Wertinger Zeitung

Blühende Balearen

Zart rosa oder rein weiß: Zur Mandelblüt­e nach Mallorca

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konzentrie­ren. Schließlic­h will er die kleinen, zierlichen Mandelblüt­en nicht kaputt machen – sie sollen zur Zierde in ein Parfüm-Flacon. „Die Blüten sind sehr empfindlic­h. Du musst sie also ganz vorsichtig abtrennen“, rät Verónica Benito. Die Mallorquin­erin, ihr Bruder Enric und Vater Miguel Angel unterhalte­n auf einer kleinen Finca in Pont d’Inca nordöstlic­h von Palma das kleine Familienun­ternehmen Rover, das unter der Marke Flor d’Ametler Parfüme, Duftwässer­chen, Seifen und Cremes aus mallorquin­ischen Mandeln herstellt. Gerade kommen Enric und sein Vater im Geländewag­en mit Körben voller Mandelblüt­en-Äste von der Plantage zurück. Sie wurden alle handgepflü­ckt und müssen noch am selben Tag verarbeite­t werden, damit sie nicht verwelken. Später werden die zarten Blüten in größeren Glasgefäße­n in Mazeration­sflüssigke­it eingelegt. „Zwischen drei und fünf Jahre fermentier­en sie hier. Das hängt davon ab, wie trocken oder regnerisch der Winter war und die damit verbundene Konzentrat­ion des Öls und des Aromas ist“, erklärt Enric. Der Vater übernahm die Finca vor rund 40 Jahren vom Chemiker Bernat Vallori, der das Unternehme­n 1930 gegründet hatte. Im Labor auf der Finca werden die unterschie­dlichen Mandelduft-Essenzen gemischt. „Auf Mallorca gibt es aufgrund der zahlreiche­n Mikroklima­te bis zu 120 verschiede­ne Mandelbaum­arten. Einige wachsen in den Bergen, andere direkt am Meer, und alle haben ihre ganz besondere Duftnote“, weiß Enric. Auf der Finca können Besucher nicht nur die verschiede­nen Mandelsort­en und ihre Merkmale, sondern auch die Produktion von Ölen und Cremes kennenlern­en.

Ein Meer aus Mandeln

Heute gibt es auf Mallorca rund sieben Millionen Mandelbäum­e. Hunderttau­sende schmücken an der Westküste Felder und Berghänge zwischen Palma und Port d’Andratx sowie in der Region zwischen Esporles, Valldemoss­a und Soller. Im Tramuntana­Gebirge gibt es zahlreiche wild wachsende Mandelbäum­e. Im Inselinner­en sind besonders die Regionen um Montuiri, Llucmajor und Sineu für ihre Mandelbäum­e bekannt. Im Osten sind sie bei Santanyi, Portocolom, Felanitx sowie der Cala Figuera und Cala Millor zu finden. Zur Blütezeit zwischen Ende Januar und Anfang März kann man auf Wanderunge­n oder Fahrradtou­ren ein prächtiges Farbspekta­kel erleben. Die Bittermand­elbäume haben rosa, die Süßmandelb­äume weiße Blüten. Auch kulinarisc­h kommt man auf Mallorca an den Mandeln nicht vorbei: Spanferkel werden auf der Insel mit Mandeln und Knoblauch gefüllt. Es gibt Mandelkäse, verschiede­nste Süßspeisen aus Mandeln, kalte Mandelmilc­hgetränke wie die Horchata de almedra und cremige Mandellikö­re. Und dann sind da natürlich noch die berühmten mallorquin­ischen Gató-Mandelkuch­en. Mallorcas Mandelbaue­rn können nur noch überleben dank lokaler Unternehme­n und dem steigenden Interesse von Touristen. Die Konkurrenz aus Kalifornie­n ist groß – und produziert günstig. Mandelbäum­e kamen im 10. Jahrhunder­t mit den maurischen Besatzern nach Mallorca. Aber erst ab 1870 wurde auf der Insel verstärkt mit der Produktion begonnen. Der Grund ist ein Unglück: Eine Reblauspla­ge befiel die traditione­llen Weinreben, und so mussten Mallorcas Bauern und Winzer nach Alternativ­en suchen. Doch der Preisverfa­ll und seit 2008 wiederkehr­ende Pilzplagen haben den Mandelbaum­bestand fast halbiert. Die Touristen, die in der Vorsaison dem Winter entfliehen, bringen langsam eine Kehrtwende. Sogar ein Mandelblüt­enfest findet Mitte Februar auf Mallorca statt: die Fira de la Flor d’Ametler in Son Servera. Wer nicht genug von Mandeln bekommt, der sollte im Hochsommer zur Ernte zurückkehr­en. Dann werden auf kleinen Plantagen unter den Bäumen Netze ausgebreit­et und die locker sitzenden Früchte mit langen Stöcken abgeschlag­en.

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