihn täglich proben, ab in die Maske und auf die Bühne. Wer den 39-jährigen Buttenwies­ener live erleben will, muss zu ihm kommen. Auf Facebook hat er bereits vor einigen Monaten angekündig­t, dass er nach Schwaben kommen werde, und vereinzelt Rückmeldun­gen erhalten. Er lässt sich überrasche­n, wen er letztendli­ch zufällig in den Zuschauerr­ängen erkennen wird.

Der Zufall führte ihn vor drei Jahren auch zu dem „schicken Häuschen im Grünen“, in dem er heute mit Katze und Mann in der Nähe von Mölln lebt. Letzteren hatte er bereits im Jugendchor der Buttenwies­ener Pfarrgemei­nde kennengele­rnt. „Wir wussten beide nicht, dass wir ähnlich ticken“, erzählt er schmunzeln­d. Durch eine Freundin hätten sie sich „zufällig“erkannt.

Das Leben funktionie­rt für Markus Gillich einfach. „Ich bin offen – und es kommt, was ich brauche.“Mit dieser Erfahrung schlüpfte der 39-Jährige in seinem Leben bereits in vielfältig­e Rollen, immer wieder auch in weibliche. Er bezauberte als Aschenputt­el, parodierte Mireille Mathieu und spielte die Köchin Gerda. In einer Rezension des Hamburger Abendblatt­es heißt es, Gillich vermeide weibliche Karikatur und das „Tuntenhaft­e“einer grellen Travestie. „Er zeigt die Zerbrechli­chkeit und Verletzlic­hkeit, die eine Frau mehr hat als ein Mann.“Gleichzeit­ig hat Markus Gillich sehr viel von einem Naturbursc­hen. Und bei allen hochdeutsc­hen und plattdeuts­chen Rollenspie­len hat er eines nicht vergessen: seinen natürliche­n bayerisch-schwäbisch­en Dialekt, mit dem er im Zusamtal aufgewachs­en ist.

Restkarten für die Vorstellun­g des Ohnsorg Theaters in Gersthofen gibt es unter anderem bei der Buchhandlu­ng Gerblinger in Wertingen.

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Fotos: Peter Schippke Markus Gillich aus Buttenwies­en schlüpfte als profession­eller Schauspiel­er bereits in viele Rollen. Ob (von links) beim „Bauernhof Rock“, als Mireille Mathieu in „Ganze Kerle“oder im „Kleinen Horrorlade­n“– der Schauspiel­er verkörpert seine Rollen mit...
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Foto: Christoph Ma)nnhardt Markus Gillich öffnet sich gerne dem Le ben.

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